Gegenwind zur Unzeit

Von SPOX
Atletico Madrid liegt in der Tabelle gleichauf mit dem FC Barcelona
© getty

Atletico Madrid ist voll im Rennen um die Meisterschaft in Spanien. Doch vor dem Topspiel beim FC Barcelona (Sa., 16 Uhr im LIVETICKER) mehren sich die Probleme bei den Rojiblancos. Dabei ist Trainer Diego Simeone drauf und dran, eine Legende zu übertrumpfen.

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Anfang der Woche mussten Vertreter von Atletico Madrid den Kopf schütteln. Die exakte zeitliche Ansetzung für das Derby gegen Real im Estadio Bernabeu wurde öffentlich und wenn es um El Derbi geht, versteht niemand in der spanischen Hauptstadt einen Spaß. Samstag, 27. Februar, 16 Uhr. Ein Stadtduell in der Nachmittagssonne, an einem Tag, der locker den Übergang vom auch in Spanien mitunter schmuddeligen Winter in den beliebten Frühling markieren könnte.

Bei den Rojiblancos stößt das Datum auf wenig Gegenliebe. "Da muss mir mal einer die Logik erklären? Wir spielen die Woche vorher Sonntagabend gegen Villarreal, dann am Mittwoch in der Champions League in Eindhoven und dann am Samstagnachmittag im Bernabeu. Was soll das? Warum zum Teufel spielen wir nicht am Sonntag? Ein klarer Fall von Benachteiligung." So zitiert die Zeitung AS ein namentlich nicht genanntes Führungsmitglied von Atletico.

Spielansetzungen, die die drei Topklubs betreffen, werden in Spanien ebenso gerne heiß diskutiert wie Schiedsrichterentscheidungen. Nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale 2012 gegen den FC Bayern holte der damalige Real-Coach Jose Mourinho zum Rundumschlag gegen die "Trottel, die die Spielpläne machen" aus. Vier Tage zuvor hatte Real den Clasico gegen Barca spielen müssen.

Pokal-Aus gegen Vigo

Die Nachricht der Derby-Ungerechtigkeit passt in eine Woche, in der Atletico der Wind zum ersten Mal seit langem wieder ins Gesicht bläst. Letzten Sonntag verloren die Rojiblancos die Tabellenführung in der Liga an den FC Barcelona und Mittwochabend flog das Team von Trainer Diego Simeone durch eine Heimpleite gegen Celta Vigo aus der Copa del Rey.

"Wir sind zurecht ausgeschieden", konstatierte Simeone. "Wir waren im Gegensatz zu unserem Gegner nicht besonders effektiv." Drei Tore kassierte Atletico gegen Vigo - ein Novum in dieser Saison. 14 Mal stand in der Liga bislang hinten die Null, mit acht Gegentoren stellen die Colchoneros die mit Abstand beste Abwehr der Primera Division.

In den meisten Fällen baut Simeone vor der Viererkette zwei defensive Mittelfeldspieler ein, Stabilität und Kompaktheit gehen beim Argentinier vor Spektakel. Das Spiel der Rojiblancos erfordert unter Simeone seit jeher viel Laufarbeit, die Intensität nagt an den Kräftereserven.

Kaum Alternativen in der Abwehr

Im Umfeld der Mannschaft geht die Sorge um, dass Atletico hinten raus die Luft ausgeht. Die Besetzung der Viererkette ist mit Felipe Luis, Diego Godin, Jose Gimenez und Juanfran nahezu alternativlos. In der Innenverteidigung kommt noch 12-Millionen-Euro-Neuzugang Stefan Savic hin und wieder zum Einsatz.

Im Mittelfeld muss der schwer verletzte Tiago (Schienbeinbruch, Comeback in der laufenden Saison unwahrscheinlich) ersetzt werden. Gabi, Koke, Augusto Fernandez und Saul Niguez teilen sich die defensiven und strategischen Aufgaben.

"Tiago ist unser Leader. Wir müssen jetzt schon seit zwei Monaten ohne ihn auskommen und haben das so gut es geht aufgefangen", sagt Simeone.

Die Bedenken, seine Mannschaft ginge im Saisonendspurt möglicherweise auf dem Zahnfleisch, teilt der Coach nicht. "Wir stehen im Champions-League-Achtelfinale und sind in der Liga gleichauf mit Barca mit vier Punkten Vorsprung auf Real. Rückschläge muss man hinnehmen und verkraften, aber wir spielen bislang eine sehr gute Saison. Und ich sehe keinen Grund, warum das nicht noch bis Mai andauern sollte."

Abhängigkeit von Griezmann

Um bis Saisonende konkurrenzfähig zu bleiben, muss Atletico allerdings die Offensive verbessern. Man kann die Gründe für die Siege der Rojiblancos auf einen einfachen Nenner bringen: Trifft Antoine Griezmann, gibt's den Dreier. Zwölf Tore erzielte der Franzose in der Liga in zehn Spielen, alle Spiele konnte Atletico gewinnen.

Doch hinter Griezmann ist wenig los. Die teuren Neuzugänge Jackson Martinez (35 Millionen Euro Ablöse) und Luciano Vietto (20 Millionen Euro) kommen gemeinsam in 42 Einsätzen auf sechs Pflichtspieltore. Fernando Torres steuert zwei Ligatore bei, Angel Correa nochmal zwei.

1,43 Tore schießt Atletico pro Spiel; Barca kommt auf 2,6 und Real Madrid sogar auf 2,76. Nur 87 von 213 Abschlüssen brachte Atletico aufs Tor - lediglich Platz neun in dieser Statistik. "Wir brauchen zu viele Chancen für ein Tor. Daran müssen wir arbeiten", appelliert Koke.

Die Zeitung Marca setzte eine Bild-Montage auf ihrer Webseite ein, die vier Atletico-Stürmer mit verzweifelten Gesichtern zeigt und in der Mitte den jubelnden Borja Baston, der für Sensationsteam SD Eibar doppelt so häufig traf (14 Mal), wie die vier Rojiblancos zusammen.

Simeone vor Jubiläum

Kommenden Samstag gastiert Madrid im Camp Nou. Barca und Atletico sind punktgleich (beide 48), die Katalanen haben noch ein Spiel in der Hinterhand. Der Traum von der zweiten Meisterschaft innerhalb von drei Jahren könnte bereits am Wochenende vorbei sein für Atletico.

"Wir haben ein paar Wunden. Die gilt es zu heilen. Und zwar mit einem Sieg in Barcelona", sagte Juanfran. Für den Coach hat ein Dreier im Camp Nou zusätzlichen Reiz. Es wäre Simeones 100. Sieg als Trainer in der Primera Division - im 157. Spiel.

Lediglich zwei Trainer erreichten den 100er-Klub schneller. Pep Guardiola (nach 132 Spielen) und der legendäre Real-Coach Miguel Munoz (139). Auf Rang drei liegt derzeit Barca-Ikone Johan Cruyff (169), der Simeone in den letzten Jahren öfters hofiert und auch mal als Trainer-Kandidat für den FC Barcelona ins Gespräch gebracht hat.

Der Auftritt bei Barca ist der Beginn einer vierwöchigen Reise für Atletico, die für den Ausgang der Saison vorentscheidend ist. Am Ende steht El Derbi - und das auch noch zur Unzeit.

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