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NBA - Indiana Pacers um Tyrese Haliburton begeistern: Spektakel garantiert beim perfekten Cup-Team

Von Levi Netal
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Die Indiana Pacers begeistern mit spektakulärem Offensiv-Basketball und stehen darüber hinaus auch im Halbfinale des neu eingeführten In-Season Tournaments. Tyrese Haliburton führt eine historisch gute Offense an. Doch wie gefährlich können diese Pacers wirklich sein?

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157:152 ging die Partie zwischen den Indiana Pacers und den Atlanta Hawks vor wenigen Wochen in der Gruppenphase des In-Season Tournaments aus - ohne Verlängerung. Satte 309 Zähler wurden erzielt, nur zehnmal war der Score in der NBA-Geschichte nach 48 Minuten höher. Und irgendwie hatte man schon so eine Vorahnung, dass Defense nicht die größte Rolle spielen würde.

Die Wettanbieter setzten vor der Partie eine Punkte-Line von 252,5, die höchste in 27 Jahren und doch wurde die Latte von beiden Teams schon acht Minuten vor dem Ende übersprungen. Pacers-Spiele sind Shootouts wie wir sie zuletzt in den Achtzigern von den Denver Nuggets um den legendären Coach Doug Moe gesehen haben. Noch heute sind 81/82-Nuggets das einzige Team, welches Platz 1 in Offense und Platz 30 in Defense belegte.

Die Pacers könnten es ihnen nachmachen (1 und 28). Offensiv-Spektakel sind in dieser Saison ein Markenzeichen der Indiana Pacers. Außerhalb des historischen Spiels gegen die Hawks, legten die Pacers bereits 152 Punkte gegen die San Antonio Spurs und 144 Punkte gegen die Miami Heat innerhalb der ersten 6 Wochen der Saison auf. Mit einem Offensivrating von 123,6 führen sie die Liga an und sind fast 4 Punkte pro 100 Ballbesitze vor den zweitplatzierten 76ers. Um das mal einzuordnen: Zwischen Platz 2 und 10 liegen 3,6 Zähler. Der offensive Erfolg baut dabei auf mehrere Faktoren auf.

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Indiana Pacers: Tyrese Haliburton agiert auf Curry-Niveau

Der 2022 von den Kings getradete Haliburton ist das Herzstück von Indianas Offense. Seine Statistiken diese Saison lesen sich beeindruckend, doch bilden nur in Ansätzen seinen Wert für das Team ab. Als primärer Ballhandler ist er nicht nur der Motor, sondern auch das Gehirn der Offensive. Mit knapp 12 Assists pro Spiel führt er die Liga an, während er darüber hinaus die Turnover limitiert (Assist-to-Turnover-Ratio: 5,05).

Den Dimensionen seines Playmakings sind dabei keine Grenzen gesetzt. Haliburtons Skillset umfasst Full-Court Outlets, No-Look-Pässe zu freien Werfern oder öffnende Pässe aus Pick'n'Rolls. Zu seiner genialen Übersicht kommt in dieser Saison seine Entwicklung als Scorer hinzu. Im Vergleich zum letzten Jahr nimmt er mehr Würfe pro Spiel (18 zu 15), trifft diese effizienter und geht häufiger an die Freiwurflinie (5 zu 3,6).

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© nba.com/stats

Noch beeindruckender ist sein Shooting vom Perimeter. 44,7 Prozent bei fast 9 Versuchen pro Spiel, dieses Volumen gepaart mit dieser Treffsicherheit kennen wir ansonsten nur von Stephen Curry. Das ist auch der wichtigste Faktor in Haliburtons Entwicklung. Vor dem Draft zweifelten Scouts an, ob der Guard wirklich für sich selbst kreieren kann und ließen sich dabei wohl von der etwas merkwürdigen Wurfform blenden. Nach nun 207 NBA-Spielen sollte man spätestens jetzt diese Zweifel beiseite schieben (41,2 Prozent 3P). Somit haben die Pacers wieder einen echten Fixstern, um ihn wird das Team so gut es geht aufgebaut.

