Dusan Vlahovic: Fette Flaute beim 70-Millionen-Mann! Der FC Bayern sollte von ihm lieber die Finger lassen

Von Mark Doyle
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Der 70-Millionen-Euro-Einkauf hat seit Februar kein Tor mehr in der Serie A geschossen. Dusan Vlahovics Form gibt große Rätsel auf.

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Es ist noch gar nicht so lange her, dass Dusan Vlahovic und Erling Haaland in einem Atemzug genannt wurden. Beide galten vor rund einem Jahr als DIE kommenden Tormaschinen in Europa. Sie bestachen durch ungemeine Wucht, Physis und Treffsicherheit.

Mittlerweile ist davon bei einem der Beiden nicht mehr viel übrig. Während Haaland nach seinem Wechsel von Borussia Dortmund zu Manchester City scheinbar mühelos einen Rekord nach dem anderen knackt, hat Vlahovic nach gutem Beginn bei Juventus mit einer schweren Krise zu kämpfen.

Der ehemalige Fiorentina-Star erlebt die schlimmste Durststrecke seiner Serie-A-Karriere: In den vergangenen elf Spielen, bei denen er neunmal in der Startformation des italienischen Rekordmeisters stand, blieb er torlos. Beim Topspiel gegen die SSC Neapel wurde er zuletzt erst kurz vor Schluss eingewechselt.

Kein Wunder, dass in Turin längst eine Debatte über seine miese Form im Gange ist.

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Dusan Vlahovic: "Ein Fremdkörper bei Juventus"

Fiorentina-Präsident Rocco Commisso konnte es sich vor einigen Wochen nicht verkneifen, seinen ehemaligen Stürmer bei einer Wirtschaftsveranstaltung in Florenz in die Pfanne zu hauen.

"Wir haben für Arthur Cabral und Luka Jovic zusammen 15 Millionen Euro bezahlt, und sie haben in den drei Wettbewerben, in denen wir spielen, bereits 20 Tore erzielt", prahlte Commisso in seiner Rede.

"Vlahovic hingegen hat in Turin zehn Tore geschossen, davon zwei per Elfmeter", so Commisso weiter. "Er steht bei genau der Hälfte unserer beiden Stürmer. Und bei all dem haben wir 70 Millionen Euro verdient. Der Cabral-Jovic-Deal war für uns hervorragend, im Gegensatz zum Juventus-Deal für Vlahovic."

Dem kann man schwerlich widersprechen, denn seit Commisso seine Rede hielt, ist der Abstand nur noch größer geworden. Cabral und der Ex-Frankfurter Jovic haben nun zusammen 26 Tore auf dem Konto, während Vlahovic in der Zwischenzeit nur ein einziges beisteuern konnte - einen weiteren Elfmeter. Die Eingewöhnungsphase des Angreifers bei Juve ist auch nach rund 15 Monaten noch nicht abgeschlossen.

Etwa drei Monate nach seiner Ankunft in Turin schrieb Fabio Licari in der Gazzetta dello Sport: "Die beste Nummer 9 der Liga ist immer noch ein Fremdkörper bei Juve."

Im vergangenen Jahr hat sich die Situation nicht verbessert; wenn überhaupt, wirkt Vlahovic isolierter und deplatzierter als je zuvor. Und einige Experten sind nicht im Geringsten überrascht.

Vlahovic: Darum passt er nicht zu Juventus

Antonio Cassano mag dieser Tage viele verrückte Dinge kundtun, aber er hat schon kurz nach der Bestätigung des Vlahovic-Wechsels von der Fiorentina zu Juve gesagt, dass der Angreifer seine Vereinswahl "sensationell falsch" getroffen habe.

"Juventus wird sich mit Allegri nicht verändern, weder nächstes Jahr noch in zehn Jahren", warnte der ehemalige italienische Nationalspieler damals auf Twitch bei 'BoboTV'.

Eine These, mit der Cassano diesmal nicht falsch lag. Schon in der vergangenen Saison gab es berechtigte Zweifel daran, dass Vlahovic wirklich zum Spielstil seines neuen Trainers passt.

Bei der Fiorentina hatte er unter Beppe Iachini, Cesare Pandelli und Vincenzo Italiano gespielt - drei Trainern, die einen anderen Stil verfolgten, eine deutlich mehr auf Angriff ausgerichtete Fußballphilosophie als der pragmatische Allegri.

