Der Weltmeister-Friseur

Von Christian Bernhard
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© Imago

Seinen bislang größten Auftritt hatte Bayern Münchens Neuzugang Massimo Oddo (Steckbrief) nach dem WM-Finale 2006 zwischen Italien und Frankreich.

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Oddo saß inmitten grölender italienischer Weltmeister am Elfmeterpunkt auf einem Stuhl, hatte eine Schere in der Hand und schnitt seinem Weltmeister-Kollegen Mauro Camoranesi die Haare ab.

Danach hielt er den pechschwarzen Zopf von Camoranesi unter dem tosenden Applaus seiner Teamgefährten wie eine Trophäe in die Kamera.

"Oddo hat auch mir, Gattuso, Barzagli und Materazzi während der WM die Haare geschnitten", erzählte Roms Mittelfeldmann Simone Perrotta nach der Weltmeister-Party.

Und Oddo, der im WM-Viertelfinale gegen die Ukraine 23 Minuten auf dem Rasen stand, fügte mit leicht verschämten Blick hinzu: "Ich liebe es, anderen die Haare zu schneiden."

Glanzzeit bei Lazio Rom

Dass er nicht nur ein passabler Friseur, sondern in erster Linie ein sehr guter Abwehrspieler ist, bewies Massimo Oddo in 234 Serie-A-Spielen für Hellas Verona, Lazio Rom und den AC Milan.

Besonders in der italienischen Hauptstadt ließ der 32-Jährige seine Klasse aufblitzen. Fünf Jahre lang spielte Oddo für die Biancocelesti - das letzte Halbjahr sogar als Kapitän - und schaffte dort auch den Sprung in die Nationalmannschaft.

Oddo folgt Nesta

Als der hoch verschuldete Hauptstadtklub im Januar 2007 gezwungen war, ihn an den AC Milan zu verkaufen, gingen die Laziali wochenlang auf die Barrikaden.

Für die Tifosi war Oddos Wechsel nach Mailand der zweite harte Schlag nach dem Verkauf von Idol Alessandro Nesta, der sich ebenfalls dem AC Milan angeschlossen hatte.

"Mein Weggang tat mir sehr leid. Ich habe alles versucht, um bei Lazio zu bleiben. Eigentlich wollte ich für immer bleiben", erzählte Oddo nach dem Transfer.  "Aber wenigstens konnte der Verein mit der Ablösesumme seine Bilanz aufbessern."

Probleme in Mailand

Der Sohn des ehemaligen Profispielers und heutigen Trainers Francesco Oddo machte selbst während seiner Mailänder Zeit nie einen Hehl daraus, wie tief seine Verbundenheit mit Lazio ist. "Nach jedem Milan-Spiel erkundige ich mich sofort, wie Lazio gespielt hat. Und im Training pushe ich mich auch in Milanello manchmal noch mit der Lazio-Hymne" , verriet der rechte Verteidiger.

Bei den Rossoneri kam Oddo allerdings nie so richtig an, auch aufgrund von Verletzungen. Oft musste er Daniele Bonera oder dem brasilianischen Oldie Cafu auf der rechten Abwehrseite den Vortritt lassen und aufgrund der mangelnden Spielpraxis büßte Oddo auch viel von seiner Torgefährlichkeit ein.

In 35 Ligaspielen für den AC traf er lediglich zweimal. Zum Vergleich: Allein in der Saison 2005/2006 hatte er für Lazio sieben Treffer erzielt. Damals schoss er auch die Elfmeter.

Verpatzte Saison kostet EM-Teilnahme

Fast schon sinnbildlich für Oddos vergangene Saison war die Ausbootung aus der Nationalmannschaft vor der EM in Österreich und der Schweiz. Obwohl ihn Roberto Donadoni davor fast immer einberufen hatte, musste Oddo zu Hause bleiben.

Auf seine gewohnt direkte Art fand Oddo harte Worte für Donadoni: "Das hätte ich mir im schlimmsten Alptraum nicht erwartet. Zwei Jahre Aufopferung und Entbehrung waren komplett vergeudet."

Ein Mann für die komplette rechte Seite

Mit der Ankunft von Gianluca Zambrotta in Milanello schien sich Oddo auf eine weitere schwere Saison in Mailand einstellen zu müssen. Der Anruf aus München änderte die sportlichen Vorzeichen des gebürtigen Abruzzesen, der seine Karriere in der Jugendabteilung von Milan begonnen hatte, aber auf einen Schlag.

Luca Toni hat jetzt nicht nur den langersehnten Landsmann zum Plaudern in der Muttersprache, sondern auch einen potentiellen Assistgeber. Oddos präzise Flanken sind besonders den Lazio-Anhängern noch in bester Erinnerung.

Jürgen Klinsmann setzt auf Oddos Vielseitigkeit. "Er ist ein Spielertyp, der die gesamte rechte Außenbahn abdecken kann", so der Bayern-Coach.

Fotoshooting mit Toni

Außerdem erhöht Oddo den Modefaktor in der Bayernkabine, schließlich posierte er bereits zusammen mit Toni als Model für das Modelabel Fred Mello.

Für sein Friseur-Talent könnten Martin Demichelis oder Daniel van Buyten herhalten. Ganz ohne Referenz kommt der Italiener zumindest schon mal nicht an.

Nach dem WM-Finale in Berlin verlieh die italienische Friseur-Innung Oddo aufgrund der besonderen Umstände - Haarschnitt vor über zwei Milliarden Zuschauern - einen Ehren-Friseurtitel, da "er äußerst professionell und gewandt zu Werke ging".

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