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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Divisional Runde in der NFL

Daniel Jones, NFL,
© getty

Die Bills scheitern erneut vorzeitig - und müssen sich jetzt richtig kritischen Fragen stellen. Jacksonville derweil ist auf dem richtigen Weg, während die Giants an erwartungsgemäße Grenzen stoßen. Und was fehlt den Cowboys für ganz oben? SPOX blickt zurück auf die Divisional-Runde.

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1. Die Bills müssen sich jetzt neu erfinden

Kein Spiel hat mich in diesen Playoffs bis dato so überrascht wie das Duell der Bills und der Bengals. Nicht so sehr das Endergebnis - auch wenn ich das so sicher ebenfalls nicht erwartet hatte -, sondern eher der Spielverlauf.

Ich dachte, dass diese Dinge passieren würden:

  1. Die Offensive Line der Bengals mit drei Backups würde ein konstantes Problem sein, welches die Offense eindimensional machen und Burrow zwingen würde, ein nahezu perfektes Spiel abzuliefern.
  2. Die Bills würden Josh Allen als Runner entfesseln, um hier einen Vorteil zu kreieren, da sie selbst in der Offensive Line einige Probleme bekommen würden.
  3. Buffalo würde die Bengals-Defense einige Male mit Big Plays erwischen können, weil Cincinnatis Outside-Corner wackeln und Buffalo hier seine größte offensive Feuerkraft hat.

Nicht nur, dass diese Dinge nicht eintraten - alle diese Punkte fielen nahezu komplett ins Gegenteil!

  1. Cincinnatis Offensive Line war keine Schwäche, sie war eine Stärke. Die Bengals dominierten mit ihrem Run Game und Burrow stand wenig unter Druck.
  2. Buffalo setzte Allen kaum im designten Run Game ein, obwohl die Offense lange keinen Rhythmus fand. Das ist für mich auch einige Stunden nach dem Spiel ehrlicherweise unverständlich.
  3. Buffalo hatte einige wenige Gelegenheiten auf Big Plays, doch Allen überwarf Diggs einmal tief, einmal machte Cam Taylor-Britt ein tolles Play gegen Gabriel Davis. Viel mehr Shot-Optionen gab es nicht.

Buffalo enttäuscht auf ganzer Linie

Es war ein Spiel, welches Cincinnati auf eine Art und Weise dominierte, die ich so definitiv nicht erwartet hatte - was im Umkehrschluss aber eben auch Fragen bezüglich der Bills aufwirft.

Warum hat denn diese Defensive Line, in der, auch ohne Von Miller, mehrere Erstrunden- (Rousseau, Oliver, Lawson) und Zweitrunden-Picks (Boogie Basham, A.J. Epenesa) spielen, nicht die Line of Scrimmage kontrollieren können? Wo waren die defensiven Anpassungen, als klar wurde, dass man Cincinnati nicht so viel Raum geben kann? Wo waren die Sekundär-Waffen hinter Stefon Diggs?

Und inwieweit muss man sich um Josh Allen Sorgen machen?

Allen hatte nach einem sehr guten Start in die Saison ein zu inkonstantes Jahr. Er fing an, Dinge erzwingen zu wollen, er leistete sich kostspielige Turnover, er versuchte, auf Big Plays zu pressen, statt auf konstantes Ballverteilen zu setzen.

In dieser Hinsicht war das Matchup gegen die Bengals besonders eklatant, als man auf der anderen Seite sah, wie Burrow den Ball im Quick Game konstant verteilte.

Gibt es auch in Buffalo eine O-Line-Generalüberholung?

Allen war Teil der Probleme in Buffalo und er wird sein Spiel weiterentwickeln müssen, aber ich will ihn hier keineswegs in den Mittelpunkt rücken. Ich denke, dass wir auch über das offensive Play-Calling der Post-Brian-Daboll-Ära sprechen müssen. Ich denke auch, dass wir über die Offensive Line sprechen müssen.