Die Hoffnung war, dass Juve in dieser Saison einen offensiveren Ansatz verfolgen würde. Als Vlahovic nach Turin kam, lag die Mannschaft auf dem siebten Tabellenplatz, und Allegri verfolgte mit Erfolg eine Strategie des Siegens um jeden Preis, um noch einen Platz in der Champions League zu sichern.

Dieses Jahr sollte alles anders werden, vor allem für Vlahovic. Aus mehreren Gründen aber wählt Allegri weiter einen Ansatz, der in erster Linie auf Sicherheit ausgerichtet ist.

Erstens wurde Juve durch Verletzungen behindert, vor allem durch jene von Paul Pogba und Federico Chiesa. Zwei Spieler, die zweifellos einen großen Unterschied in der Offensive Juves gemacht hätten, wenn sie fit gewesen wären.

Zweitens hat der Abzug von 15 Punkten als Strafe für die dubiosen Finanzpraktiken des Klubs Allegri in Zugzwang gebracht.

Er muss Juve unbedingt so weit wie möglich nach oben bringen. Bei einem Klub, für den nur der Sieg zählt, ist es eigentlich egal, wie das dann aussieht.

Hässliche Siege sind bei den Bianconeri wieder einmal an der Tagesordnung.

Juventus Turin, Fans
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Vlahovic: Selbst Cristiano Ronaldo wurde kritisch gesehen

Das ist natürlich ein schwacher Trost für Vlahovic, der auf dem Spielfeld eine immer frustriertere Figur abgibt. Abseits des Platzes hat er seinen Instagram-Account gelöscht - und das nicht zum ersten Mal.

Vlahovic hat bereits zweimal eine Pause in den sozialen Medien eingelegt - als er für seine Leistungen viel Kritik einstecken musste.

"Es gab auch Kritik an Cristiano Ronaldo, als er kam", erklärte Allegri am Vorabend des Europa-League-Spiels gegen Sporting (1:0) vor einer Woche. "Dusan wird das Tor wieder treffen. Er ist 22 Jahre alt und hat sich auch technisch verbessert."

Der Coach führte aus: "Im Laufe deiner Karriere gibt es Momente, in denen es nicht so gut für dich läuft. Da musst du gelassen bleiben ... Dusan hat ganz bestimmte Eigenschaften, und es ist nicht so, dass er jetzt schwächer ist als damals, als er kam."

Die Zahlen lassen allerdings anderes vermuten.

Vlahovic muss die Ruhe bewahren

In seinen letzten 18 Monaten im Stadio Artemio Franchi traf er 41-mal in nur 65 Pflichtspielen und erzielte im Durchschnitt alle 126,7 Minuten ein Tor.

Bei Juve ist diese Zahl auf deutlich über 200 gestiegen. Er nutzt nur noch die Hälfte der Großchancen, die sich ihm bieten - bei der Fiorentina waren es noch 65 Prozent. Auch seine Gesamtschussquote und seine Schussgenauigkeit haben sich verschlechtert.

"Vlahovic muss einfach ruhig bleiben", sagte Allegri in einem Interview mit DAZN. "Hin und wieder verbraucht er zu viel Energie, also muss er es einfach ruhig angehen lassen. Wenn er erst einmal gelernt hat, das Spiel zu beherrschen, wird er weniger überhastet sein, wenn er den Ball bekommt, und er wird sicherer im Abschluss sein."

"Wir dürfen nicht vergessen, dass er erst seit einem Jahr bei Juventus ist, er macht sich gut und hat alles, was es braucht, um sich zu verbessern", mahnte der Trainer zur Ruhe.

Vlahovics Potenzial ist offensichtlich, aber man fragt sich, ob er es unter Allegri ausschöpfen kann.

Vlahovic: Das Juve-Trikot wiegt schwerer als andere Shirts

Die Beziehung zwischen Trainer und Spieler gilt als intakt. Umso verwunderlicher ist es, dass es Allegri nicht gelingt, Vlahovics Stärken optimal für das Spiel der Alten Dame zu nutzen.

Klublegende Alessandro Del Piero hat offen die Frage gestellt, ob "ein psychologischer Aspekt" im Spiel ist.

