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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Divisional Runde in der NFL

Daniel Jones, NFL,
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2. Was fehlt den Cowboys für ganz oben?

Das Ende einer NFL-Saison ist für Teams auch deshalb häufig so emotional, weil jedem vollends bewusst ist, dass man in dieser Zusammensetzung nicht mehr gemeinsam auf dem Feld stehen wird.

Der Kader-Umbruch von Jahr zu Jahr ist, maßgeblich bedingt durch den Salary Cap, groß - und die Cowboys sind da mitnichten eine Ausnahme.

Die absoluten Topstars wie Dak Prescott, Zack Martin, DeMarcus Lawrence, Micah Parsons oder CeeDee Lamb stehen alle noch für mehrere Jahre unter Vertrag. Aus der Spitze des Kaders ist Cornerback Trevon Diggs derjenige, der zeitnah am Verhandlungstisch sein wird - sein Rookie-Vertrag endet nach der 2023er Saison.

Die Cowboys vor einer wichtigen Free Agency

Während also andere Teams nach ihrem jeweiligen Ausscheiden in den Playoffs jetzt etwa kritische Quarterback-Fragen beantworten müssen - die Seahawks, Giants und Ravens fallen in diese Kategorie - oder sich, so wie die Buccaneers, mit der Realität eines womöglich gravierenden Umbruchs anfreunden müssen, ist die Story bei den Cowboys eine andere.

In Dallas wird es darum gehen, auf der einen Seite einige wichtige Role Player und Säulen, die nicht ganz so im Rampenlicht stehen, zu ersetzen - und sich auf der anderen Seite die Frage zu stellen: Was fehlt, um endlich diesen nächsten Schritt zu machen und es in den Super Bowl zu schaffen?

Cowboys: Wer wird Free Agent?

Spieler

Snaps Regular Season 2022

Tight End Dalton Schultz

817 (70,3% der Offense-Snaps)

Running Back Tony Pollard

569 (48,9% der Offense-Snaps)

Tackle Jason Peters

235 (20,2% der Offense-Snaps)

Guard/Center Connor McGovern

909 (78,2% der Offense-Snaps)

Tackle Terence Steele*

818 (70,4% der Offense-Snaps)

Safety Donovan Wilson

960 (83,7% der Defense-Snaps)

Linebacker Leighton Vander Esch

746 (65% der Defense-Snaps)

Cornerback Anthony Brown

729 (63,5% der Defense-Snaps)

Linebacker Anthony Barr

609 (53,1% der Defense-Snaps)

*Terence Steele wird als einstiger Undrafted Free Agent nach Ende seines Dreijahresvertrags als einziger Spieler dieser Gruppe nur Restricted Free Agent.

Das übergreifende Thema der "Helden aus der zweiten Reihe" springt einen schon an: Guard McGovern zeigte seine Flexibilität, als er in Woche 17, als sich Tyler Biadasz gegen die Titans verletzte, auf Center rückte, und dann Woche 18 dort startete.

Jason Peters konnte auf Left Tackle übernehmen, nachdem sich Terence Steele verletzt hatte und die Cowboys Tyron Smith auf die rechte Seite und Rookie-Tackle Tyler von Tackle auf Guard schoben.

Leighton Vander Esch stand eigentlich schon auf dem Abstellgleis, blieb dann doch nochmal mit einem sehr günstigen Vertrag - und spielte eine exzellente Saison, er war häufig derjenige, der auf dem zweiten Level der Defense hinter der aggressiven Defensive Line aufräumte und sich hier nicht nur als spielintelligent, sondern auch als sehr guter Tackler erwies.

Donovan Wilson war ein unangefochtener Starter in der Secondary der Cowboys, die gerne mit drei Safety-Sets agieren und Wilson, Malik Hooker und Jayron Kears gleichzeitig aufboten. Wilson aber aus der Gruppe war in der Hierarchie die Nummer 1.

Wie sehr schmerzen die Abgänge von Pollard und Schultz?

Und dann sind da die beiden größten Namen. Dalton Schultz, der bereits letztes Jahr nur via Franchise Tag gehalten wurde, verpasste zwar drei Spiele, dennoch hatte er in der Regular Season teamintern die zweitmeisten Targets (86), Catches (57) und Receiving-First-Downs (27).

Die Dynamik zwischen Ezekiel Elliott - dessen Vertrag von Jahr zu Jahr schlechter aussieht - und Tony Pollard wurde an diesem Punkt ausreichend diskutiert. Ich denke, dass beide gut zusammen funktionieren und beide ihre Rolle in der Offense haben; aber es ist auch klar, dass man nicht beide bezahlen kann, das gibt der Value der Position einfach nicht her.

