"Will keine Weltstars bei Laune halten"

Verstehen sich gut: Biegler (l.) bei einem Benefizspiel mit Stefan Kretzschmar
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SPOX: Sie haben Pommes angesprochen. Er geht wahrscheinlich in die letzte Saison seiner Karriere. Wie wichtig ist er noch für Hamburg?

Biegler: Pascal Hens hat eine unglaubliche Vita, hat fast alles erreicht. Für mich ist er im deutschen Handball neben Heiner Brand und Kretzsche die dritte Strahlkraft. Alle kennen ihn, auch über den Handball hinaus. Damit ist er für unseren Verein ein Aushängeschild, ein Vorreiter. Sie müssten mal erleben, wie er umlagert wird, wenn wir irgendwo auf dem Dorf Testspiele machen. Diese Stellung ist ihm aber ohnehin sicher. Wenn es nur darum ginge, könnte er direkt aufhören.

SPOX: Um was geht es dann? Was erwarten Sie von ihm in der kommenden Spielzeit?

Biegler: Es gab ein Gespräch zwischen uns, in dem wir eine Art Deal aushandelten. Ich finde, er sollte sportlich auf einem hohen Niveau abtreten, alles andere fände ich schade. Und diesen Anspruch hat auch er. Daran arbeiten wir.

SPOX: Die Außendarstellung des HSV war in der jüngeren Vergangenheit mitunter schlimm. Ist es zunächst das Wichtigste, wieder ein besseres Bild nach außen zu tragen?

Biegler: Ohne zurückblicken zu wollen ist es natürlich so, dass wir eine gewisse Seriösität und Konstanz an den Tag legen müssen. In Hamburg kommen nach wie vor viele Zuschauer zu den Heimspielen, die wollen wir mitnehmen, ihnen möglichst viele Feste bieten. Dazu ist es nötig, eine Mannschaft zu haben, die hart und gemeinsam arbeitet.

SPOX: Ein Fragezeichen steht dabei hinter Ihrer Doppelfunktion als HSV-Coach und als Nationaltrainer Polens. Bis zu Ihrer Vertragsunterzeichnung beim HSV verging viel Zeit. Waren Sie sich etwa selbst nicht sicher, ob beides unter einen Hut zu bekommen ist?

Biegler: Dass es so lange gedauert hat, war keine Zockerei. Erst musste die polnische Föderation, dann der HSV, überlegen, ob man den Trainer Biegler in dieser Konstellation haben will. Der musste sich dann entscheiden. Es verging so viel Zeit, weil man sich einig werden musste, in welcher Konstellation das funktioniert. Nun gibt es klare Absprachen.

SPOX: Sie zweifeln also nicht, ob es nicht doch zu viel werden könnte?

Biegler: Ich machte mir vorher reichlich Gedanken. Wochenlang, jeden Tag. Alles ist wohl überlegt. Ich hatte genügend Zeit alles abzuwägen, alles zu organisieren.

SPOX: Ideal ist eine Doppelfunktion aber trotzdem selten, oder? Auch wenn Sie nach der EM als Nationaltrainer aufhören.

Biegler: Ich bin wahrlich kein Freund von Doppelfunktionen. Erst recht nicht, wenn sie in der Außendarstellung nicht vertretbar sind. Davon gibt es viele, an denen sich kaum jemand stört. Aber eine Doppelfunktion als Nationaltrainer Polens und beim HSV gehört für mich nicht dazu. Ich bin schließlich nicht Nationaltrainer eines Landes und trainiere gleichzeitig in der Liga dieses Landes. Zudem handelt es sich um einen überschaubaren Zeitraum, der gut planbar ist. Für Dujshebaev beispielsweise ist es anstrengender, trotzdem gibt es keine Diskussionen. Er trainiert Ungarn und mit Kielce noch einen Klub, der in der Champions League vertreten ist.

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SPOX: Für die Polen scheint mir die Situation schwierig, weil sie ihren Trainer "teilen" müssen, obwohl mit der EM 2016 im eigenen Land ein absolutes Highlight ansteht.

Biegler: Der Prozess bei den Polen ist weit fortgeschritten, alles ist sehr gut vorbereitet. Ich muss nicht mehr über die Dörfer tingeln und mir ein Jugendtraining anschauen um zu verstehen, was, wann, warum passiert. Das habe ich bereits in den letzten zweieinhalb Jahren mit meinem Co-Trainer erledigt. Das Programm in Richtung EM ist längst fertig, das Paket steht.

SPOX: Und die Vorbereitung leidet nicht?

Biegler: Die polnischen Spieler bereiten sich zunächst in ihren Vereinen vor, ab dem 14. Dezember wird die Mannschaft dann zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Hamburg sein. Ich werde natürlich trotzdem auch zuvor schon in Polen sein, zum Beispiel um mir ein Vorbereitungsspiel von Kielce anzuschauen. Selbst das schaffe ich. Ich bin völlig entspannt, was diese Arbeit angeht.

SPOX: Was meinen Sie genau?

Biegler: Der Kader für die EM steht doch quasi schon. Da kommen kaum neue Spieler dazu, wir haben in Polen eben nicht so viele Spieler zur Auswahl. Junge Spieler haben sich schon empfohlen und werden das auch weiterhin tun können. Aber denen gehört erst nach der EM die Zukunft. Dann werden sie ihren Weg gehen.

SPOX: Was dürfen wir denn generell von der EM in Polen erwarten?

Biegler: Der Handball-Sport wird begeistert gefeiert werden. Die Organisation wird gut sein, in allen Hallen wird eine Mordsstimmung herrschen. Es wird super.

SPOX: Wenn Sie schon kein Saisonziel für den HSV ausgeben: Verraten Sie uns dann zum Abschluss wenigstens, wer deutscher Meister wird?

Biegler: Flensburg muss durch die Verpflichtungen den Anspruch haben, ganz vorne mitzumischen. Aber ich bezweifle, dass der deutsche Meister am Ende nicht THW Kiel heißen wird.

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