EM

"Der zweite Stürmer wurde wegrationalisiert"

Von Interview: Jochen Tittmar
U-21-Coach Rainer Adrion war mehrere Jahre lang Trainer der Amateure des VfB Stuttgart
© getty

Am Donnerstag startet die deutsche U-21-Nationalmannschaft in die Europameisterschaft 2013 in Israel mit der Partie gegen die Niederlande (20.30 Uhr im LIVE-TICKER). Seit Juli 2009 wird Deutschlands Nachwuchs von Coach Rainer Adrion trainiert. Im Interview spricht Adrion über die Gegner in der Gruppe B, die etappenweise Arbeit mit seiner Mannschaft und erklärt, wie Deutschland in Zukunft mehr Talente auf der Linksverteidigerposition sowie im Sturm hervorbringen kann.

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SPOX: Herr Adrion, Sie haben mit Ihrem Team seit Oktober 2012 nur drei Spiele absolviert. Wie viel an mannschaftstaktischen Fortschritten geht denn durch die großen Abstände der Spieltermine verloren?

Rainer Adrion: Es ist sicherlich so, dass nicht mehr alles vollständig da ist, was acht Wochen zuvor erarbeitet wurde. Das geht nur mit Auffrischung durch Wiederholung. Wir haben nie die Zeit, um alle Dinge, die in den Vereinen abgearbeitet werden, so zu trainieren, dass es richtig fest sitzt. Die geistige Flexibilität der Spieler kommt da auf den Prüfstand und muss zunächst von der Theorie ausgehen. Das ist aber auch normal.

SPOX: Wie sieht die Ausrichtung bei der U 21 aus?

Adrion: In den Nationalmannschaften ist es nie einfach, da die Zeit zur Vorbereitung wie angesprochen immer relativ gering ist. Die Spieler kommen jedoch gut geschult aus den Vereinen hier an. Unsere Basis ist eine gute Arbeit gegen den Ball, um dann bestmöglich über unsere schnellen Spieler mit wenigen Spielzügen vor das gegnerische Tor zu kommen und dort gefährlich zu sein.

SPOX: Wie ist es um die körperliche Fitness der Spieler nach einer langen Saison bestellt?

Adrion: Es ist schon eine Art Gratwanderung, da man ja eigentlich der Meinung ist, dass eine Pause ganz gut tun würde. Aber jeder ist wiederum heiß, ein internationales Turnier bestreiten zu können und die Kräfte neu zu mobilisieren. Wir haben das erste Trainingslager am Chiemsee dazu genutzt, um noch einmal einen Leistungstest und medizinische Dinge wie ein Augenscreening sowie eine Zahnuntersuchung durchzuführen, damit es nicht zu unerwarteten Überraschungen kommt.

SPOX: Die U 21 wurde 2009 Europameister, 2011 scheiterte man jedoch bereits in der Qualifikation. Mit welchem Selbstverständnis geht man nun die Endrunde in Israel an?

Adrion: Wir haben eine starke Gruppe, doch man darf dazu nicht vergessen, dass unsere Gegner auch vor uns großen Respekt haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir im Kader eine gelungene Mischung gefunden haben. Wir haben uns so vorbereitet, dass wir in der Lage sind, die Spiele gegen die Mitfavoriten Niederlande und Spanien zu gewinnen. Wenn dies gelingt, werden wir am Ende auch ganz vorne mit dabei sein.

Warmlaufshirts mit hebräischem Schriftzug - Adrion-Jungs mir besonderer Geste

SPOX: Man erhofft sich von der aktuellen Spielergeneration der U 21, dass ein ähnlicher Entwicklungssprung wie bei den Europameistern von 2009 gelingt. Wie schätzen Sie das Potential ein?

Adrion: Unser Team ist dem von 2009 ähnlich. Wir haben auch Spieler dabei, die über die U-21-EM sicherlich den nächsten Schritt nehmen werden. Dazu gehören aus dem derzeitigen Jahrgang bereits einige Spieler fest zur A-Nationalmannschaft. Diese Entwicklung traue ich auch jetzt einigen meiner Spieler zu.

SPOX: Im Gegensatz zu anderen Nationen verzichten Sie in Ihrem Kader auf Spieler, die schon in der A-Nationalmannschaft aufgelaufen sind. Ist das den Umständen der USA-Reise geschuldet oder ein Dankeschön an die Spieler, die die EM-Qualifikation so souverän gemeistert haben?

Adrion: Dem Ganzen liegt natürlich ein sportliches Konzept zugrunde, über das Joachim Löw und ich ausführlich diskutiert haben. Wir sind der Meinung, dass U-21-spielberechtigte Akteure wie Mario Götze, Julian Draxler oder Andre Schürrle bereits so nah am Stammplatz in der A-Nationalmannschaft sind, dass wir sie lieber dort behalten wollen. Wir vertrauen diesem Team, das die EM-Quali bestritten hat, ohne Wenn und Aber.

Seite 2: Adrion über die Gegner, Holtby und das Stürmer- und Linksverteidiger-Problem