"Das Juventus-Trikot ist mit viel Druck verbunden", sagte Juves Sturmlegende Sky Sport Italia. "Diese Spiele, in denen man keine Tore schießt, belasten einen sehr."

Christian Vieri, ein weiterer ehemaliger Goalgetter der Turiner, vertritt dagegen eine andere Meinung. Für ihn liegt die Durststrecke in der Spielweise begründet. "Wenn man in einer Mannschaft aufläuft, die schlecht spielt, spielt man selbst auch schlecht", so Vieri in der Gazzetta. Bei Inter, so mutmaßte er, hätte Vlahovic schon 25 Tore erzielt.

Ex-Viola-Coach Prandelli sieht die Schuld ebenfalls nicht beim Serben: "Mein Ansatz war es immer, dass man einen Stürmer mit solchen Torjägerqualitäten im Spiel gezielt suchen muss", erklärte er Tuttomercatoweb. "Bei Juve dauert es viel zu lange, bis er den Ball bekommt."

Man dürfe Vlahovic "nicht nur die Drecksarbeit machen lassen. Das sollten andere machen und nicht der Stürmer, der Tore schießen soll. Er hat gezeigt, dass er weiß, wie man Tore schießt. Mit 20 Jahren hatte er schon 50 Tore in der Serie A auf dem Konto. Das müssen die anderen verstehen."

Bezeichnend: Während Vlahovic in dieser Saison in Italien mit Form und Fitness zu kämpfen hat, markierte er in den letzten sechs Einsätzen für Serbiens Nationalmannschaft sechs Tore.

FC Bayern, Sturm, Vctor Osimhen, Randal Kolo Muani, Harry Kane, Eric Maxim Choupo-Moting
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Juve kann jemanden wie Vlahovic nicht aufgeben

Im Januar 2022 wollte Vlahovic unbedingt zu Juve, und Juves Verantwortliche wollten ihn unbedingt. Ex-Förderer Iachini ist überzeugt, dass aus der einstigen Traumehe noch eine glückliche Beziehung werden kann

"Ich lese und höre viel Kritik an ihm, weil er nicht viele Tore schießt, aber alle Stürmer haben solche Phasen", sagte er Tuttosport. "Er hatte ein Leistenproblem, das es ihm nicht erlaubte, kontinuierlich zu trainieren. Das hilft ihm angesichts seiner Statur überhaupt nicht."

Iachini betonte, dass er Vlahovic als emsigen Arbeiter kennengelernt habe: "Als er nach Corona bei mir in Florenz war, brauchte er auch Zeit, um seine Form wiederzufinden. Aber ich hatte Vertrauen in ihn, und er war auch voller Selbstvertrauen. Er hat hart gearbeitet. Er war der Letzte, der den Trainingsplatz verließ, weil er immer lernen wollte."

Iachini ist sicher, dass Vlahovic diese Phase überwinden werde. Es sei wichtig, dass Juve "jemanden wie Vlahovic nicht aufgebe".

Das bleibt allerdings abzuwarten

Juve hat vorerst erfolgreich Einspruch gegen den heftigen Punktabzug eingelegt. Die Champions-League-Teilnahme ist damit wieder zum Greifen nah (Platz drei). Eine Saison ohne Königsklasse hätte finanziell eine Katastrophe bedeutet. Das hätte auch den Verkauf einiger Stars bedeuten können. Doch auch so hat die Alte Dame an Attraktivität verloren.

Vlahovic (Vertrag bis 2026) ist trotz des aktuellen Dilemmas der wertvollste Spieler im Kader. Klubs aus der Premier League beobachten seine Situation mit großem Interesse. Tabellenführer FC Arsenal wollte den 23-Jährigen bereits vor einem Jahr verpflichten. Nachbar Chelsea sucht ebenfalls händeringend einen Torjäger.

Und dann ist da noch der FC Bayern, der mutmaßlich einen Hochkaräter für das Sturmzentrum verpflichten wird. Vlahovic war bereits in der Vergangenheit ein Thema an der Säbener Straße und wird immer wieder als möglicher Neuzugang gehandelt. Der Bedarf an einer echten Nummer neun wurde dem deutschen Rekordmeister in den vergangenen Wochen vor Augen geführt.

Vlahovic hat bis zum Ende der Saison die Gelegenheit, seinen Wert zu demonstrieren - für Juventus und für mögliche Interessenten im Sommer.