Ex-Dortmund-Talent Marian Sarr im Interview: "Ich habe nicht aus Zufall beim BVB gespielt"

Marian Sarr spielte von 2013 bis 2016 beim BVB.
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Wie sieht es mittlerweile mit Schienbein und Hüfte aus, wie prophylaktisch müssen Sie da vorgehen?

Sarr: Vor jedem Training mache ich 15, 20 Minuten lang Übungen, um meine Hüfte mobil zu machen und schon leicht aufgewärmt den Platz zu betreten. Das ist immens wichtig für mich. Mit allen anderen Körperteilen habe ich gar keine Probleme mehr. (lacht)

Nach zwei Jahren in Wolfsburg ging es 2018 für eine Saison zum VfR Aalen in die 3. Liga. Dort stand am Ende jedoch der Abstieg. Hatten Sie die Wölfe aufgrund der besseren sportlichen Perspektive verlassen?

Sarr: Hauptgrund für den Wechsel war, dass mich Trainer Argirios Giannikis holen und ich nach den guten Gesprächen mit ihm auch zu ihm wollte. Zwei Jahre in der Regionalliga haben zudem gereicht, daher waren Aalen und die 3. Liga attraktiv für mich.

In Aalen schossen Sie im ersten Spiel gleich ein Tor, kamen insgesamt aber nur auf elf Startelfeinsätze.

Sarr: Anfangs hat es sehr gut für mich gepasst. Ich kam auf meine Einsätze, auch wenn die Ergebnisse leider hätten besser sein müssen. Als die Ergebnisse unter Argirios Giannikis ausblieben, lief es dann auch für mich nicht mehr zufriedenstellend. Am Ende sind der Verein und ich im Guten auseinandergegangen.

Das war auch deshalb möglich, weil Ihr Vertrag durch den Abstieg in die Regionalliga seine Gültigkeit verlor. In diesem Sommer gingen Sie zu Carl Zeiss Jena und blieben somit in Liga 3. Auch dort trafen Sie gleich im ersten Spiel und zwar innerhalb von 13 Minuten doppelt - allerdings ins eigene Tor. Wie sind Sie damit umgegangen?

Sarr: Ich dachte mir nur: Es kann nicht wahr sein, dass das jetzt echt passiert ist. Auch danach war es komisch, weil ich überhaupt nicht das Gefühl hatte, dass wir dieses Spiel gegen Ingolstadt hätten verlieren müssen. Und dann ist man mit zwei Eigentoren noch selbst der Depp - das war schon extrem bitter. Es ist einfach maximal unglücklich gelaufen für mich.

Dadurch wurden Sie der erste Spieler in der Geschichte der 3. Liga, dem zwei Eigentore in einem Spiel unterliefen.

Sarr: Das ist jetzt mit dem Abstand schon irgendwie amüsant. (lacht) Ich musste mir natürlich auch ein paar Sprüche gefallen lassen, aber keiner hat mich für die Niederlage verantwortlich gemacht. Ich würde gerne auf den Rekord verzichten, das ist ja klar.

Aktuell steht Jena mit sechs Punkten aus 15 Spielen abgeschlagen am Tabellenende - und Sie wurden Ende September 2019 zusammen mit zwei weiteren Spielern aus disziplinarischen Gründen in die Oberligamannschaft versetzt. Was ist geschehen?

Sarr: Ich habe die ersten fünf Spiele gemacht. Dann sagte Trainer Lukas Kwasniok zunächst, dass ich erst einmal raus sei und Einzeltraining hätte, um fit zu werden. Das war für mich schwer nachzuvollziehen, denn ich hatte ja unter ihm diese fünf Spiele gemacht. Wenn ich nicht fit gewesen wäre, hätte er mich ja gar nicht aufstellen dürfen. Deshalb war ich schon extrem enttäuscht, aber ich habe diese Maßnahme angenommen und wollte ihn eines Besseren belehren. Ich habe das Training durchgezogen und auch viele Zusatzeinheiten absolviert.

Wie kam es dann schließlich zur Versetzung in die U21, die auch Kilian Pagliuca und Ole Käuper traf?

Sarr: Nach einem Testspiel gegen Dynamo Dresden wurden wir zu dritt ins Büro zitiert. Es hieß, dass wir aus unterschiedlichen Gründen - bei mir war es die Fitness - auf einmal in die U21 versetzt werden. Das war sehr hart und hatte, ob gewollt oder nicht, zur Folge, dass wir plötzlich am Pranger standen und für die Öffentlichkeit die Sündenböcke waren.

Kwasniok wurde zwischenzeitlich entlassen. Neuer Trainer ist Rico Schmitt, den Sie schon aus Aalen kennen. Wie sieht die Situation seitdem für Sie aus?

Sarr: Wir haben alle eine neue Chance. Rico Schmitt hat uns wieder in die erste Mannschaft integriert und ich weiß aus Aalen, was er von einem verlangt. Es liegt nur an mir, ihm zu zeigen, dass er auf mich zählen kann.

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Vor Jahren noch als Jahrhunderttalent bezeichnet worden, nun zwischenzeitlich bis in die Oberliga abgerutscht: Was macht es mit Ihnen, wenn Sie wie an manchen Stellen in den Medien als abgestürztes Talent bezeichnet werden?

Sarr: Das ist schon hart und tut weh, wenn man so etwas lesen muss. Man kommt ja auch nicht drum herum. In den sechs Jahren seit Dortmund ist enorm viel passiert. Das reicht bei anderen für eine ganze Karriere. Ich habe viel mitgemacht, aber es haut mich nicht um. Natürlich war die Oberliga absolut nicht mein Anspruch. Durch diese Phase musste ich jetzt leider gehen. Ich möchte es aber allen Leuten, die mich abgeschrieben haben, noch einmal zeigen.

Wie sieht es in Ihnen drin aus, fühlen Sie sich selbst abgestürzt?

Sarr: Es ist mein Werdegang, da kann ich mich nicht gegen wehren. Ich habe mittlerweile viele Facetten dieses Geschäfts kennengelernt und weiß, dass es auch schnell wieder in die andere Richtung gehen kann. Ich stand ja schon auf beiden Seiten. Mir ist klar, dass ich an dieser Entwicklung einen größeren Anteil habe und Konstanz brauche. Ich bin aber zum Glück noch nicht 28 oder 30. Das Wichtigste ist jetzt, dass ich mich nicht hängen lasse, den Kopf oben behalte und die richtigen Schlüsse aus meinen Erfahrungen ziehe.