Ousmane Dembélé vor PSG-Wechsel: Barcelona könnte den schlechtesten Neuzugang der Klubgeschichte loswerden

Von Mark Doyle
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Das Potenzial Ousmane Dembélés ist unbestritten, aber seine Einstellung stimmt nicht. Das beweist er auch mit seiner Entscheidung, zu PSG zu gehen. Am Mittwoch bestätigte Barca-Trainer Xavi Hernández den bevorstehenden Wechsel.

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Am Montagmorgen schrieben sowohl die Mundo Deportivo als auch Sport, dass sich der FC Barcelona und Paris Saint-Germain im "Krieg" um Ousmane Dembélé befänden. Ein wenig seltsam mutet das schon an, da der Franzose kein Spieler ist, um den es sich zu kämpfen lohnt - zumindest nicht aus Sicht der Blaugrana.

Das PSG-Interesse ist aus Pariser Perspektive dagegen natürlich nachvollziehbar. Dembélé ist ein extrem talentierter Fußballer. Wenn Trainer Luis Enrique ihn fit bekommt, hat der 26-Jährige das Zeug, ein echter Superstar bei PSG zu werden.

Barça-Coach Xavi weiß das auch und soll Dembélé aufgefordert haben, "an Neymar zu denken", der 2017 ebenfalls das Camp Nou in Richtung Parc des Princes verließ und dort die hohen Erwartungen nicht erfüllte.

Einige Blaugrana-Fans sind wütend über Dembélés angeblichen Verrat - und man kann sie verstehen: Denn man muss bedenken, dass die meisten von ihnen dem Flügelstürmer während seiner sechs Jahre im Camp Nou und seinen verzweifelten Versuchen, etwas zu leisten, zur Seite standen. Allein die Tatsache, dass er sich bereits schnell mit PSG auf einen Vertrag geeinigt hat, schmerzt sie - auch wenn der Vorwurf fehlender Loyalität wohl etwas hart ist. Denn Barcelona hat Dembélé angeblich damit Richtung Tür gedrängt, dass die Katalanen bereit waren, den Franzosen in einem möglichen Deal für Kylian Mbappé zu nutzen, um den Preis zu drücken.

Die Wut in Barcelona sollte aber bald der Erleichterung weichen - denn Barça ist dann mit Ousmane Dembélé einen der frustrierendsten Spieler im Weltfußball endlich und für immer los.

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Ousmane Dembélé: "Der Junge ist etwas Besonderes"

Dembélés großes Potenzial ist unbestritten. Der Ex-Sportdirektor von Rennes, Mikaël Silvestre, bezeichnete ihn als den besten Teenager, den er seit seiner Zeit an der Seite Cristiano Ronaldos bei Manchester United gesehen hat. Thomas Tuchel bestätigte, es sei ein Vergnügen, Dembélés "unglaublichen Fähigkeiten" im Training bei Borussia Dortmund zu beobachten. Und Martin Braithwaite gab zu, dass ihn Dembélés Aktionen sprachlos machten, nachdem er 2020 nach Barcelona gewechselt war.

"Ich habe noch nie jemanden mit seinem Talent gesehen. Und das meine ich ernst!", sagte der verblüffte Däne Tot Costa. "Messi ist noch eine andere Liga, aber nach ihm kommt schon Dembélé. Ich habe noch keinen Spieler wie ihn gesehen. Der Junge ist etwas Besonderes."

Aber Dembélé hat sich auch als fürchterlich unprofessionell und inkonstant erwiesen.

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Ousmane Dembélé: "Ihm fehlt es an Struktur"

Schon bevor Dembele für die Sockelablöse von 105 Millionen Euro von Borussia Dortmund nach Barcelona wechselte, gab es Zweifel an seiner Einstellung. Dem Franzosen wurde nach dem Abschied vom BVB vorgeworfen, die Wohnung, die er in Dortmund von Jürgen Klopp gemietet hatte, zugemüllt und zerstört verlassen zu haben.

Man sollte sich auch daran erinnern, dass der ehemalige Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu zwar öffentlich behauptete, Dembélé sei besser als der Mann, den er ersetzt hatte, nämlich Neymar. Aber die Katalanen dachten schon im Oktober 2018 ernsthaft darüber nach, sich wieder vom Franzosen zu trennen.

