Diese Pleite dürfte dem FC Bayern München helfen: Kommentar zum bitteren Champions-League-Aus gegen Real Madrid

FC Chelsea, Chamions League 2012, München, Finale dahoam
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Der FC Bayern München ist unfassbar bitter, aber dennoch hochverdient im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid ausgeschieden. Für die langfristige Zukunft des Klubs war das womöglich gar nicht so schlecht. Die Situation ist aber komplizierter als nach der letzten titellosen Saison. Ein Kommentar.

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Barcelona 1999, München 2012 - der FC Bayern hat schon reichlich Erfahrungen mit ganz besonders bitteren Niederlagen gesammelt. Die Pleite im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid reiht sich im Verfolgerfeld der beiden größten Dramen ein.

Erst der Patzer des bis dahin überragenden Keepers Manuel Neuer vor dem 1:1 in der 88. Minute. Dann der vorschnelle Abseitspfiff bei Matthijs de Ligts potenziellem 2:2 tief in der Nachspielzeit, für den sich Schiedsrichter Szymon Marciniak anschließend sogar entschuldigte. Die Wut der Münchner auf Schiedsrichter und Schicksal war absolut verständlich.

So unfassbar bitter die Niederlage letztlich daherkam, so hochverdient ist sie bei nüchterner Gesamtbetrachtung aber auch. Der FC Bayern kämpfte zwar aufopferungsvoll, war im Rückspiel aber praktisch über die gesamte Spielzeit unterlegen. Exemplarisch sprach der xG-Wert mit 2,92 zu 0,38 überdeutlich für Real.

Wie beim Viertelfinale gegen den FC Arsenal setzte Thomas Tuchel - aufgrund des verfügbaren Spielermaterials und entgegen seiner eigentlichen Prinzipien - auf eine abwartende Spielweise. Mit Mia-san-mia-gerechtem Dominanz-Fußball hätten die Münchner vermutlich sowohl im Viertel- als auch im Halbfinale keine Chance gehabt, was prinzipiell natürlich auf keinen Fall der Anspruch sein darf. Gegen Arsenal profitierte der FC Bayern noch vom Plus an Erfahrung, gegen Real war dieser Bonus dahin.

Trotz aller Trauer dürfte diese Niederlage dem Klub langfristig helfen. In der vergangenen Saison übertünchte der Last-Minute-Meistertitel noch die schon damals offensichtlichen Kaderprobleme. Nach der ersten titellosen Saison seit elf Jahren führt nun kein Weg mehr an der längst überfälligen Neuausrichtung vorbei. Eine Finalteilnahme oder gar der Titelgewinn hätte diesen Prozess womöglich erneut verschleppt.

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Thomas Tuchel verlässt den FC Bayern München erhobenen Hauptes

Womöglich wäre all den verdienten Spielern im Schein des Henkelpotts doch noch das Vertrauen ausgesprochen worden, obwohl der Kader nach Änderungen schreit. Die Rufe nach einer Weiterbeschäftigung von Tuchel wären in der ohnehin schon unübersichtlichen Trainersuche gleichzeitig lauter geworden. Dieses Halbfinal-Aus und somit der Umstand einer titellosen Saison stellt nun einen klaren Bruch dar, der auch reinigend wirken kann. Fortan sollte alles, aber auch wirklich alles im Zeichen der Neuausrichtung stehen.

Tuchel verlässt den FC Bayern unterdessen erhobenen Hauptes, vor allem im Vergleich zur aufgewühlten Situation bei der Trennungsverkündung im Februar. Beachtlich, wie der Trainer mit der für ihn harten Entscheidung umgegangen ist und wie akribisch er dennoch weitergearbeitet hat. Verdient, wie ihn die mitgereisten Münchner Fans nach dem Abpfiff in Madrid feierten.

Tuchels Auswechslung von Harry Kane wirkte zwar merkwürdig, war laut des Trainers aber auf den Wunsch des Stürmers zurückzuführen, der über Rückenschmerzen klagte. Gleichwohl steht sie exemplarisch für diese von permanenten Verletzungsproblemen verseuchte Saison. Tuchel litt darunter, genau wie unter der mangelhaften Kaderzusammenstellung. Wieder und wieder musste er Spieler auf fremden Positionen einsetzen.

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FC Bayern München: Warum die Situation komplizierter ist als 2012

Als der FC Bayern in der Saison 2011/12 letztmals ohne Titel geblieben war, stellte sich die Situation generell weniger kompliziert dar als nun. Damals genoss Trainer Jupp Heynckes das Vertrauen der Klubführung und die Mannschaft verfügte über ein funktionierendes und nach dem verlorenen Finale dahoam maximal hungriges Gerüst.

Kein einziger Leistungsträger verabschiedete sich, stattdessen kamen mit Dante, Javi Martinez, Mario Mandzukic und Claudio Pizarro sinnvolle Verstärkungen. Womöglich der wichtigste Neuzugang war aber Sportvorstand Matthias Sammer, fortan als Mahner und Stratege tätig.

Diesmal steht zwar bereits die sportliche Führung um Max Eberl und Christoph Freund. Dafür braucht es jedoch einen neuen Trainer und einen Kaderumbruch mit Zugängen, aber gleichzeitig unbedingt auch namhaften Abgängen. Anders dürfte sich in München keine Aufbruchstimmung kreieren lassen.

Auf die letzte titellose Saison folgte übrigens mit dem Triple 2013 der bis dato größte Erfolg der Klubgeschichte. Mit Blick auf die kommende Saison besteht die Chance auf sogar noch mehr Ruhm, steigt doch das Champions-League-Finale 2025 in München.

FC Bayern, Logo
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FC Bayern München: Die restlichen Spiele des FCB in der Saison 2023/24

DatumWettbewerbGegner
12. Mai., 17.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (H)
18. Mai, 15.30 UhrBundesligaTSG Hoffenheim (A)