Tyrese Haliburton: Seine Stats für die Indiana Pacers

SaisonSpieleMINPTSFG%3P%ASTSTL
21/222636,117,550,241,69,61,8
22/235633,620,749,040,010,41,6
23/241734,326,952,144,711,91,1
GESAMT9934,420,949,941,410,51,6
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Indiana Pacers: Rick Carlisle darf sich austoben

Dafür verantwortlich ist vor allem Rick Carlisle, der seit 2021 der starke Mann bei den Pacers und wahrscheinlich der ideale Coach für einen Spieler wie Haliburton ist (Mike D'Antoni hätte sicher auch seinen Spaß!). Aus seiner Zeit bei den Dallas Mavericks (2008-2021) ist er als einer der innovativsten offensiv orientierten Coaches der Liga bekannt. Dort war schnelles Spiel aber nie möglich. Dirk Nowitzki konnte das nicht, Luka Doncic wollte es nicht, wohl auch deswegen trennten sich die Wege. Bei den Pacers findet Carlisle einen für ihn besseren Nährboden wider.

Mit dem verbindenden Element von Haliburtons Playmaking und einem jungen Team mit vielen guten Werfern konnte Carlisle offensive Mechanismen etablieren, die den bisher historischen Saisonverlauf der Pacers ermöglichen. Das wichtigste Element ist dabei die Spielgeschwindigkeit. Die Pacers spielen mit der höchste Pace der Liga, wodurch sie pro Spiel 104-mal in Ballbesitz gelangen. Unabhängig davon, ob der Ballbesitz aus einer statischen Spielsituation (zum Beispiel nach einem Einwurf) oder aus einem Turnover entsteht, wird der Ball innerhalb weniger Sekunden in die Offensive getragen.

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© nba.com/stats

Dadurch treffen die Pacers oft auf unorganisierte Verteidigungen, wo sie Überzahlsituationen kreieren oder Mismatches attackieren können. Fast ein Drittel ihrer Abschlüsse nehmen die Pacers in den ersten acht Sekunden der Shotclock, auch darauf dürfte D'Antoni, der Architekt der Seven-Seconds-or-less-Suns, stolz sein. Innerhalb dieses Systems kann Haliburton seine geniale Spielübersicht ausspielen und sich selbst oder seinen Mitspielern einfache Abschlüsse ermöglichen. Vor allem die Neuzugänge des Sommers, Obi Toppin und Bruce Brown, fügen sich mit viel Athletik und schnellem Umschaltspiel problemlos in Carlisles Spielstil ein.

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Ein weiteres Erfolgselement ist die Besetzung des Teams mit überdurchschnittlich guten Werfern. Die Pacers treffen derzeit 39,2 Prozent ihrer Dreier (Platz 5) bei 39 genommenen (ebenfalls Rang 5) Distanzwürfen pro Spiel. Nur Dallas und Boston versenken pro Spiel mehr Triples.

Indiana Pacers: Die besten Dreierschützen

Spieler3PA3P%
Tyrese Haliburton8,944,7
Buddy Hield7,440,4
Myles Turner4,332,9
Aaron Nesmith3,945,5
Bruce Brown3,836,1
Bennedict Mathurin3,436,9
Obi Toppin3,436,9

Durch die Gefahr des Dreiers und Myles Turner als Stretch-5, haben Spieler wie Toppin oder Benedict Mathurin viel Platz, um athletisch um den Korb herum abschließen zu können. Was macht also die Offensive der Pacers so historisch gut? Eine Mischung aus einem selbstlosen Superstar gepaart mit gut auf ihn zugeschnittenen Rollenspielern und extra viel Pace!

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Indiana Pacers: Große Limitationen in der Defense

Auf der Kehrseite der herausragenden offensiven Zahlen der Pacers steht diese Saison jedoch die drittschlechteste Defensive der Liga mit einem Defensivrating von 120,2. Die Baustellen in der Defensive sind nämlich vielfältig. Zuerst einmal mangelt es in den Reihen der Pacers an qualitativen On-Ball Verteidigern.

Kein Spieler der Pacers vermag es, den Spielaufbau des Gegners zu stören. Mit Brown gibt es nur einen passablen Guard-Verteidiger, Haliburton agiert hier fast schon auf Trae-Young-Niveau. Vielmehr genießen schnelle Guards wie Donovan Mitchell (38 Punkte vs. Pacers) oder Tyrese Maxey (50 Punkte vs. Pacers) alle Freiheiten der Welt, da sie nach Belieben zum Korb ziehen können. Eine weitere Defensivbaustelle für die Pacers ist der Umgang mit physischen und großen Teams.

Obwohl Turner nach wie vor den ein oder anderen Highlight-Block produziert, ist er sowohl hinsichtlich Rim Protection als auch Rebounding keine ausreichende Kompensation für ein Team mit Schwächen in der On-Ball Defense. Das defensive System scheint bisher ebenfalls nicht in der Lage zu sein, diese Defizite zu kompensieren. So lässt sich bei den Pacers mit großer Regelmäßigkeit Fehlkommunikation bei Switches, Double Teams oder Rotationen beobachten, die zu einfachen Körben für die gegnerischen Teams führen.

