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Die kuriosesten Fußball-Wettbewerbe aller Zeiten - und die Geschichten dahinter

Nino DuitGERMANY
27. März 201915:06
SPOX
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1871 wurde mit dem englischen FA Cup der erste regelmäßig ausgetragene Fußball-Wettbewerb eingeführt - es folgten nationale Meisterschaften und internationale Cup-Wettbewerbe. Und der eine oder andere Pokal mit erhöhtem Kuriositätsfaktor. Eine (sicherlich unvollständige) Auswahl.

Flutlichtpokal (Deutschland, 1957 bis 1958)

Mitte der 1950er Jahre war das sogenannte Flutlicht das im wahrsten und übertragenen Sinne des Wortes ganz heiße Ding im Weltfußball. Auf einmal konnten Spiele nicht mehr nur unter der langweiligen Sonne ausgetragen werden, sondern auch dann, wenn es normalerweise dunkel ist: abends.

Die besten Vereine des Kontinents duellierten sich ab 1955 unter Flutlicht im neugeschaffenen Europapokal der Landesmeister. Die Offenbacher Kickers verfügten mit dem Bieberer Berg zwar über ein Stadion mit Flutlicht, waren aber nicht erfolgreich genug, um am Europapokal teilnehmen zu dürfen. Also stiftete Präsident Hans Winter 1957 den Flutlichtpokal. Zulassungskriterium zur Teilnahme: ein Stadion mit Flutlicht.

Abgesehen von den Kickers meldeten sich sieben weitere Vereine an: Eintracht Frankfurt, FSV Frankfurt, FC Schalke 04, TSV 1860 München, Preußen Münster, Fortuna Düsseldorf und Viktoria 89 Berlin. Im K.o.-System ging es bis zum Finale, in dem Eintracht Frankfurt gegen Schalke gewann. Auf ein 3:3 im Hinspiel folgte ein 0:0 im Rückspiel. Entschieden wurde das Duell - eine einmalige Eigenart des Flutlichtpokals - durch das bessere Eckballverhältnis. 8:6 für die Eintracht!

In der darauffolgenden Saison durften Stifter Winter und seine Offenbacher nach einem 5:3-Finalsieg gegen Eintracht Braunschweig schließlich selbst jubeln. Damit reichte es ihnen aber auch schon wieder: die zweite Austragung war gleichzeitig die letzte. Und der Gewinn für Offenbach abgesehen von einem DFB-Pokalsieg 1970 einer von nur zwei nationalen Titeln der Vereinsgeschichte.

Watney Cup (England, 1970 bis 1973)

Der Watney Cup wurde 1970 vom Brauereiunternehmen Watney Mann ins Leben gerufen und fortan finanziell unterstützt - was natürlich automatisch für den Gaudi-Faktor des Wettbewerbs sprechen muss. Und in der Tat: um beste Unterhaltung zu bieten, durften nur Vereine mitspielen, die ganz besonders viele Tore garantieren.

Teilnahmeberechtigt waren jeweils zwei Klubs aus jeder der ersten vier Ligen und zwar die, die in der vorangegangenen Saison die meisten Tore erzielt hatten. Es sei denn, sie stiegen entweder auf oder qualifizierten sich für einen Europapokal. Ausgetragen wurde der Watney Cup stets kurz vor Saisonbeginn.

Gleich im ersten Jahr ging das Gaudi-Konzept auf: in einem spektakulären Finale gewann Derby County mit 4:1 gegen Manchester United. Es folgten zwei Außenseiter-Triumphe: 1971 gewann der Viertligist Colchester United, 1972 der Drittligist Bristol Rovers. Beide Endspiele wurden im Elfmeterschießen entschieden, was eine Premiere für den englischen Fußball darstellte. Versuchslabor Watney Cup! 1973 ging der Titel mit Stoke City schließlich wieder an einen Erstligisten. Gleichzeitig war es die letzte Austragung.

Progress Cup (Sowjetunion, 1971 bis 1991)

Fortschritt war in der Sowjetunion bekanntlich alles, also musste er natürlich auch im Fußball entsprechend gewürdigt werden. Die revolutionäre Idee dafür hatte die Kiewer Zeitung Rabochaya Gazeta, die zwischen 1971 und dem Zerfall der Sowjetunion 1991 alljährlich den sogenannten Progress Cup verlieh.

Wie wurde man Fortschritts-Meister? Indem man in der ersten sowjetischen Liga im Vergleich zur vorangegangenen Saison den größten Tabellensprung verzeichnete. In der ersten Austragungssaison triumphierte Dynamo Kiew, mit insgesamt drei Titeln gleichzeitig Rekord-Progress-Cup-Gewinner (gemeinsam mit Dynamo Moskau und Tschornomorez Odessa). Dies spricht bei diesem Format jedoch vor allem für eines: Inkonstanz.

Um den Titel zu gewinnen, musste ein Klub nämlich zunächst einmal schlecht sein. Ansonsten ist großer Fortschritt schließlich kaum möglich. Somit verhinderte das ausgeklügelte System auch perfekt die Dominanz eines einzigen Vereins - keinem Klub gelang die Titelverteidigung. Fast jeder durfte mal jubeln, ganz den sozialistischen Idealen entsprechend.

