Sind die Seahawks zu Run-lastig? Ist der defensive Ansatz nicht veraltet? Und ist die Offensive Line nicht zu wacklig?
Diese drei Fragen beschreiben im Kern jede Seahawks-Offseason-Diskussion der letzten drei, vier Jahre und während der Erfolg - im Sinne von Playoff-Teilnahmen - zwar die Stimmen der Kritiker übertönt, bleibt doch eine große Frage über allem stehen: Sollten die Seahawks nicht noch stärker sein?
Mit einem der zwei, drei besten Quarterbacks der Liga, einem gefährlichen Receiver-Duo, starken Linebackern und einer zuletzt wieder stabilisierten Secondary? Auch letztes Jahr gewann Seattle wieder einmal überdurchschnittlich viele enge Spiele, und somit muss man - auch hier: wieder einmal - fragen: Wie lange kann man das noch wiederholen?
Seattle Seahawks: Starter-Projection Offense
Position | Spieler | Position | Spieler |
Quarterback: | Russell Wilson | Left Tackle: | Duane Brown |
Running Back: | Chris Carson | Left Guard: | Mike Iupati |
Wide Receiver: | Tyler Lockett | Center: | B.J. Finney |
Wide Receiver: | D.K. Metcalf | Right Guard: | Damien Lewis |
Tight End: | Greg Olsen | Right Tackle: | Brandon Shell |
Tight End: | Will Dissly |
Seattle Seahawks: Starter-Projection Defense
Position | Spieler | Position | Spieler |
Edge: | L.J. Collier | Linebacker: | K.J. Wright |
Defensive Tackle: | Jarran Reed | Cornerback: | Shaquill Griffin |
Defensive Tackle: | Poona Ford | Cornerback: | Quinton Dunbar |
Edge: | Bruce Irvin | Safety: | Quandre Diggs |
Linebacker: | Jordyn Brooks | Safety: | Brad McDougald |
Linebacker: | Bobby Wagner |
Seahawks-Kader: Stärken, Schwächen und Beobachtungen
- Die Offensive Line hat mehrere interne Positionsduelle für die Saisonvorbereitung zu bieten. Auf Right Tackle gibt es mit Brandon Shell und Cedric Ogbuehi zwei Neuzugänge, die sich um die Nachfolge von Germain Ifedi streiten. Auf Right Guard ist D.J. Fluker weg, Vorjahres-Viertrunden-Pick Phil Haynes und der diesjährige Drittrunden-Pick Damien Lewis dürften diesen Platz unter sich ausmachen. Iupati hat über die letzten Jahre zunehmend Defizite offenbart, sollte den Left-Guard-Posten jedoch halten können. Ethan Pocic wäre hier die Alternative.
- Klar ist: Seattle hatte auch 2019 eine der schwächeren Offensive Lines, gerade in Pass-Protection. Platz 30 in dieser Kategorie bei PFF, Platz 24 nach Football Outsiders' Adjusted Sack Rate. Um Wilson in offensichtlichen Passing-Situationen - die durch den Run-lastigen Ansatz bei Early Downs noch häufiger vorkommen - zu entlasten, benötigt Seattle eigentlich überdurchschnittliche Pass-Protection. Ex-Steeler Finney auf Center könnte ein Upgrade bedeuten, die Hoffnung ist, dass Rookie Damien Lewis D.J. Fluker zumindest schnell gleichwertig ersetzen kann. Brandon Shell als Ersatz für Germain Ifedi könnte auch eher ein Move ohne größere Veränderung nach unten oder oben sein.
- In jedem Fall werden mehrere neue Starter in der Line auf dem Feld stehen, was im Zusammenhang mit der komplizierten Corona-Offseason in der Saison noch mehr Zeit kosten könnte. Stabilität dagegen gibt es im Receiver-Corps, mit Lockett und Metcalf sind die beiden Top-Optionen klar. Dahinter könnte Ex-Patriot Phillip Dorsett David Moore den dritten Spot streitig machen.
- Ohnehin aber kann man davon ausgehen, dass Seattle deutlich mehr mit zwei Tight Ends und zwei Receivern statt mit drei Receivern spielen wird. Letztes Jahr waren die Seahawks noch ganz klar primär ein 11-Personnel-Team; die Verpflichtung von Olsen in Kombination mit der Rückkehr nach Verletzung von Dissly und Viertrunden-Pick Colby Parkinson lässt erahnen, dass Seattle mehr aus 2-TE-Sets arbeiten will.
- Das Passspiel dominiert die NFL und selbst die Teams, die sich über das Run Game definieren oder die Basis ihrer Offense im Run Game sehen sind in aller Regel deutlich effizienter, wenn sie den Ball werfen. Das hat auch dazu geführt, dass über die letzten Jahre 11-Personnel (ein Running Back, ein Tight End, ein Wide Receiver) als die Basis-Formation im ligaweiten Durchschnitt etabliert wurde: 60 Prozent der Offense-Snaps 2019 fanden in 11-Personnel statt. Daran haben sich auch Defenses angepasst, laut PFF spielten Defenses 2019 im Schnitt nur 27 Prozent ihrer Snaps in der Base-Defense, also mit vier statt fünf Defensive Backs. Die große Ausnahme? Die Seahawks.
- Seattle bestritt knapp 69 Prozent seiner Defense-Snaps in Base-Personnel, mit drei Linebackern auf dem Feld. Keine andere Defense lag hier bei mehr als 38 Prozent. Das dürfte zumindest teilweise auch daran gelegen haben, dass eine wirklich gute Slot-Corner-Option fehlte - doch Coach Pete Carroll machte selbst auch klar, dass er seine drei Linebacker gerne zusammen auf dem Feld hat. Angesichts der Tatsache, dass Seattle seinen Erstrunden-Pick in Jordyn Brooks investierte, dürfte sich daran auch nichts ändern.
- Die positive Nachricht: Die Coverage-Unit sollte dennoch besser funktionieren. Mit dem Trade für Quinton Dunbar könnte Seattle ein echter Steal gelungen sein, Dunbar hatte im Vorjahr eine exzellente Saison in Washington. In Kombination mit der wieder nach oben zeigenden Formkurve von Griffin sowie der erhöhten Stabilität nach der Verpflichtung von Quandre Diggs scheint die Secondary auf dem richtigen Weg zu sein.
- Die negative Nachricht: Die Secondary wird mehr als das sein müssen, viel mehr sogar - denn der Pass-Rush ist ein riesiges Fragezeichen. Eine Rückkehr von Jadeveon Clowney ist zunehmend unwahrscheinlich, Collier war in seiner Rookie-Saison überhaupt kein Faktor und Ziggy Ansah ließ man ziehen, um ihn mit Bruce Irvin zu ersetzen. Dazu haben die Seahawks mit Quinton Jefferson unter dem Radar einen der spannenderen jungen Interior-Pass-Rusher verloren. Das dürfte - sofern Clowney nicht doch zurückkommt - eine der individuell schwächeren Pass-Rush-Gruppen der NFL werden, was den Druck auf die Secondary und auf die eigene Offense noch erhöht.