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"Wir sind vor Saddam geflüchtet"

Alan Omer (l.) trifft bei der UFC Fight Night in Berlin auf Arnold Allen
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SPOX: Mit etwas Glück hätten Sie Las Vegas besser kennenlernen können. Sie wurden zu einem Tryout für eine Staffel von The Ultimate Fighter eingeladen. Warum hat es nicht geklappt?

Omer: Fünf Monate vor dem Tryout hatte ich eine Nasen-OP. Das wussten die Verantwortlichen sogar, aber ich wurde trotzdem eingeladen und konnte sie von meinen Fähigkeiten überzeugen. Leider habe ich in den Wochen danach im Training immer mal wieder was auf die Nase bekommen, am Ende war sie einfach zu instabil. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als meine Teilnahme abzusagen. Im Nachhinein glaube ich aber, dass es gar nicht so schlecht war. Erstens bin ich kein großer Fan von solchen Reality-TV-Shows. Und zweitens war ich zu der Zeit wahrscheinlich auch noch nicht bereit für die UFC, das wäre nicht förderlich gewesen.

SPOX: Das änderte sich Anfang 2014, als die UFC Sie unter Vertrag nahm. Wie kam der Kontakt zustande?

Omer: Ich wusste davon nichts. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern. Ich wollte streichen und bin deswegen in einen Baumarkt gefahren, um ein bisschen Farbe zu besorgen. Irgendwann klingelte mein Handy und mein Manager fragte mich, ob ich nicht Lust auf einen Kampf in Abu Dhabi hätte. Ich habe zugesagt - und erst danach hat er mir gesagt, dass der Fight Teil eines UFC-Events ist. Das war einer der krassesten Momente, die man haben kann. Das Streichen hatte sich natürlich erledigt, ich habe sofort ein paar Freunde angerufen und wir sind zusammen ins Gym.

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SPOX: Wie laufen eigentlich Vertragsverhandlungen mit der UFC ab?

Omer: Das hört sich vielleicht komisch an, aber ich habe davon gar nichts mitbekommen. Das lief alles über meinen Manager. Ich habe meinen Vertrag nicht mal gelesen, sondern sofort meine Unterschrift daruntergesetzt. Das war wie ein Traum, der hoffentlich noch lange weitergeht. Mein Ziel ist es, ganz nach oben zu kommen.

SPOX: Mit Ihrem UFC-Deal ging eine lange Reise zu Ende. Nicht nur sportlich, sondern auch privat. Sie wurden im Norden Iraks geboren, einen Monat nach dem Ende des Ersten Golfkriegs. Zwei Jahre später mündete die schwierige Lage im Land im Zweiten Golfkrieg. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?

Omer: Ich war noch sehr jung und kann mich nicht mehr an alles erinnern. Aber natürlich vergisst man die Bomben und Schüsse nicht. Mein Vater stand auf der schwarzen Liste, nachdem er und seine Einheit desertiert waren. Irgendwann sind wir vor Saddam und seinen Truppen in die Berge geflüchtet.

SPOX: Wie ging es weiter?

Omer: Wir haben danach drei Jahre lang im Jemen gelebt, bis auch dort der Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Wieder Krieg, wieder Kampfflugzeuge, wieder Straßengefechte, bevor wir es dann nach Deutschland geschafft haben.

SPOX: Wie wurden Sie in Deutschland aufgenommen?

Omer: Wir haben erst mal in Flüchtlingslagern gelebt. Das war eine sehr schwierige Zeit. Wir konnten kein Deutsch und hatten kein Geld. Ich weiß noch, wie ich eingeschult wurde und eigentlich direkt in eine Förderklasse gesteckt wurde, weil ich mich mit niemandem unterhalten konnte.

SPOX: Mittlerweile leben Sie in Stuttgart. Sehen Sie Deutschland als Ihre Heimat an?

Omer: Für mich ist Heimat dort, wo ich lebe. Und das ist momentan Stuttgart. Aber ich fühle mich natürlich weiterhin als Kurde und bin stolz darauf. In Kurdistan blüht gerade alles auf, die Gesellschaft, die Wirtschaft. Nach Saddam haben wir die Kurve bekommen, das kann man nicht mehr mit der Zeit vor 20 Jahren vergleichen. Nach dem Kampf in Berlin werde ich auch sofort für ein paar Wochen dorthin fliegen. Darauf freue ich mich jetzt schon, hoffentlich mit einem Sieg im Gepäck.

Seite 1: Omer über seine Rückschläge, brutale Schläger und Las Vegas

Seite 2: Omer über The Ultimate Fighter, seinen UFC-Vertrag und Saddam Hussein

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