Geht es nach Sky -Experte Dietmar Hamann, würde BVB-Kapitän Marco Reus keine Rolle bei der Kadernominierung für die WM 2022 in Katar spielen. Der Grund: Der freiwillige Verzicht von Reus auf die EM im Sommer.
"Er hat in den sechs Monaten davor mit den besten Fußball seiner Karriere gespielt", lobte Hamann den 32-Jährigen zunächst in der Sendung Projekt Weltmeister - Road to Qatar : "Er wäre zur EM eingeladen worden, und ich glaube auch, dass wir ihn gut hätten gebrauchen können. Wenn du aus freien Stücken ein großes Turnier sausen lässt, dann ist deine Karriere als Nationalspieler beendet."
Reus hatte vor der Kaderbekanntgabe für die Euro durch Joachim Löw nach eigenen Angaben "gemeinsam mit dem Bundestrainer beschlossen, nicht mit zur EM zu fahren" . Als Grund dafür führte er die "komplizierte, kräftezehrende und am Ende 'Gott sei Dank' erfolgreiche Saison" mit dem BVB an, die mit dem Pokalsieg in Berlin endete.
Die Entscheidung zum EM-Verzicht sei ihm "sehr schwer gefallen", teilte Reus im Sommer weiter mit, "aber nach einem sehr intensiven Jahr für mich persönlich und dem Erreichen der Ziele beim BVB bin ich zum Entschluss gekommen, meinem Körper Zeit zu geben, um sich zu erholen".
Reus hatte in seiner verletzungsdurchseuchten Karriere einige große Turniere mit der Nationalmannschaft verpasst - darunter auch den Gewinn des vierten WM-Titels beim Turnier in Brasilien 2014, zu dem er aufgrund eines Sydesmosebandrisses, den er sich im letzten Vorbereitungsspiel zuzog, nicht anreisen konnte.
Quali-Zeugnis: Löw-Liebling schwächelt - Sorgenkind jetzt Schlüsselfigur
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Die deutsche Nationalmannschaft hat sich mit 27 von 30 möglichen Punkten für die WM in Katar qualifiziert. Nach dem 4:1 in Armenien ist es an der Zeit, alle eingesetzten Spieler zu bewerten. Das Quali-Zeugnis von SPOX und GOAL.
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Tor - Manuel Neuer - Einsätze: 6 - Minuten: 540 - Kassierte in der Quali kein einziges Gegentor. Wirklich auszeichnen musste er sich in seinen Einsätzen aber auch nicht. Unter Flick ist und bleibt der Welttorhüter fest gesetzt. Note: 2.
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Tor - Marc-Andre ter Stegen - Einsätze: 3 - Minuten: 270 - Alle vier Gegentreffer musste der Schlussmann des FC Barcelona hinnehmen. Das war aber meist seinen Vorderleuen geschuldet. Einen Patzer leistete sich ter Stegen nicht. Note: 3,5.
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Tor - Bernd Leno - Einsätze: 1 - Minuten: 90 - Bekam seine Chance beim Flick-Debüt in St. Gallen gegen Liechtenstein und hielt die Null. Gefordert wurde der Arsenal-Keeper allerdings nicht. Note: 2,5.
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Abwehr - Lukas Klostermann - Einsätze: 5 - Minuten: 319 - In zwei Quali-Partien unter Löw von Anfang an gesetzt, musste sich Klostermann nach Flicks Ankunft meist mit der Bank begnügen. Wenn er zum Einsatz kam, überzeugte der Leipzig-Profi kaum. Note: 4.
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Abwehr - Niklas Süle - Einsätze: 5 - Minuten: 420 - Einer der Gewinner unter Flick. Süle überzeugte in jedem Einsatz nach dem Bundestrainer-Wechsel und dürfte, wenn er fit bleibt, im kommenden Jahr als Stammspieler nach Katar reisen. Note: 2.
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Abwehr - Matthias Ginter - Einsätze: 5 - Minuten: 377 - Löws Liebling betrieb in der Quali keine Werbung in eigener Sache. Unter Flick spielte er nur einmal von Anfang an - beim 4:1 gegen Armenien. Andere Akteure sind klar vor ihm. Note: 4.
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Abwehr - Antonio Rüdiger - Einsätze: 7 - Minuten: 630 - Kann auf ein fantastisches Kalenderjahr mit einigen Top-Leistungen im DFB-Dress zurückblicken. Besonders stark: sein 50-Meter-Pass zum 1:0 in Rumänien oder sein Kopfballtor in Island. Note: 1,5.
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Abwehr - Thilo Kehrer - Einsätze: 7 - Minuten: 605 - Noch so ein Spieler, den Flick wieder aufpäppelte. War in allen sieben Spielen unter dem neuen Coach von Beginn an mit dabei - und überzeugte mal als Innen-, mal als Linksverteidiger. Note: 1,5.
