"Herr Siem, alles okay bei Ihnen?"

Marcel Siem und Caddie Guy Tilston hatten diese Saison schon jede Menge Frust-Momente
© getty

Am Donnerstag (17 Uhr im LIVE-TICKER) startet die 115. US Open in Chambers Bay an der Pazifikküste im Nordwesten der USA. Mit am Start: Marcel Siem. Als Einstimmung gibt's eine besondere Edition des SPOX-Par-10s, die sich um Deutschlands Nummer zwei dreht. Marcel Siem exklusiv über seine schönsten Momente, einen möglichen Major-Sieg und seinen Frust im unfassbar nervigen Jahr 2015.

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10. Der größte Moment! Wir schreiben das Jahr 2006. Das Jahr der Fußball-WM in Deutschland und der Zeitpunkt, als dieses ganze Public-Viewing-Gedöns angefangen hat. Wurscht. Hier soll es um den wichtigeren World Cup gehen. Um den, der im Dezember 2006 im Sandy Lane Resort and Country Club auf Barbados stattfand. Um den, bei dem Delroy Cambridge und Peter Horrobin aus Jamaika Letzter wurden, die USA mit Stewart Cink und J.J. Henry (was macht der eigentlich?) Fünfter und Deutschland nach einem Sieg im Stechen gegen Schottland (Colin Montgomerie/Marc Warren) Champion!

"Meinen unfassbarsten Moment hatte ich beim World Cup mit Bernhard. Ich war damals noch sehr, sehr jung (Du warst 27! Anm. d. Red.), okay, 27 fühlt sich jetzt mit 35 halt jung an. Auf jeden Fall war es sensationell, mit der Legende Bernhard Langer den World Cup zu gewinnen. So einen emotionalen Moment habe ich danach nicht mehr wieder erlebt."

9. Der größte Erfolg! Neben dem World-Cup-Triumph 2006 hat Siem vier European-Tour-Erfolge auf seinem Konto. Die Dunhill Championship 2004, die Open de France 2012, die Trophée Hassan 2013 und das BMW Masters 2014, bei dem er sich im Playoff dank eines genialen Chip-ins durchsetzte. Das war wohl der Schlag seines Lebens, also wohl auch der größte Erfolg?

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"Nein, für mich steht die Open de France noch ein wenig höher. In China war zwar das Preisgeld höher (918.944 Euro), aber in Frankreich war das Feld viel besser. Außerdem hatte ich davor acht Jahre nichts gewonnen. Dass ich da auf diesen letzten vier Löchern in Frankreich dem Druck standhalten konnte, hat mich sehr stolz gemacht." Die letzten Bahnen im Golf National sind speziell, welche Löcher stechen sonst noch heraus über die Karriere, die 17 in Sawgrass hast Du ja immer noch nicht gespielt... "Ich weiß, danke für die Frage. Die 15 und 18 im Golf National, wenn der Wind richtig weht, sind auf jeden Fall krasse Löcher."

8. Die bitterste Niederlage: Marcel, wir können nicht nur über Positives reden. In diesem Jahr läuft es eher so mittel, was ist eigentlich los? "Ich war echt selten so deprimiert wie dieses Jahr. Im Dezember war ich bei der Nedbank Challenge noch Vierter, bin aber dann wieder knapp an der Masters-Teilnahme vorbeigerauscht und habe sehr viel an der Technik herumgebastelt. Da denkt man, mit 35 weiß man jetzt langsam, wann man an der Technik arbeitet und wann nicht, aber man will sich einfach immer verbessern. Also dachte ich mir, dass die Zeit eigentlich perfekt dafür ist. Gerade ein Turnier gewonnen, auf dem Bank-Konto sieht es gut aus, es gibt eigentlich kein Risiko, let's go! Und dann geht das so nach hinten los! Ich habe drei Wochen lang in Florida extrem hart trainiert, Balance-Übungen gemacht und was nicht alles, aber dann geht es so in die Hose. Echt schrecklich."

Und es wird noch schrecklicher... "In Marokko den Cut um einen Schlag verpasst, bei der Heritage wieder knapp vorbei, bei der Honda einen Schlag an der Quali vorbei, in Pebble Beach einen Schlag an den Top-10 vorbei, immer dieser einer verdammte Schlag. (Und bei der Quali für die FedEx St. Jude Classic ging es schon wieder so weiter, unfassbar!) Jeder sagt dann: Was ist denn mit dem Siem los? Und nicht jeder hat jetzt das beste Golfverständnis und weiß, wie komplex unser Sport ist. Wir haben jede Woche 156 Spieler, von denen 100 das Ding gewinnen können. Einige meiner Sponsoren haben angerufen: 'Herr Siem, alles okay bei Ihnen?'"

7. Der unfassbarste Platz: "Ganz klar, Pebble Beach! Ich habe schon am Montag eine Proberunde gespielt, weil ich so heiß war. Ich habe noch auf keinem Golfplatz so viele Fotos gemacht wie in Pebble Beach. Allein schon, wenn man den Ocean Drive entlang fährt, oder schon die Fahrt vom Flughafen - Pebble Beach war das Schönste, was ich bisher gesehen habe. Dazu habe ich am dritten Tag mit der 63 in meiner ersten Turnierrunde in Pebble Beach einen Platzrekord geschossen, das war überragend." Jeder Golfer kommt unglaublich rum auf der Welt, wo war Marcel Siem aber eigentlich noch nicht? "Ich war tatsächlich noch nie in New York. Total bescheuert..."

6. Die Scorekarten: Es gibt die Typen Golfer, die konstant ihre Runden spielen und dementsprechend langweilige Scorekarten abgeben. Viele Pars, mal ein Birdie hier, ein Bogey da, braucht kein Mensch. Und dann gibt es Golfer wie Marcel Siem, die fast konstant brutale Ausschläge aufweisen - und zwar in beide Richtungen. Eine Andrey Pavlov'sche 17 mit 6 (!) Bällen ins Wasser wie jetzt in Atzenbrugg hat Siem jetzt noch nicht fabriziert, zum Glück, aber er hatte schon jede Menge Scorekarten, die zeigen, wie unfassbar Golf ist.

"Ich weiß noch, wie ich 2005 in Leopard Creek mein erstes Albatross spielte. Ein Albatross, dazu noch ein Eagle und drei Birdies, also acht unter. Und mit was komme ich ins Clubhaus? Mit Even Par. Na super. Aber ich bin ja bekanntermaßen ein Typ, der es lieber aufregend mag. Das wird sich auch nie ändern."

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