UFC

"Wir sind vor Saddam geflüchtet"

Alan Omer (l.) trifft bei der UFC Fight Night in Berlin auf Arnold Allen
© imago

In seiner Heimat überlebte er den Krieg. In Las Vegas pennte er in Hostels. Nun steigt Alan Omer (26) bei der UFC Fight Night in Berlin zum zweiten Mal ins Octagon - und will das öffentliche Bild der "brutalen Schläger" ändern.

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SPOX: Alan, am Samstag endet mit Ihrem zweiten UFC-Kampf eine lange Leidenszeit. Hat sich Ihre Herangehensweise geändert?

Alan Omer: Nein, eigentlich gar nicht. Ich gehe mit derselben Einstellung rein wie davor auch: Ich will den Kampf immer vorzeitig beenden. Das wäre gegen Mike Wilkinson so gewesen, der jetzt leider passen muss. Und so wird es auch gegen Arnold Allen sein. Für mich kommt auch gar nichts anderes in Frage, ich werde versuchen, nach vorne zu marschieren.

SPOX: Ihren letzten Auftritt in der UFC hatten Sie im April 2014. Was ist seitdem schief gelaufen?

Omer: Eigentlich sollte ich bereits im Januar in Stockholm wieder ins Octagon steigen, aber leider habe ich mich damals zwei Wochen vor dem Kampf am Unterarm verletzt. Solche Rückschläge bin ich in meiner Karriere fast schon gewohnt. Davor musste ich zwei Jahre lang wegen einer Knie-OP aussetzen. Aber ich bin immer stark zurückgekommen, das macht mir Mut.

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SPOX: Bei Ihrem UFC-Debüt mussten Sie sich in Abu Dhabi Jim Alers geschlagen geben. Ist ein Sieg in Berlin fast schon Pflicht für Sie?

Omer: Ich lasse mich von dem ganzen Druck und Trubel nicht ablenken, sondern konzentriere mich einfach auf meinen Job. Ich weiß, dass viele Freunde nach Berlin kommen werden, um mich anzufeuern. Aber das motiviert mich eher zusätzlich. Ich glaube, genau diese Gelassenheit wird am Ende den Unterschied machen.

SPOX: Sie werden am Samstag nicht der einzige Kämpfer sein, der vor heimischem Publikum antritt. Erleben wir momentan den Aufstieg einer neuen MMA-Generation in Deutschland?

Omer: Um ehrlich zu sein, bin ich gar nicht auf dem Laufenden, was genau in der deutschen Szene abläuft. Ich beobachte sie eher nebenbei. Aber es kann gut sein, dass wir vor einer neuen Ära stehen. Jessin Ayari muss man da auch erwähnen. Er ist einer der Kämpfer, die es sicherlich als nächstes in die UFC schaffen können.

SPOX: Die vermeintlich größte Aufgabe von Ihnen, Nick Hein und Co. wird es in den nächsten Jahren sein, das Bild der UFC in Deutschland zu verändern. Wie sehr ärgert Sie die negative Berichterstattung?

Omer: Man muss leider sagen, dass die Medien in den letzten Jahren ziemlich "gute" Arbeit geleistet haben, um die UFC in den Dreck zu ziehen. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir die Öffentlichkeit vom Gegenteil überzeugen. Unser Sport ist kein Blut-Boxen und wir sind sicherlich keine brutalen Schläger.

SPOX: Sie sind das perfekte Beispiel dafür. Neben Ihrer UFC-Karriere studieren Sie an der Universität Stuttgart Maschinenbau. Wie schwer ist ein solches Doppelleben?

Omer: Viele Menschen denken, dass die beiden Bereiche nur schwer kombinierbar sind. Aber ich habe damit eigentlich gar kein Problem. Mein Studium belastet mich nur während den Prüfungszeiten. In diesen ein, zwei Monaten trainiere ich einfach weniger und lege die sportlichen Ambitionen auf Eis. Aber ansonsten halten mich die paar Vorlesungen während eines Semesters nicht vom Training ab, dafür ist mir der Sport auch zu wichtig.

SPOX: Ihre Liebe für den MMA-Sport begann als 17-Jähriger - allerdings ohne großartige Ambitionen. Warum?

Omer: Ich weiß nicht, ob ich keine Ambitionen hatte. Ich würde eher sagen, dass ich mir nie Gedanken gemacht habe, was ich erreichen will. Das lag aber auch an den Umständen. Damals war nie die Rede von MMA, wir nannten es eher Free Fighting oder No Holds Barred. Ich muss zugeben, dass ich die ersten zwei Jahre auch nicht wirklich wusste, was meinen Sport überhaupt ausmacht oder wie groß MMA in den USA damals schon war. Mit den ersten Erfolgen bin ich dann langsam reingewachsen. Trotzdem war eine Karriere in der UFC 2006 oder 2007 für mich noch komplett utopisch. Das war etwas, was man vielleicht im Fernsehen oder Internet gesehen hat, aber viel zu weit weg war. Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst einmal im Octagon stehen werde.

SPOX: Sie sollen in dieser Phase auch sehr kurzfristig Kämpfe angenommen haben. Stand der finanzielle Aspekt damals im Mittelpunkt?

Omer: Klar, ich kann mich noch an ein Duell mit Alex Wiebe erinnern. Das lief alles sehr spontan ab, ich hatte sechs oder sieben Kilo weniger als er und habe auch verloren. Aber mir war das egal, ich habe dafür 300 Euro kassiert, das war mir einfach wichtiger. Zu dieser Zeit hat sich niemand großartig um irgendwelche Kampfrekorde geschert, wir sind einfach unserer Leidenschaft nachgegangen. Wir waren die alte Generation, die sich eben nicht jedes Mal einen Kopf darum gemacht hat, ob man bei Sherdog nun eine positive oder negative Statistik hat.

SPOX: Später führte Sie Ihr Weg für ein Trainingslager nach Las Vegas. Welche Erfahrungen haben Sie im Mekka des MMA-Sports gemacht?

Omer: Das war schon abenteuerlich. Mein Manager Tim Leidecker hat den Kontakt zu Shawn Tompkins hergestellt, einem Star-Trainer in der Szene, der mittlerweile leider verstorben ist. Keine zwei Tage später stand ich auf einmal am Flughafen in Las Vegas, ohne irgendeinen Ansprechpartner. Also habe ich die ersten beiden Nächte in einem Hostel verbracht, bevor ich dann ins Gym gegangen bin. Zum Glück war Shawn sehr hilfsbereit und hat mich bei sich aufgenommen, ich konnte in seinem Haus wohnen, zusammen mit anderen Fightern.

SPOX: Von der Glitzerwelt Las Vegas haben Sie also nicht allzu viel mitbekommen?

Omer: Nein, mein Vegas war keine Glitzerwelt. Wir waren auch kaum einmal auf dem Strip. Es war eigentlich ein ganz normales Alltagsleben mit sehr vielen Trainingseinheiten.

Seite 1: Omer über seine Rückschläge, brutale Schläger und Las Vegas

Seite 2: Omer über The Ultimate Fighter, seinen UFC-Vertrag und Saddam Hussein

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