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Abwehr - Jonathan Tah - Einsätze: 1 - Minuten: 90 - Zeigte sich zuletzt bei Bayer Leverkusen stark verbessert und verdiente sich einen Einsatz beim Quali-Abschluss. Seine Leistung war gut, die Konkurrenz auf seiner Position ist aber enorm. Note: 3.
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Abwehr - Emre Can - Einsätze: 3 - Minuten: 270 - Verletzungsbedingt ohne einzigen Einsatz unzer Flick. In den drei Quali-Partien unter Löw agierte Can als Linksverteidiger - und machte seine Sache ordentlich. Auch er hat viel Konkurrenz. Note: 3,5.
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Abwehr - Robin Gosens - Einsätze: 3 - Minuten: 172 - Erlebte aus Quali-Sicht kein allzu überzeugendes und gutes Länderspiel-Jahr. Im Oktober zog er sich eine Oberschenkelverletzung zu, die ihn für die restlichen Länderspiele ausbremste. Note: 4.
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Abwehr - David Raum - Einsätze: 3 - Minuten: 187 - Ein Flick-Neuling für die linke Abwehrseite, der seine Sache beim 4:0 in Nordmazedonien sehr ordentlich machte, bei seinem zweiten Startelf-Einsatz gegen Armenien aber eher blass blieb. Note: 3,5.
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Abwehr - Christian Günter - Einsätze: 1 - Minuten: 90 - Beackerte beim 9:0 gegen Liechtenstein die linke Abwehrseite und wusste dabei durchaus zu gefallen. Dürfte für Flick mit Blick auf Katar eine weitere Alternative für die LV-Position sein. Note: 3.
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Mittelfeld - Jonas Hofmann - Einsätze: 7 - Minuten: 395 - Vom Reservisten unter Löw zur Stammkraft auf der rechten "Schiene" unter Flick. Kaum ein Akteur profitierte so von dem Trainerwechsel wie Hofmann. Gegen Armenien überragend. Note: 1,5.
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Mittelfeld - Ridle Baku - Einsätze: 3 - Minuten: 156 - Galt nach Flicks Ankunft als potenzieller Stammspieler, überzeugte aber nur bedingt und ließ sich von Hofmann den Rang ablaufen. Immerhin mit einer guten Leistung im vorletzten Spiel. Note: 3,5.
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Mittelfeld - Joshua Kimmich - Einsätze: 8 - Minuten: 683 - Zuverlässiger Leader und Spielgestalter im Zentrum. Verpasste die letzten beiden Spiele der Quali nur wegen des Corona-Wirbels um Niklas Süle. Flick baut fest auf Kimmich. Note: 2.
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Mittelfeld - Leon Goretzka - Einsätze: 9 - Minuten: 634 - Steuerte mit acht Torbeteiligungen einen wesentlichen Anteil zur erfolgreichen Quali bei. Bekam nur im letzten Spiel eine Verschnaufpause. Brutal wichtig für das DFB-Team. Note: 1,5.
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Mittelfeld - Ilkay Gündogan - Einsätze: 8 - Minuten: 586 - Revidierte nach Rücksprache mit Flick seine Rücktrittsgedanken und stellte in der Quali durchaus seinen Wert für die Mannschaft zur Schau. Erzielte fünf Tore. Note: 2.
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Mittelfeld - Florian Neuhaus - Einsätze: 5 - Minuten: 146 - Licht und Schatten, wie auch gegen Armenien, als er einen Elfmeter herausholte und einen verschuldete. Um sich der Konkurrenz zu erwehren, braucht Neuhaus im Verein mehr Spiele. Note: 3,5.
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Mittelfeld - Maximilian Arnold - Einsätze: 2 - Minuten: 56 - Nach Kimmichs Ausfall für die letzte Abstellungsperiode des Jahres nachnominiert, machte Arnold seine Sache solide. Eine WM-Teilnahme wäre trotzdem eine Überraschung. Note: 3.
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Mittelfeld - Julian Brandt - Einsätze: 1 - Minuten: 30 - Nach fast einem Jahr ohne Einladung von Flick reaktiviert, durfte Brandt beim Quali-Abschluss eine halbe Stunde mitwirken. Muss sich beim BVB für weitere DFB-Minuten empfehlen. Note: 3,5.
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Mittelfeld - Jamal Musiala - Einsätze: 6 - Minuten: 148 - Nicht nur die Zukunft, auch schon die Gegenwart, wie die Quali zeigte. Der 18-Jährige traf beim 4:0 in Nordmazedonien - sein erstes von wohl vielen Toren im Nationaldress. Note: 2.
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Mittelfeld - Florian Wirtz - Einsätze: 4 - Minuten: 76 - Noch so ein Hoffnungtsräger, der unter Flick aufblüht. Zwei Assists in 76 Minuten machen Lust auf mehr. Bitter: Wie Musiala verpasste auch Wirtz die letzten zwei Spiele in 2021. Note: 2,5.
