Der tragische Held: Mutu trifft und patzt

SID
Fußball, EM, Adrian Mutu, Rumänien, Italien
© Getty

Zürich - Der Auftritt des rumänischen Ausnahmestürmers Adrian Mutu im EM-Spiel gegen Italien ist wie ein Spiegelbild seiner Karriere gewesen. Mal Held, mal gefallener Engel - ein Leben zwischen Glanz und Elend.

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"Ich bitte die Fans um Verzeihung", sagte der 29-Jährige vom AC Florenz kleinlaut nach dem 1:1 in Zürich. Erst hatte Mutu eine missratene Kopfball-Rückgabe von Gianluca Zambrotta eiskalt zum 1:0 (55. Minute) genutzt, dann scheiterte er per Strafstoß (81.) an Italiens Torwart Gianluigi Buffon.

"Kompliment an Buffon, das war kein Glück, es war Können", meinte Mutu. "Schade, mein Elfmeter hätte das Viertelfinale bedeuten können."

Piturca zeigt Verständnis

Rumäniens Nationaltrainer Victor Piturca hatte wohl eine Vorahnung, dass sein Star etwas zu selbstsicher zum Elfmeterpunkt schreiten könnte. "Als Paul Codrea an die Seitenlinie kam, habe ich ihn gebeten, Mutu auszurichten, er soll sich konzentrieren", erzählte er, "doch die Nachricht ist wohl nicht angekommen."

Einen Vorwurf wollte Piturca dem 63-maligen Nationalspieler und nun 29-fachen Torschützen nicht machen: "Dass man einen Elfmeter verschießt, das gibt es im Fußball.

Vielleicht sei Mutu auch durch Buffon etwas eingeschüchtert gewesen. "Er ist immerhin einer der besten Torhüter der Welt."

Beide kennen sich gut aus der italienischen Serie A, in der Mutu für Florenz in der letzten Spielzeit 17 Treffer erzielte.

"Ich wusste, dass Buffon eine Ecke auswählt und sich hineinwirft. Dies war diesmal nicht der Fall", ärgerte er sich.

Die Karriere-Tiefpunkte 

Verschätzt hat sich der in der Heimat "Briliantul" (Diamant) genannte Torjäger und Liebling des rumänischen Boulevards häufig. Seine erste Hochzeit mit der TV-Moderatorin Alexandra Dinu wurde live im Staatsfernsehen übertragen, der hässliche Scheidungskrieg war nicht weniger spektakulär.

Dass er im August 2006 mit 205 km/h in eine Radarfalle gerast war und den Führerschein verlor, gehört zu seinem Leben auf der Überholspur.

Tiefpunkt seiner sportlichen Karriere war aber der Rauswurf beim FC Chelsea, der ihn für 22,4 Millionen Euro vom AC Parma kaufte und nach nachgewiesenem Kokain-Konsum vor die Tür setzte.

Die Nachricht, dass der Weltverband FIFA eine Entschädigungsforderung des Ballack-Klubs an Mutu von zwölf Millionen Euro wohl für rechtens erachtet, erreichte den Rumänen im EM-Quartier.

Mannschaft hält zu Mutu

Seine Mitspieler scheinen ihm seine Kapriolen ebenso zu verzeihen wie den verschossenen Elfmeter gegen Italien. "Wir sind nicht böse auf Adrian, er hat sehr gut gespielt. Ihm ist es gelungen, unser Team in einigen Momenten mit sich zu ziehen", sagte Kapitän Christian Chivu.

"Wir sollten ihm keine Vorwürfe machen und ihm für seine Leistung danken. Wir freuen uns über dieses Unentschieden."

Bei uns gibt es nur ein Wort: Sieg!"

Schließlich kann EM-Außenseiter Rumänen als Zweiter der "Hammergruppe" C am Dienstag in Bern gegen die Niederlande aus eigener Kraft ins Viertelfinale einziehen.

Die WM-Finalisten Italien und Frankreich brauchen die Schützenhilfe des Teams von Marco van Basten. "Es war eine optimale Leistung. Wir werden von Spiel zu Spiel besser", urteilte Chivu. "Vielleicht wird man gegen Holland ein noch besseres Rumänien sehen. Bei uns gibt es nur ein Wort: Sieg!"

Seit die "Goldene Generation" um Georghe Hagi nach der EM 2000 abgetreten ist, gibt es nach achtjähriger EM-Abstinenz nun wieder einen Silberstreif für den rumänischen Fußball.

"Wir haben ein starkes Team, das bei dieser EM seinen Wert zeigt", lobte der einstige "Karpaten-Maradona" Hagi. "Gegen Italien haben wir auf Augenhöhe gespielt - immerhin gegen den Weltmeister."

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