Hoeneß-Verhaftung: "Eine Szene wie im Tatort"

SPOX
02. Mai 201317:01
Uli Hoeneß hat mit seiner Steueraffäre "Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch"getty
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Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß bewegt sich seit Bekanntwerden der Steueraffäre am Rande der Verzweiflung und bereut seine Fehler zutiefst. In einem ausführlichen Interview mit dem Wochenblatt "Die Zeit" gestand der 61-Jährige, die derzeitige Situation und sein Fall vom Vorbild zum Buhmann seien für ihn schwer zu ertragen.

"Das ist für mich ein ganz großes Problem. Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu. Ich mache mir natürlich riesige Vorwürfe. Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch", sagte Hoeneß, der großen Druck verspürt und nachts kaum in den Schlaf findet. SPOX

Die Situation sei "kaum auszuhalten". Gegenüber der "Zeit" nahm Hoeneß zu vielen Themen Stellung. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Uli Hoeneß über...

...seine Erleichterung: "Wissen Sie, nur eine Sache ist wirklich gut an meiner katastrophalen Situation. Ich hatte all diese Jahre ein schlechtes Gewissen wegen dieses Kontos in der Schweiz. Immer hatte ich im Hinterkopf: Du musst das lösen, du musst das bereinigen. Diese Gedanken waren immer da, und damit ist jetzt Schluss. Das ist eine große Erleichterung. Das ist vorbei. Endlich vorbei."

...das Vorgehen der Staatsanwaltschaft: "Ich muss sagen, das lief echt diskret ab. Die Durchsuchung war ruhig und sauber. Sie nahmen Computer und Handys mit und suchten Bankunterlagen. Sie zeigten mir den Haftbefehl und sagten, ich solle meine Tasche packen, sie nähmen mich mit. Einer meinte: Denken Sie vor allem an ihre Tabletten. Die gingen davon aus, dass ich länger im Gefängnis bleiben würde. Es war eine Szene wie im Tatort."

...die ersten Minuten in Gefangenschaft: "Ich war wie gelähmt. Ich glaube, ich habe auf der Fahrt kein Wort gesprochen."

...den Haftbefehl: "Fluchtgefahr, ja, ich habe die Richterin gefragt: Bitte, wohin soll ich fliehen? Und ich habe ihr gesagt, ich möchte keinen Prominenten-Bonus, aber auch keinen Prominenten-Malus."

...Unterstützung: "Ich erlebe, wie manche Freunde zu Verrätern werden. Aber ich bekomme auch viele Briefe, Hunderte von Briefen, zu 90 Prozent steht da drin, ja, du hast einen großen Fehler gemacht, aber wir lassen nicht zu, dass du deshalb vernichtet wirst, menschlich vernichtet. Ohne solchen Zuspruch wäre es gar nicht auszuhalten."

...seinen Umgang mit den Gewinnen: "Dieses Geld war für mich virtuelles Geld, wie wenn ich Monopoly spiele. Rücken Sie vor auf die Schlossallee, und wenn Sie über Los kommen, kassieren Sie 4000 Euro. So war das für mich."

...die Kritik von allen Seiten: "Ich bin auf gar nichts vorbereitet. Ich lebe in einem völligen Ausnahmezustand. Es ist die schlimmste Zeit meines Lebens. Und leider gibt es nur einen, der wirklich schuld ist an dieser Situation, ich selbst."

Seite 2: "Ich halte mich nicht für krank"

...den auf ihm lastenden Druck: "Sie glauben gar nicht, was ich alles spüre. Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. Ich schlafe sehr schlecht, ich schwitze sehr viel in der Nacht, was ich eigentlich gar nicht kenne. Ich wälze mich und wälze mich. Und dann wälze ich mich nochmal. Und denke nach, denke nach und verzweifle. Ich bin morgens auch manchmal schon eine Stunde nach dem Aufstehen völlig fertig."

...den familiären Rückhalt: "Meine Familie steht wie eine Eins hinter mir. Ich weiß, in welche Lage ich sie gebracht habe."

...eine mögliche Gefängnisstrafe: "Ich denke Tag und Nacht an meinen Fehler und an das, was ich meiner Familie angetan habe. Ich kann diesen Gedanken nicht zulassen."

...Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich öffentlich enttäuscht vom Bayern-Präsidenten zeigte: "Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist."

...die Veröffentlichung der Selbstanzeige: "Es gab bislang Tausende von Selbstanzeigen, ich hatte noch von keiner gehört, die öffentlich wurde."

...die Durchsuchung seines Hauses: "Am 20. März änderte sich dann mein Leben, morgens um sieben. Da läutete es an der Tür in meinem Haus am Tegernsee, ich war im Bademantel, und da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann die Hölle für mich."

...seine Börsenaktivitäten, die 2001 mit einem Kredit des früheren Adidas-Chefs Robert-Louis Dreyfus begannen: "In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin."

...eine mögliche Verwicklung des FC Bayern München: "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß."

...einen Rücktritt als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München: "Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Person dem Verein schadet, werde ich Konsequenzen ziehen. (...) Auf keinen Fall werde ich vor dem Finale der Champions League zurücktreten."

...seinen Ausstieg als Zocker: "Ich habe zu viele Verluste gemacht. Ich konnte nicht mehr so viel zocken. Und dann kam 2008 die Finanzkrise, und dann ging es endgültig in den Keller. Außerdem bin ich auch nicht mehr so wie früher auf der ständigen Suche nach dem großen Kick. Ich werde älter. Ich bin 61 Jahre alt."

...über ein womöglich Suchtproblem: "Ich halte mich nicht für krank, wenn Sie das meinen. Zumindest heute nicht mehr. Sollte ich vor Gericht müssen, erscheine ich dort nicht als kranker Mann. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert."

Uli Hoeneß im Steckbrief