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Mittelfeld - Amin Younes - Einsätze: 3 - Minuten: 39 - Feierte infolge eines Leistungshochs in Frankfurt sein DFB-Comeback in der Quali unter Löw, spielt nach einem Sommer zum Vergessen aber weder eine Rolle in seinem Klub noch beim DFB. Note: 4,5.
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Angriff - Karim Adeyemi - Einsätze: 3 - Minuten: 48 - Wurde erstmals von Flick zur A-Nationalelf geholt und beeindruckte mit einem Tor und einer Vorlage. Setzt er seinen Lauf fort, ist dem treffsicheren Adeyemi ein Kaderplatz für Katar sicher. Note: 2,5.
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Angriff - Marco Reus - Einsätze: 4 - Minuten: 248 - Wie Gündogan bewegte Flick auch Reus zum Weitermachen - und der zahlte das Vertrauen des Bundestrainers mit sechs Scorerpunkten in vier Quali-Einsätzen zurück. Katar calling! Note: 2.
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Angriff - Kai Havertz - Einsätze: 8 - Minuten: 489 - Spielte mit zwei Toren und drei Assists eine ordentliche Quali. Hinterließ aber auch häufig den Eindruck, noch beständiger in seinen Leistungen werden zu können. Note: 3.
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Angriff - Thomas Müller - Einsätze: 4 - Minuten: 252 - Griff erstmals im Oktober in die Quali ein, war mit seinem Siegtor zum 2:1 über Rumänien aber sofort zur Stelle und sammelte in seinen übrigen drei Einsätzen fünf weitere Torbeteiligungen. Note: 2.
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Angriff - Leroy Sane - Einsätze: 9 - Minuten: 682 - Blühte unter Flick grandios auf und avancierte zu einem der wichtigsten, wenn nicht sogar dem wichtigsten Spieler des DFB-Teams auf dem Weg nach Katar. Note: 1,5.
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Angriff - Serge Gnabry - Einsätze: 8 - Minuten: 577 - Mit einer Ausbeute von fünf Toren gemeinsam mit Werner der treffsicherste Quali-Angreifer der Deutschen. Überragend: sein Auftritt beim 6:0 gegen Armenien. Note: 1,5.
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Angriff - Timo Werner - Einsätze: 8 - Minuten: 470 - Auch dem Chelsea-Stürmer tat der Trainerwechsel gut. Seine fünf Quali-Treffer markierte Werner allesamt unter Flick. Spielerisch hapert es aber nach wie vor. Note: 2,5.
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Angriff - Kevin Volland - Einsätze: 2 - Minuten: 44 - Noch ein nachnominierter Spieler, der in den letzten zwei Quali-Spielen noch einmal jeweils zu einem Kurzeinsatz kam. Eine WM-Teilnahme wird für Volland schwierig. Note: 3,5.
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Angriff - Lukas Nmecha - Einsätze: 2 - Minuten: 74 - Wurde nach zuletzt guten Leistungen in Wolfsburg erstmals zur A-Nationalelf eingeladen. Bitter, dass er bei seinem Debüt gegen Liechtenstein den Pfosten traf. Note: 3.
BVB-Kapitän Reus nach EM-Verzicht in der Kritik Mit der Kritik an Reus' EM-Verzicht im Sommer steht Hamann nicht alleine da. Auch Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln zeigte kein Verständnis für die Entscheidung des Dortmunder Mannschaftskapitäns : "Der Junge ist in überragender Form, diese EM ist für ihn mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die letzte Chance, einen großen Titel zu gewinnen - und er macht lieber Urlaub. Diese Entscheidung finde ich sehr speziell", sagte Baumgart dem Westfalen-Blatt .
Vor seinem EM-Verzicht war Reus zwei Jahre lang von Bundestrainer Löw nicht mehr zur Nationalmannschaft eingeladen worden oder hatte Länderspiele aufgrund von Verletzungen verpasst. Löw-Nachfolger Hansi Flick hält jedoch große Stücke auf den Offensivspieler und nominierte ihn direkt für die ersten WM-Qualfiikationsspiele unter seiner Leitung.
Reus zahlte das in ihn gesetzte Vertrauen zurück, erzielte im Verlauf der nun abgeschlossenen Qualifikation zwei Tore und bereitete zudem vier Treffer vor. Dennoch kann Hamann die Entscheidung Flicks, Reus sofort zurückzuholen, nicht nachvollziehen.
"Wenn er jetzt überragende zwölf Monate spielt und dann mit nach Katar fliegt, wäre das völlig okay. Dann trifft man eine kurzfristige Entscheidung", sagte Hamann, "aber ihn jetzt schon immer einzuladen, passt für mich nicht."
Hamann hatte bei Sky seinen 23-köpfigen WM-Kader nach jetzigem Stand veröffentlicht und keinen einzigen Dortmunder Profi berücksichtig. Auch Mats Hummels schaffte es nicht in Hamanns Aufgebot für Katar, weil dieser nach Meinung des Experten zu alt und zu langsam sei.