Zu diesem Zeitpunkt war allen im Klub bereits klar, dass Dembélé fürchterlich undiszipliniert ist. Er kam immer wieder zu spät zu Teamsitzungen - angeblich, weil er bis in die frühen Morgenstunden Video-Spiele an der Konsole zockte. Seine Ernährungsgewohnheiten sollen außerdem für einen Profisportler bedenklich gewesen sein. Nach Informationen von SPOX und GOAL stapelten sich zahllose Fast-Food-Packungen vor seinem Haus, während ein Fischgericht, das der nur für ihn engagierte Koch zubereitet hatte, weggeworfen worden war.

"Es ist ein chaotisches Leben", sagte der Koch Michael Naya Le Parisien. "Ich habe dort keinen Alkohol gesehen, aber er hält sich überhaupt nicht an die Schlafenszeiten. Ihm fehlt es an Struktur." Dembélés ungesunder Lebensstil wurde im Laufe der Jahre immer wieder als einer der Hauptfaktoren für die vielen Muskelverletzungen angeführt, die er sich während seiner Zeit bei Barça zuzog.

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Ousmane Dembélé: "Ich habe nicht so hart gearbeitet wie heute"

Dembélé selbst hat mittlerweile zugegeben, dass er in seinen ersten Jahren bei Barça wegen seiner schlechten Ernährung "sehr schwach" war. Er betonte 2022 aber auch, dass er den Fehler eingesehen und seinen Ansatz komplett geändert habe.

"Jetzt weiß ich, dass es wichtig ist, auf und auch neben dem Platz hart zu arbeiten", sagte er Sport und Mundo Deportivo. "Die Verletzungen sind passiert, weil ich mit 20 nicht so hart gearbeitet habe wie heute. Es ist klar, dass man weniger Spaß am Fußball hat, wenn man nicht hart arbeitet. Denn man wird nicht viel spielen und sich verletzen. Jetzt bin ich auf jeden Fall stärker."

Das stimmt aber leider nicht. Dembélé verpasste drei Monate der letzten Saison mit Oberschenkel-Problemen. Und wenn er doch mal spielen konnte, glänzte er nur sporadisch: In 25 Liga-Einsätzen gelangen ihm nur fünf Tore.

Bei der WM 2022 war er bei Frankreich Stammspieler und brachte mit seinem überragenden Tempo viele Gegenspieler in Schwierigkeiten - doch wie so häufig bei Dembélé fehlte die Effektivität, damit Tore und Vorlagen aus seinen Aktionen entstehen.

Auf dem Weg ins Finale brachte er es auf nur zwei Assists und null Tore. Seine Leistung im Endspiel war dann so unterirdisch, dass sich Trainer Didier Deschamps dazu entschied, ihn vier Minuten vor der Pause auszuwechseln.

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Barça will lieber Dembélé statt Mbappé

Der Unterschied zur Qualität und Effizienz von Kylian Mbappé auf Frankreichs anderem Flügel war krass - und aus Sicht des FC Barcelona ziemlich schmerzhaft. Laut dem Berater Junior Minguella hatte Barça einen 155-Millionen-Euro-Deal mit Mbappé schon vereinbart, bevor dieser im selben Sommer wie Neymar zu PSG wechselte. Die Katalanen entschieden sich aber letztendlich dafür, dass Dembélé "besser zum Spielstil des Teams passt".

Als Minguella diese Geschichte im Februar 2021 bei Radio Marca erzählte, wollte ihm niemand glauben. Der Berater sah sich gezwungen, Beweise für seine Story vorzulegen - und das tat er: Minguella präsentierte entsprechende WhatsApp-Nachrichten und twitterte dann: "Ein Geschenk für alle Hater und Ungläubigen."

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Ousmane Dembélé: "Er verdient eine Sonderbehandlung"

Der Dembélé-Deal war ein Desaster für Barcelona. Präsident Bartomeu hat während seiner Amtszeit eine Reihe von schrecklichen Transfers getätigt, darunter die von Philippe Coutinho und Antoine Griezmann, aber kein anderer war über einen solch langen Zeitraum für den Klub derart teuer und für die Fans derart frustrierend.