Ich gehe davon aus, dass die Cowboys Pollard verlieren werden, und damit verlieren sie ein weiteres explosives Element ihrer Offense.

Unter allen Backs mit mindestens 190 Runs in der Regular Season verzeichnete nur Aaron Jones (5,3) mehr Yards pro Run als Pollard (5,2), Pollard führte alle Backs in dieser Gruppe in puncto Yards nach Kontakt pro Run an (3,82) und hatte die drittmeisten explosiven Runs, also Runs über mindestens 15 Yards. Einzig Nick Chubb und Saquon Barkley standen hier vor ihm, und beide hatten jeweils über 100 Runs mehr als Pollard.

Dak Prescott ist ein inkonstanter Quarterback

Das führt mich zu einem übergreifenden Punkt rund um dieses Cowboys-Team, gerade wenn wir darüber sprechen, was in den Playoffs vielleicht fehlt. Bei der Niederlage gegen die 49ers im Vorjahr war das besonders eklatant, als die Cowboys große Probleme damit hatten, die Offense über die zweiten und dritten Receiving-Optionen aufzubauen - oder alternativ darin, ihr Top-Target CeeDee Lamb frei zu schemen.

Dieses Thema wiederholte sich dieses Jahr. Dallas kam nicht in explosive Plays, der Ausfall von Tony Pollard machte sich hier ebenfalls bemerkbar, und dann konnte San Francisco das Feld aggressiv und physisch nach vorne verteidigen.

Die Cowboys haben sich eine tolle Defense aufgebaut, die mit einer aggressiven Spielweise und Dominanz an der Line of Scrimmage Spiele an sich reißen kann. Und gegen die 49ers war das auch über weite Strecken eindrucksvoll zu sehen, die Cowboys haben die Front sehr physisch gespielt, das war kein Vergleich zu jenem Playoff-Duell im Vorjahr.

Die Offense ist noch immer inkonstant, und hier kommt eine Beobachtung ins Spiel, die sich so häufig feststellen lässt: Eine Offense nimmt früher oder später immer die Identität ihres Quarterbacks an.

Prescott ist ein inkonstanter Quarterback, der zwischen fantastischem Quarterback-Play aus der Pocket und gravierenden Fehlern hin und her springen kann. Auch das ließ sich gegen die 49ers beobachten, mit teils haarsträubenden Turnovern auf der negativen Seite.

Cowboys und Prescott: Ein harter Blick in die Realität

Manchmal wirkt es fast so, als wären Prescott und Offensive Coordinator Kellen Moore ein wenig zu verkopft in ihrer Herangehensweise; als würden sie fast zu strikt an ihr Scheme und ihren Game Plan glauben, statt manchmal auch Matchups zu forcieren und so ein Spiel an sich zu reißen.

Die Cowboys brauchen wieder mehr Playmaker, um gegebenenfalls auf diesem Wege die Offense tragen zu können. Um der Offense Möglichkeiten zu geben, auch Spiele zu gewinnen, die man trotz des Quarterbacks gewinnen muss.

Denn das ist ein Teil der Realität, über den man sprechen muss: Prescott kann ein fantastischer Pocket-Passer sein, aber die Höhen und Tiefen sind eklatant, und das nicht nur in diesem Spiel. Die Sequenz am Ende, als er, in absoluter Crunchtime, erst Greenlaw einen potenziellen Pick Six auf dem Silbertablett serviert, dann Gallup offen tief unterwirft und bei Third Down den Sack kassiert, war mehr als bitter.

Auf ein katastrophales Spiel gegen Washington in Woche 18 folgte ein herausragender Auftritt gegen die Bucs, und dann wieder eine mehr als enttäuschende Partie von Prescott gegen die Niners. Prescott ist ein guter Quarterback, manchmal ein sehr guter sogar. Aber er gehört nicht in die Ligaspitze, das hat diese Saison untermauert.

Wenn man zu dieser Schlussfolgerung kommt, muss man eben auch argumentieren, dass er mehr Hilfe braucht. Von seinen Waffen, vom Play-Calling - und auch vom Game Management, welches desolat war gegen San Francisco; Mike McCarthy traf allein mehrere desolate Punt-Entscheidungen.

Das heißt dann eben auch, dass man mit Prescott schon einen Titel gewinnen kann - wenn man für ein Jahr absolut ideale Umstände bekommt. Ähnlich wie mit einem Quarterback wie Kirk Cousins etwa. Doch an diesen Punkt zu kommen, das ist in der NFL äußerst, äußerst schwierig.