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Hier besteht also zumindest Luft nach oben, um mit limitierten Personal für die Defense etwas besser zu werden. Letztlich beginnt für die Pacers aber alles mit ihrer Offense, durch sie sind sie ein Playoff-Kandidat.

Mit einem aufstrebenden Superstar, viel offensiver Energie und einem verlässlichen Wurf von draußen, haben die Pacers bereits den ein oder anderen großen Sieg gegen die Schwergewichte des Ostens eingefahren. Auch in einem Format wie dem In-Season-Tournament sind die Pacers mit ihrem schnellen Rhythmus und gut kombinierten Ballstafetten Must-See TV für die Basketballwelt. Überhaupt wirken die Pacers wie ein klassisches Cup-Team.

In einer Best-of-Seven-Serie wäre man wohl gegen Boston chancenlos gewesen, doch in einem einzigen Spiel ist für die Pacers mit dieser Firepower stets alles möglich - so gesehen im Viertelfinale in der Nacht auf Dienstag. Hinsichtlich eines langfristigen Erfolgs bis in die Playoffs hinein, hat das Team jedoch vor allem defensiv noch zu viele Defizite, welche man in einer Serie gezielt attackieren kann. Der etwas langsamere und physische Spielstil in den Playoffs (diese Faktoren haben sich in den vergangenen Jahren etwas abgeschwächt) sowie das gezielte Offenlegen der Schwächen des gegnerischen Teams sind danach Aspekte, die sowohl der Offensive als auch die Defensive der Pacers nicht für Playoff-Erfolg auslegt.

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Indiana Pacers: Das perfekte Cup-Team?

Diese zugegebenermaßen radikale Prognose lässt sich auch durch historische Fakten unterstützen. In den vergangenen neun Jahren sind Teams mit einer Top 5 Offensive und Bottom 5 Defensive nie über die erste Runde der Playoffs hinausgekommen. Eine Ausnahme sind die Cleveland Cavaliers in LeBrons letzter Saison (17/18), die sowohl von dem besten Spieler unserer Generation als auch dem qualitativ schlechtesten Feld im Osten begünstigt wurden. Außerhalb davon bestätigt sich der Trend, der auch den Pacers bevorstehen könnte.

NBA - Die Offense First Teams der vergangenen Jahre

SaisonTeamBilanzOffenseDefensePlayoffs
2014/15Toronto Raptors49-33Platz 3Platz 25Aus in Runde eins (0-4 gegen Wizards)
2016/17Denver Nuggets40-42Platz 4Platz 29Playoffs verpasst
2019/20Portland Trail Blazers35-39Platz 3Platz 27Aus in Runde eins (1-4 gegen Lakers)
2020/21Portland Trail Blazers42-30Platz 2Platz 29Aus in Runde eins (2-4 gegen Nuggets)
2021/22Atlanta Hawks43-39Platz 2Platz 26Aus in Runde eins (1-4 gegen Heat)
2022/23Sacramento Kings48-34Platz 1Platz 24Aus in Runde eins (3-4 gegen Warriors)
2023/24Indiana Pacers11-8Platz 1Platz 28??

Das alles ist aber für den Moment etwas zu weit gegriffen. Der Trend ist der "Friend" der Pacers, das Team entwickelt sich zweifelsfrei in die richtige Richtung. Haliburton ist 23 Jahre jung, von den Rollenspielern sind lediglich Hield und T.J. McConnell älter als 27. Indiana befindet sich in der Honeymoon-Phase. Sie spielen attraktiven Basketball, es lasten kaum Erwartungen auf der Franchise und für den Moment sieht dies wie ein Team aus, welches dauerhaft ein Playoff-Team sein kann. Und mit ein bisschen Glück könnte es sogar erstmals in der Franchise-Geschichte "Hardware" geben.

Es wäre zwar nur der NBA Cup, aber über einen Eintrag in die Geschichtsbücher wird sich im kleinen Indiana niemand verschließen und schon die Schlussphase gegen Boston hat gezeigt, wie viel Bock die Pacers auf diese neueingeführte Trophäe haben. Übrigens: Die Over/Under-Line für das Halbfinale gegen die Bucks liegt bereits bei 255,5, also noch einmal höher als in besagtem Spiel in Atlanta.

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