Und das, obwohl Barça alles dafür getan hat, damit es funktioniert. Bartomeus Nachfolger Joan Laporta verteidigte Dembélé wiederholt in der Öffentlichkeit und betonte, dass "er eine Sonderbehandlung verdient, weil man sich um solche genialen Spieler wie ihn kümmern muss".

Aber Dembélé hat immer wieder bewiesen, dass er nicht einmal in der Lage ist, sich um sich selbst zu kümmern. Er hat Barça nicht annähernd das mit Leistungen zurückbezahlt, was der Klub an Zeit, Geld und Mühe für ihn investiert hat. Es ist also überhaupt nicht überraschend, dass die Katalanen versuchen, die böse Fehleinschätzung von vor sechs Jahren wiedergutzumachen, indem sie probieren, mithilfe von Dembélé jetzt doch noch an Mbappé zu kommen -nämlich in Form eines Tauschs.

Das Problem für Barça ist, dass dieser Versuch nun nach hinten losgegangen ist. Der Klub wird wohl bald ohne Mbappé und Dembélé dastehen, was Fragen über die Aktionen des Vereins auf dem Transfermarkt aufwirft - und über die Fußball-Intelligenz derjenigen, die die Entscheidungen bei den Katalanen treffen.

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Barça ist ohne Dembélé besser dran

In gewisser Weise ist der Abgang nun ein passender Schlussakt des Dramas, das sich seit sechs Jahren im Camp Nou abspielt. Dembélés Zeit im Camp Nou war für Barça eine einzige Enttäuschung.

Das bleibende Bild seiner Barcelona-Zeit wird sein, wie Dembélé versucht, dem erschöpften Lionel Messi aufzuhelfen, nachdem der Argentinier ihm in den letzten Sekunden des Champions-League-Spiels zwischen Barça und Liverpool 2019 den Ball perfekt vorgelegt hatte. Hätte der Franzose getroffen, hätten nicht einmal Jürgen Klopps "Mentalitätsmonster" an ein Comeback im Rückspiel in Anfield geglaubt. Dembélé kann natürlich nicht allein für die darauffolgende berühmte 0:4-Niederlage und damit das Aus in der Königsklasse verantwortlich gemacht werden. Aber diese vergebene Großchance fasst seine Barça-Zeit irgendwie treffend zusammen.

Die Voraussetzungen, um in Barcelona ein echter Superstar zu werden, waren für Dembélé perfekt. Die Schuld, warum er es nicht geworden ist, muss der Flügelspieler ausschließlich bei sich suchen. Im September 2022 gab er selbst zu, dass er mit seiner unprofessionellen Einstellung "fünf Jahre verschwendet" hat, was zeigt, dass er sich seiner Fehler zumindest bewusst ist. Aber er hat danach auch die letzte Chance vertan, seine Disziplinlosigkeiten abzulegen. Die Barça-Fans haben zweifellos etwas Besseres verdient, als einen Spieler, den sie durch dick und dünn unterstützt haben, nun zu einem ihrer verhasstesten Rivalen ziehen zu lassen.

Aber eigentlich ist sein Abgang ein Segen für den Klub. Barça macht natürlich alles richtig, wenn es darum geht, so viel Geld wie möglich von PSG zu bekommen - aber es gibt wirklich keinen Grund, wegen Dembélé, wie von den Zeitungen behauptet, in den Krieg zu ziehen. Stattdessen sollte man sich lieber mit der Tatsache abfinden, dass sich eine der teuersten Verpflichtungen der Klub-Geschichte leider als die schlechteste herausgestellt hat.

Auf den Spieler Dembélé, ja sogar auf den Menschen Ousmane Dembélé, ist einfach kein Verlass. Vielleicht wird er nun sein Potenzial in Paris ausschöpfen, aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht das Thema. Wahrscheinlicher ist, dass Dembélé jetzt zum PSG-Problem wird. Die Barça-Fans werden wohl schnell begreifen, dass sie ohne ihn jetzt besser dran sind.

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