Ein Lichtblick namens Stieler

Von Patrick Völkner
Tobias Stieler im Gespräch mit Pep Guardiola beim Bayern-Gastspiel in Sinsheim
© getty

Aytekin, Meyer, Stark & Co.: In unserem faktenbasierten Schiri-Check analysieren wir weiterhin das Leistungsniveau der Bundesliga-Schiedsrichter und werfen den Fokus auf Fehlentscheidungen, Auftreten und Spieleransprache. Vor dem Rückrundenstart gibt's die Zwischenzeugnisse. Die fallen nicht besonders positiv aus.

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Von Zufriedenheit kann keine Rede sein. Die Schiedsrichter enttäuschten über weite Strecken der ersten Saisonhälfte und leisteten sich zahlreiche haarsträubende Patzer. Als wäre das nicht schlimm genug, kam auch noch das Verletzungspech hinzu. Doch immerhin ein Referee sorgt für echte Lichtblicke.

Jede Menge Fehler: Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel, der erst kürzlich seinen Rückzug aus dem Tagesgeschäft zum Ende der Saison bekannt gab, konnte sein Missfallen nicht kaschieren. "Es gab viele Leistungen, Leitungen und Entwicklungen, die sehr positiv waren. Aber insgesamt können wir nicht zufrieden sein", bilanzierte der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses nach der Hinrunde. In der Tat ließen die Leistungen der Unparteiischen bis dato oftmals zu wünschen übrig. Allzu oft gerieten die Referees in die Diskussion und den Mittelpunkt der Kritik.

Mit einer Durchschnittsbewertung von 3,01 und einer Fehlerquote von 0,78 liegen die Werte deutlich schlechter als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison (2,92 / 0,65). Seit Start des SPOX-Schiri-Checks in der Spielzeit 2012/13 gab es nur eine Saison mit schwächeren Werten.

Doch nicht allein die Vielzahl der falsch getroffenen Entscheidungen gab den Ausschlag für die vehemente und nachhaltige Schiedsrichterdebatte. Vor allem die schweren und offenkundigen Patzer wie das anerkannte Handtor von Leon Andreasen oder der übersehene Abseitstreffer des VfL Wolfsburg gegen Bayer Leverkusen sorgten für Unverständnis und Ärger bei den Beobachtern.

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Immer wieder Stieler: Die Zahl der Einsätze eines Referees lässt grundsätzlich Rückschlüsse auf sein Leistungsniveau und das Vertrauen zu, das ihm vom DFB entgegengebracht wird. Im Falle von Tobias Stieler kann man dementsprechend davon ausgehen, dass Herbert Fandel große Stücke auf ihn hält. Der 34-jährige Unparteiische kam in der Hinrunde auf elf Einsätze - so viele wie kein anderer seiner Kollegen.

Besonders bemerkenswert: Stieler wurde gleich mit der Leitung mehrerer Topspiele betraut und machte dabei in der Regel eine gute Figur. Seine fehlerfreien, abgeklärten und überzeugenden Auftritte in den Partien zwischen dem FC Schalke 04 und dem FC Bayern (13. Spieltag) sowie zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach (16. Spieltag) wurden jeweils mit der SPOX-Note 1,0 bewertet.

Allein in der Begegnung Mainz gegen Dortmund am 9. Spieltag hinterließ Stieler einen schlechten Eindruck, als er zu Unrecht auf Elfmeter für den BVB entschied, eine klare Abseitsstellung übersah und auch darüber hinaus einen unsicheren Eindruck machte. Von diesem Ausreißer abgesehen lieferte der in Hamburg beheimatete Referee eine starke Hinrunde ab und darf sich als eine der großen Perspektiven der deutschen Schiedsrichtergilde fühlen.

Platz 1 in unserer Schiedsrichtertabelle belegt nach den ersten 17 Spieltagen jedoch Peter Sippel. Der Münchener Unparteiische, der sich mit 46 Jahren im Spätherbst seiner Schiedsrichterkarriere befindet, weist nach der Hinrunde die geringste Fehlerquote (0,2) und die beste Durchschnittsnote (2,3) auf. Allerdings wurde Sippel bei seinen gerade einmal sechs Spielleitungen bislang kaum vor größere Herausforderungen gestellt.

Verletzungsfluch: Ausschlaggebend für Stielers hohe Einsatzzahl waren aber auch die vielen Verletzungen seiner Kollegen. Gleich drei Referees mussten wegen einer im Spiel erlittenen Läsion die Segel streichen und die Pfeife an den Vierten Offiziellen abgeben.

Dr. Jochen Drees konnte nach 55 Minuten die Partie zwischen dem HSV und Schalke 04 am 7. Spieltag nicht fortsetzen und überließ daraufhin die Spielleitung Marco Fritz. Drees musste daraufhin sechs Spieltage pausieren. Für Deniz Aytekin, der die Partie zwischen Darmstadt und Köln zur Halbzeit an seinen Kollegen abgeben musste, und Tobias Welz, der das Match zwischen Werder Bremen und Borussia Dortmund vorzeitig beenden musste, bedeuteten die Verletzungen sogar das Ende der Hinrunde.

Da auch Neuling Benjamin Brand längere Zeit wegen einer in einer Zweitligapartie erlittenen Verletzung ausfiel und Markus Schmidt die gesamte Hinrunde nicht zur Verfügung stand, kam es zeitweilig zu echten Engpässen. Folge: Einige Referees mussten echte Akkordarbeit leisten. So kam Wolfgang Stark an sechs der letzten sieben Spieltage des Jahres zum Einsatz und Tobias Stieler pfiff gleich an fünf Spieltagen in Folge.

Dreimal ganz übel: Der Eindruck, der - im Hinblick auf die Schiedsrichter-Darbietungen der der ersten Saisonhälfte 2015/16 - bleibt, ist besorgniserregend. Sinnbildlich dafür stehen einige geradezu katastrophale Referee-Leistungen.

Die beiden absoluten Tiefpunkte trugen sich dabei jeweils bei Heimspielen des 1. FC Köln zu. So erwischte Daniel Siebert einen rabenschwarzen Tag, als er am 15. Spieltag die Partie der Domstädter gegen den FC Augsburg leitete und gleich zweimal auf üble Schwalben hereinfiel. Sowohl dem von Modeste verschossenen Elfmeter als auch dem von Bobadilla zum entscheidenden 1:0 verwandelten Freistoß ging jeweils kein Foulspiel voraus.

Eine noch eklatantere Fehlentscheidung erlaubte sich Bastian Dankert am 9. Spieltag in Köln, als er Leon Andreasens Handtreffer anerkannte. Der Rostocker Unparteiische machte in diesem Match eine denkbar unsichere Figur und lag auch bei den persönlichen Strafen regelmäßig daneben. Seine und Sieberts miserablen Auftritte wurden jeweils mit der SPOX-Note 6 bewertet.

Auch bei seinem nächsten Einsatz hinterließ Dankert einen unglücklichen Eindruck, wurde da aber von seinem Gespann schmählichst im Stich gelassen. In der Partie zwischen dem FC Bayern und dem VfB Stuttgart lag er gleich bei drei Abseitsentscheidungen daneben und gab zwei irreguläre Treffer der Gastgeber, um dem regelkonformen Tor der Schwaben die Anerkennung zu versagen.

Trotz dieser zwei sehr mauen Leistungen und einer mit Platz 16 sehr durchwachsenen Hinserie gehört Dankert weiterhin zu den Zukunftshoffnungen der deutschen Unparteiischen.

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