Traustason: Darum hatte er zu Beginn Probleme

Rapid ließ sich Arnor Traustason kolportierte zwei Millionen Euro kosten
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Arnor Traustasons Start beim SK Rapid Wien lief nicht wie geplant. Der Verein, die Fans und auch er selbst haben sich mehr erwartet. Im SPOX-Interview verrät der 23-jährige Millionen-Transfer, was ihn in den ersten Monaten hemmte. Zudem spricht der Frauenschwarm über seine verpasste Basketball-Karriere.

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SPOX: Arnor, du hast dir vor der Winterpause die Rippe gebrochen. Mittlerweile hast du im Testspiel gegen Ferencvaros (1:0) dein Comeback gegeben. Wie geht es dir gesundheitlich?

Arnor Traustason: Ich bin noch nicht topfit, aber es wird mit jedem Tag besser. Mein Ziel ist es, beim Auftakt gegen die Austria wieder dabei zu sein. Ein Derby will ich nicht verpassen.

SPOX: Du bist nicht der einzige Spieler, der bei Rapid momentan nicht topfit ist. Hast du eine Erklärung für die vielen Verletzungen?

Traustason: Wenn ich eine hätte, würde ich den Trainern sofort davon erzählen. Wir hatten einfach Pech.

SPOX: War das Training in den letzten Wochen besonders intensiv?

Traustason: Natürlich. Wir müssen für die kommenden Aufgaben topfit werden. Dabei muss jeder selbst auf seinen Körper hören, aber die Verletzungen waren einfach unglücklich.

SPOX: Du bist im Sommer zu Rapid gewechselt. Davor hattest du auch andere Angebote - beispielsweise von Celtic, wo du heuer in der Champions League gespielt hättest. Bereust du im Nachhinein deine Entscheidung für Rapid?

Traustason: Nein. Warum sollte ich das tun? Ewas zu bedauern, ist keine gute Eigenschaft. Ich schaue nur nach vorne.

SPOX: Hast du dir den Start in deine Rapid-Karriere anders vorgestellt?

Traustason: Als ich mich für Rapid entschieden habe, war Zoran Barisic der Coach. Dann habe ich während der EURO eine SMS bekommen, dass Mike Büskens übernimmt. Nun ist Damir Canadi zu uns gestoßen. Aber es war nicht nur das. Ich habe nicht die Leistungen gebracht, die ich mir erwartet habe. Da haben viele Dinge reingespielt, die ich an dieser Stelle nicht diskutieren möchte. Es war einfach härter als ich dachte. Nicht dass ich geglaubt habe, es würde einfach werden. Natürlich wäre ich gerne besser gestartet, aber ich glaube, ich habe am Ende der Herbstsaison immer besser reingefunden.

SPOX: Hast du den österreichischen Fußball unterschätzt?

Traustason: Nein, auf keinen Fall. Ich wusste, dass es nicht leicht wird, aber ich musste mich erst an Österreich und an Wien gewöhnen. Alles war neu für mich. Um den Kopf frei zu bekommen, muss im Leben abseits des Fußballs alles passen. Die Psyche spielt im Fußball eine große Rolle. Nur wenn dort alles zu hundert Prozent passt, kannst du deine Top-Leistungen abrufen.

SPOX: Hattest du private Probleme?

Traustason: Nein. Ich hatte einfach Anpassungsschwierigkeiten. Dabei ging es auch ein bisschen um private Dinge, aber das war nicht das große Problem.

SPOX: Ist dir diese Umstellung auf die Millionen-Metropole Wien schwer gefallen?

Traustason: Ja, ein bisschen. Ich komme aus einer Stadt mit 15.000 Einwohnern. Danach bin ich nach Norrköpping gezogen, wo 120.000 Leute leben. Nun wohne ich in einer Stadt mit zwei Millionen Menschen. Das ist ein ganz schöner Unterschied. Natürlich muss man sich daran erst einmal gewöhnen. Aber mir gefällt es immer besser hier. Wien ist wunderschön.

SPOX: Gemeinsam mit Ivan Mocinic bist du Rapids Rekord-Einkauf. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an dich. Konntest du diese bisher erfüllen?

Traustason: Definitiv nicht. Ich kann verstehen, dass die Fans von so einem Transfer viel erwarten. Aber ich habe in den letzten fünf, sechs Partien immer mehr Selbstvertrauen gesammelt. Daher hoffe ich bald beweisen zu können, dass ich als Spieler gewachsen bin.

SPOX: Auch Mocinic hatte in den ersten Monaten Probleme, seine Leistungen zu bringen. Wie schwer ist es dir gefallen, mit dieser Erwartungshaltung umzugehen?

Traustason: Natürlich ist das irgendwo in deinem Hinterkopf. Ich konnte den Druck fühlen und habe versucht, nicht daran zu denken. Trotzdem blieb es drinnen. Es zieht dich schnell nach unten, sobald etwas schief läuft. Mittlerweile habe ich das Ganze aber überwunden. Ich konzentriere mich einfach auf den Fußball.