Und vielleicht bietet sich das für die Überleitung zum wichtigsten Part dieser Analyse an: Die Bills haben für ein Team, das als Titelfavorit in die Saison gegangen ist, gar nicht so wenige Baustellen.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Bills auf dieses Spiel und auf die Saison insgesamt schauen, und zu dem Schluss kommen, dass sie eine deutlich stabilere Offensive Line brauchen, damit Allen konstanter spielt - indem er der Protection mehr vertraut, indem die Offense einen solideren Floor bekommt. Vielleicht sehen wir sogar einen radikalen Line-Rebuild, wie damals in Kansas City nach dem Super Bowl gegen Tampa Bay.

Das Problem allerdings mit allen Kaderfragen und allen Überlegungen hinsichtlich zusätzlicher Verstärkungen ist jedoch das: Diese Saison war das All-In-Jahr der Bills. Die teure Verpflichtung von Von Miller war der klarste All-In-Move der Offseason; der händeringende Versuch, einen Receiving-Back als vermeintlich letztes Puzzleteil für die Offense zu finden, unterstreicht die Denkweise in Buffalo in dieser Saison.

Die Bills betreten jetzt eine neue Phase

Doch kommen die Bills jetzt in eine andere Phase, was das Roster Building angeht; die Phase, welche die Kansas City Chiefs bereits vor dieser Saison betreten haben. Kansas City tradete Tyreek Hill, statt ihn zu bezahlen, und richtete sich mit den Picks so für die Zukunft neu aus - ein wichtiger Schritt für ein Team, das langfristig ein Titelkandidat sein will.

Auch bei den Bills beginnt jetzt die Zeit, in der Josh Allen teuer wird: Allens Cap Hit in dieser Saison lag bei 16,3 Millionen Dollar - 2023 klettert er auf 39,7 Millionen Dollar, gefolgt von 41,7 Millionen 2024 und 51,2 Millionen 2025, Stand jetzt.

Buffalo wird sich also neu erfinden müssen, einerseits vielleicht zumindest in Teilen auch sportlich, vor allem aber was die aggressive Herangehensweise angeht.

Unter anderem Jordan Poyer, Tremaine Edmunds, Rodger Saffold, Devin Singletary, Shaq Lawson und Jordan Phillips werden Free Agent. Die Bills sind aktuell gut acht Millionen Dollar über dem Cap, sie werden nicht alle eigenen Free Agents halten können - und dann sprechen wir noch gar nicht darüber, dass sie sich in einigen Bereichen neu aufstellen müssen.

Buffalo: Zu wenige Volltreffer im Draft

Dass die Bills jetzt an diesem Punkt sind, also dass sie, obwohl sie in diesem Jahr durchaus berechtigt als Titelkandidat gehandelt wurden, jetzt vor größeren Kader-Fragezeichen stehen, liegt auch daran, dass die Drafts der letzten Jahre überschaubar waren.

Ed Oliver ist ein guter Spieler, den Top-10-Hype hat er bisher nicht rechtfertigen können. Cody Ford ist nicht mehr im Team, A.J. Epenesa und Boogie Basham sind nur Rotationsspieler, Zack Moss ist weg - alle fünf waren Top-100-Picks zwischen 2019 und 2021.

Und natürlich gab es auch einige Treffer in dem Zeitraum, Dawson Knox etwa, Gabriel Davis, Gregory Rousseau würde ich hier auch dazuzählen. Aber es sind nicht viele, und es fehlen vor allem die Volltreffer, die echten Blue-Chip-Talente, über die letzten vier Jahre. Das merkt man.

Buffalo muss jetzt aufpassen, dass man nicht vom All-In-Titelanwärter zu einem Team wird, das Jahr für Jahr Löcher stopft, um dann im Laufe der Saison zu merken, dass man trotzdem zu viele Baustellen hat, um wirklich nach dem Titel zu greifen.

Die Bills erwartet jetzt eine kritische Offseason. Und es wird einige Umbaumaßnahmen und dementsprechend womöglich auch etwas Zeit brauchen, bevor wir von den Bills wieder als Titelfavorit sprechen.

Das, und die Art und Weise dieser Niederlage, machen dieses Ausscheiden in meinen Augen noch bitterer als jenes spektakuläre Aus im Vorjahr in Kansas City.