Hertha BSC: Mit aller Macht in Liga zwei

Von Norbert Pangerl
Ein gewohntes Bild in dieser Saison: Hertha schleicht vom Platz, während der Gegner feiert
© Getty

Hertha BSC präsentierte sich beim 0:4 auf Schalke erneut wie ein Absteiger. Defensiv anfangs noch stabil, ergab man sich in der zweiten Hälfte dem Schicksal. Die Verantwortlichen wirken hilflos und flüchten sich in Durchhalteparolen. Im absoluten Endspiel trifft man nun auch noch auf Ex-Trainer Babbel - und darf keine Geschenke erwarten.

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Reaktionen:

Huub Stevens (Trainer FC Schalke 04): "Zum Spiel ist zu sagen, dass nach dem 1:0 der zweite und dritte Treffer hätten eher fallen müssen. So bestand erst einmal die Gefahr, dass der Gegner ausgleicht. Aber als dann tatsächlich das 2:0 fiel, hat man gesehen, wie wir aufgedreht und dass wir schließlich verdient gewonnen haben. Dass wir letztendlich die direkte Qualifikation zur Champions League geschafft haben, ist schön, aber auch eine neue Herausforderung für unsere junge Mannschaft."

Otto Rehhagel (Trainer Hertha BSC): "Nach dem 0:2 war es gelaufen, da war Schalke eindeutig besser als wir. Wir müssen weiter positiv denken und an den Klassenerhalt glauben. Ich werde jetzt nicht eine Woche vor dem Endspiel sagen, von welchen Spielern ich enttäuscht bin. Wir wissen noch nicht, welche Maßnahmen wir nächste Woche ergreifen. Wir müssen jeden Tag zusammen kommen und über die Dinge reden, die wir nächste Woche besser machen müssen."

Michael Preetz (Geschäftsführer Hertha BSC): "Gerade in der Schlussphase haben wir versäumt, das dritte und vierte Gegentor zu verhindern, was auch schlecht für die Moral ist. Die Spieler sind etwas gehemmt."

...zum Endspiel am kommenden Samstag im Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim mit Herthas Ex-Trainer Markus Babbel: "Ein extrem brisantes Spiel. Mit einem Sieg haben wir die Chance, den Relegationsplatz zu erreichen, wenn Köln nicht gegen die Bayern gewinnt. Der Druck wird sehr groß sein."

Levan Kobiashvili (gesperrter Hertha-Kapitän): "Es ist schwer, die letzten beiden Spiele zu vergessen. Komisch, dass wir trotzdem noch alle Chancen haben."

Christian Lell (Hertha BSC): "Wir sollen nichts sagen, vom Pressesprecher aus."

Thomas Kraft (Hertha BSC): "Ich will nichts sagen, sonst muss ich aufpassen."

Nachbetrachtung:

Als Raul Gonzalez Blanco in seinem letzten Spiel vor heimischer Kulisse in der 84. Minute endlich sein Tor machen durfte, ging ein Aufatmen durchs Stadion und man fühlte sich fast an ein "richtiges" Abschiedsspiel erinnert, bei dem die gegnerische Mannschaft bereitwillig Spalier steht, um dem Jubilar sein verdientes Farewell zu gönnen.

Dass der Gegner nicht die Klaus-Fischer-Traditionsmannschaft war, sondern der um den Klassenerhalt kämpfende Tabellenvorletzte Hertha BSC, merkte man zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. Wieder einmal ergab sich die Hauptstadt-Truppe kampf- und widerstandslos ihrem Schicksal und ließ die etwa 3000 mitgereisten Fans fassungslos und wütend zurück.

Dabei hatte Otto Rehhagel vor dem Spiel noch alles versucht und seine Elf im Gegensatz zur Heimniederlage gegen Kaiserslautern auf insgesamt fünf Positionen verändert. Kurios mutete dabei besonders Rehhagels Rechtfertigung für die Herausnahme des Ex-Bayern-Spielers Andreas Ottl an. "Ottl ist kein Kämpfer, er ist ein wunderbarer Fußballer, aber kein Kämpfer", erklärte der 73-Jährige vor Spielbeginn den verdutzten Reportern. Dass die neuen Kräfte auf Ottls Position, Perdedaj und Ronny, ebenfalls den Beweis ihrer Kämpfertauglichkeiten schuldig blieben, passt ins Bild der seit Wochen gen Liga zwei taumelnden Berliner.

Vor allem an Michael Preetz entzünden sich dabei die Gemüter. Der Geschäftsführer gilt als einer der Hauptschuldigen der beispiellosen Negativserie in der Rückrunde. Die Entlassung von Aufstiegstrainer Markus Babbel, die verfehlte Personalpolitik und schließlich die Inthronisierung von Otto Rehhagel, welche als Preetz' letzte Patrone gewertet wurde, gehen auf die Kappe des 44-Jährigen. Logisch also, dass er bei Abstieg gehen müsse, kolportieren zahlreiche Fans und Experten. Preetz sieht das offenbar anders. "Ich werde dafür kämpfen, hier weiterzumachen", kündigte er unter der Woche gegenüber dem "Tagesspiegel" an. Den passenden Trainer dafür soll Preetz schon präsentiert haben.

Davor geht es aber am letzten Spieltag im Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim erst einmal um den Relegationsplatz. Dass die Hertha überhaupt noch die Chance hat diesen zu erreichen, ist weniger ihrer eigenen Stärke zu verdanken, sondern vielmehr dem Unvermögen der zwei Punkte besser platzierten Kölner, welche in Freiburg ebenso die Segel strichen, wie die Hertha in Gelsenkirchen.

Hoffnung macht zudem, dass die Kölner zu Hause niemand geringeren als Rekordmeister Bayern München zu Gast haben. Voraussetzung für den Last-Minute-Sprung auf Platz 16 ist jedoch ein eigener Sieg gegen die im Niemandsland der Tabelle angesiedelten Kraichgauer. Bei denen sitzt seit Februar ausgerechnet Markus Babbel auf der Trainerbank.

20 Punkte holte Babbel bis zur Winterpause mit der Hertha. Nur acht kamen seitdem hinzu. Sympathien für seinen Ex-Klub sucht man - bis auf das Tattoo auf seinem Oberarm - trotzdem vergebens. "Das Thema Hertha ist für mich erledigt. Jetzt bin ich hier in Hoffenheim Trainer. Und ich will die drei Punkte in Berlin mit aller Macht haben", kündigte Babbel noch am Samstag nach dem Spiel gegen Nürnberg an.

Wie es der Spielplan so will, könnte Babbel also die Berliner in die zweite Liga schicken und sich spät für die öffentlich ausgetragene Schlammschlacht im Dezember revanchieren. Dass nach wie vor offene Wunden vorhanden sind, gibt auch Preetz unumwunden zu: "Ich habe so gehandelt, dass ich noch an jedem Spiegel vorbeikomme. Babbel aber hat meine Glaubwürdigkeit mit Füßen getreten."

Diese Aussagen machen deutlich, dass Hertha neben Schwierigkeiten auf dem Platz auch Probleme in der Außendarstellung hat. Da verwundert es nicht, dass Pressesprecher Peter Bohmbach nach dem Spiel auf Schalke den Spielern das Reden verboten haben soll. Raul war's letztendlich egal.

Schalke - Hertha: Daten zum Spiel

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