SPOX: Nach der Europameisterschaft hattest du nur sieben Tage Pause, bis es wieder mit dem Training losging. Hast du im letzten Jahr zu viele Spiele gemacht?

Traustason: Ja. Meiner Meinung nach war diese Pause zu kurz. Zu Weihnachten hatte ich etwas länger Zeit, meine Familie zu sehen und Freunde zu treffen. Nun ist der Kopf wieder frei. In den restlichen Meisterschaftsspielen will ich eine bessere Leistung zeigen als bisher.

SPOX: Du hast bei Rapid mit Büskens und Canadi schon unter zwei Coaches trainiert. Wie unterscheiden sie sich?

Traustason: Sie sind beide gute Trainer, aber ihre Spielweise und Persönlichkeit ist total verschieden. Bei Damir dreht sich viel um Taktik. Er ist ein netter Typ, der viele Späße mit uns treibt.

SPOX: Hat sich Büskens distanzierter gegenüber euch Spielern verhalten?

Traustason: Ich habe das schon so empfunden. Vielleicht sehen das meine Kollegen anders. Damir fühle ich mich näher als das bei Büskens der Fall war. Das heißt jetzt aber nicht, dass er darum ein besserer Trainer ist. Sie haben beide ihre Stärken.

SPOX: Du wurdest als linker Flügelspieler für ein 4-2-3-1-System zu Rapid geholt. Diese Position existiert mittlerweile nicht mehr. Wärst du auch nach Wien gewechselt, hätte das Team schon vor einem Jahr in einem 3-5-2 agiert?

Traustason: Das ist eine gute Frage, die ich nicht wirklich beantworten kann.

SPOX: Dann lass es mich anders versuchen: Fühlst du dich in deiner neuen Rolle als Wing Back im 3-5-2 wohl?

Traustason: Ja, eigentlich schon. Ich versuche immer, für neue Sachen offen zu sein. Außerdem habe ich selbst keinen Einfluss darauf, wo mich der Coach aufstellt. Es ist neu für mich, so viel Defensiv-Arbeit zu leisten. Andererseits habe ich nach vorne viele Freiheiten, die ich ausnutzen kann - wie beispielsweise bei meinem Tor gegen St. Pölten. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Wing Backs, die dort im Strafraum auftauchen.

SPOX: Tatsächlich zeigen auch statistische Daten, dass du diese Rolle sehr offensiv auslegst. Welche Vorteile bringt das mit sich?

Traustason: Wenn die Außenbahn-Spieler im 3-5-2-System hoch stehen, kann man den Gegner tief in die eigene Hälfte drängen. Das öffnet auf den Flügeln Räume, die wir für Kombinationen oder Flanken nutzen können.

SPOX: In Island ist es üblich, als Kind mehrere Sportarten zu betreiben. Hast du neben dem Fußball noch etwas anderes gemacht?

Traustason: Ja, Basketball. Ich habe im Nachwuchs von Njardvik (13-facher Meister, Anm.) gespielt, bis ich 15 Jahre alt war. Damals wurde ich sogar in den Sichtungslehrgang des U15-Nationalteams eingeladen. Schließlich habe ich mich aber für Fußball entschieden.

SPOX: Seit der Europameisterschaft bist du in Island ein Nationalheld. Hält die Euphorie um euer Team noch immer an oder ist die Sache mittlerweile abgehakt?

Traustason: Es ist nicht vorbei. Die Menschen werden diese Erinnerungen für immer im Kopf behalten. Natürlich flaut es nun ein wenig ab. Eigentlich ist es sogar recht nett, nach Hause zu kommen, ohne den Rummel um sich zu haben.

SPOX: Was fühlst du, wenn du daran zurück denkst?

Traustason: Ich bekomme eine Gänsehaut. Das war eine unglaubliche Reise. 2012 habe ich noch im Fernsehen zugesehen, wie Spanien Europameister wurde. Vier Jahre später war ich selbst dabei.

SPOX: Während der EURO wurdest du von Medien als Islands begehrenswertester Junggeselle bezeichnet. Laufen dir die Frauen hinterher?

Traustason: Das ist eine lustige Geschichte. Damals war ich Single. Nach dem Training zeigte mir Gylfi Sigurdsson, dass mich eine Bloggerin unter die Top Ten der isländischen Bachelors gewählt hat. Das war ein bisschen verrückt. Die anderen haben mich damit aufgezogen.

SPOX: Lass uns zum Abschluss nach vorne schauen. Was ist dein Ziel für den Rest der Saison?

Traustason: Die Situation ist wie sie ist. Wir müssen nun mit unseren Herzen spielen, um in die Top drei vorzustoßen. Auch im Cup wollen wir weit kommen. Jedes einzelne Spiel ist wichtig. Wir müssen für die Fans, für unseren Verein spielen und alles geben. Es geht darum, unser Selbstvertrauen wieder zu bekommen. Dann können sich die Gegner warm anziehen.

Arnor Traustason Steckbrief

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