Wie groß der Fortschritt für einen Titel sein musste, variierte aber von Saison zu Saison stark. ZSKA Moskau landete 1990 als Aufsteiger direkt auf Platz zwei (15 Plätze weiter oben) und gewann den Progress Cup somit am eindrucksvollsten. Sorja Luhansk reichte 1972 dagegen lediglich eine Verbesserung um drei Plätze.

Full Members Cup (England, 1985 bis 1992)

Die Ausschreitungen beim Finale des Europapokals der Landesmeister 1985 in Brüssels Heysel Stadion zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin resultierten im Ausschluss aller englischer Vereine für fünf Jahren von den europäischen Wettbewerben. Die logische Konsequenz: den entsprechenden englischen Klubs fehlten eingeplante Ticketingeinnahmen. Die Lösung: einen neuen Wettbewerb schaffen.

Zwischen 1985 und 1992 wurde in England also neben der nationalen Meisterschaft, dem FA Cup und dem League Cup auch der Full Members Cup ausgetragen (um noch mehr Geld zu erwirtschaften, trug er zeitweise die klangvollen Sponsoren-Namen Simod Cup und Zenith Data Systems Cup). Der originale Name Full Members Cup bezog sich auf den Umstand, dass nur vollwertige Football-League-Vereine mitspielen durften - in diesem Fall Erst- und Zweitligisten.

Scott Gemmill (l) und Kingsley Black von Nottingham Forest präsentieren stolz den Zenith Data Systems Cup 1992.imago

Verpflichtend war die Teilnahme jedoch nicht. Jeder Verein durfte für sich selbst entscheiden, ob er denn mitspielen wolle oder nicht. Folgerichtig variierte die Teilnehmerzahl von Saison zu Saison stark. Nahmen an der ersten Austragung lediglich 21 Klubs teil, waren es bei der letzten 41. Mit dem FC Arsenal, dem FC Liverpool, Manchester United und Tottenham Hotspur ignorierten vier Klubs den Wettbewerb gänzlich und traten kein einziges Mal an - kurioserweise also just die erfolgreichsten und prominentesten des Landes, die wohl ansonsten an einem Europapokal teilgenommen hätten. Die Klubs, für die der Wettbewerb eigentlich geschaffen wurde.

Rekordsieger sind der FC Chelsea und Nottingham Forest mit jeweils zwei Titeln. Einmal gewannen Crystal Palace, die Blackburn Rovers und der FC Reading. Deren Titel hatte aber eine tragische Note: da der damalige Zweitligist Reading in der Saison des Triumphs gleichzeitig abstieg, bekam er in der folgenden Saison keine Chance auf die Titelverteidigung. Kein Full Member mehr.

Ab 1990 durften Englands Vereine wieder an den Europapokalen teilnehmen - 1992 wurde der Full Members Cup wieder abgeschafft.

Eine Auswahl länderübergreifender Kuriositäten

  • Copa Suruga Bank (2008 bis heute)

Natürlich, es ist die Frage aller Fragen: Wer ist besser, der Gewinner der Copa Sudamericana (dem südamerikanischen Pendant zur europäischen Europa League) oder der Gewinner des japanischen Ligapokals? Um sie alljährlich zu beantworten, sponsert die japanische Suruga Bank seit 2008 einen Wettbewerb, den sie auch gleich nach sich selbst benannte. Bisher sind die japanischen Ligapokal-Sieger übrigens besser als die Copa-Sudamericana-Sieger. Aber nur etwas, im All-Time-Ranking steht es 6:5. Liegt womöglich aber auch daran, dass das Spiel stets in Japan ausgetragen wird.

Die Mannschaften von Chapecoense und den Urawa Red Diamonds laufen für das Spiel um die Copa Suruga Bank 2017 ein.getty
  • Atlantic Cup (2002 bis 2008)

Einmal jährlich duellierten sich zwischen 2002 und 2008 der isländische und der färöische Meister. Nur 2007 fiel das Duell aus - weil ein Sponsor absprang, konnte sich der färöische Meister HB Torshavn den Flug nach Island nicht mehr leisten. Die Spiele wurden abwechselnd hier und dort ausgetragen. Insgesamt ging der Titel viermal nach Island und zweimal auf die Färöer. Als absoluter Atlantic-Cup-Spezialist gilt Baldur Adalsteinsson, der als einziger Spieler zweimal gewann. Die erste Austragung 2002 mit IA Akranes und die letzte 2008 mit Valur Reykjavik.

  • Channel One Cup (2006 bis 2008)

2006 beschlossen der russische TV-Sender Channel One, die Roman Abramowitsch-Stiftung und die russische Nationale Fußball Akademie, einen Fußballwettbewerb ins Leben rufen zu müssen. Ausgetragen wurde der Channel One Cup stets im Januar in Tel Aviv, die zugelassenen Teilnehmer waren die Meister und Vize-Meister aus Russland, der Ukraine und Israel. Der Hintergedanke: wegen etlicher jüdischer Immigranten haben die ehemaligen Sowjet-Vereine in Israel eine breite Fan-Basis. Das spornte offenbar auch die Spieler an. Die drei Austragungen gewannen Schachtar Donezk, ZSKA Moskau und Dynamo Kiew - kein israelischer Verein erreichte das Finale.

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