Das macht Inter so stark

Von Daniel Börlein
Inters zentrale Figuren: Jose Mourinho, Lucio, Esteban Cambiasso und Samuel Eto'o (von links)
© spox

Inter Mailand steht im Finale der Champions League - und das nicht ohne Grund. Durch taktisch überragende Auftritte warfen die Italiener nicht nur Mitfavorit Chelsea aus dem Wettbewerb, sondern stoppten auch den FC Barcelona. Die Gründe? Ein ausgeklügeltes Defensivkonzept. Ein Spieler, der überragend antizipiert und eine Offensive, die perfekte Positionswechsel demonstriert. Eine Analyse in vier Teilen.

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Die Grundordnung

Jose Mourinho setzt auf ein 4-2-3-1-System. Mit Diego Milito, Samuel Eto'o und Goran Pandew (oder Mario Balotelli) bietet der Inter-Coach in der Regel zwar drei gelernte Stürmer auf, spielen lässt der Portugiese allerdings nur mit einer echten Spitze. Diesen Platz im Angriffszentrum nimmt Stoßstürmer Milito ein.

Die beiden anderen Angreifer sind auf die Außenpositionen einer offensiven Dreier-Mittelfeldreihe zurückgezogen und flankieren den zentralen offensiven Mittelfeldspieler Wesley Sneijder. Dahinter agieren mit Esteban Cambiasso und Dejan Stankovic, der gegen die Bayern den gesperrten Thiago Motta vertritt, zwei klassische Sechser im Zentrum vor der Viererkette.

In der Defensive: Zwei Viererreihen

Bei Ballbesitz des Gegners wird aus dem 4-2-3-1 in der Regel ein 4-4-1-1. Die beiden offensiven Außenspieler (Eto'o und Pandew/Balotelli) lassen sich dann auf Höhe der beiden Sechser fallen und rücken etwas ein, um das Zentrum zu verstärken und von innen nach außen verteidigen zu können (siehe Bild 1). Zwei Viererreihen entstehen.

Aber: Der jeweilige offensive Außenspieler (z.B. Pandew auf links) verschiebt, wenn er sich auf der ballfernen Seite befindet, meist nicht konsequent mit der Mittelfeldreihe Richtung Ball, sondern positioniert sich lediglich so, dass er die Lücke zu seinem defensiven Mittelfeldspieler (Cambiasso oder Stankovic) schließen kann, sobald sich das Spielgeschehen auf seine Seite verlagert (siehe Bild 2). Denn: Bei Ballgewinn sollen sowohl Eto'o als auch Pandew/Balotelli auf der ballfernen Seite starten, um für den schnellen Ball in die Spitze verfügbar zu sein.

Vor den beiden Viererreihen fungieren Sneijder und Milito als Störspieler, deren vornehmliche Aufgabe es ist, die Passwege ins Zentrum der eigenen Hälfte zuzustellen. Sind beide überspielt, ist Sneijder in der Regel von Defensivaufgaben befreit und wartet als erste Offensivstation auf den schnellen Ballgewinn und das Anspiel in den Fuß, während Milito auf Höhe der Innenverteidiger und immer an der Grenze zum Abseits auf den langen Ball lauert.

Die beiden Innenverteidiger (Lucio und Samuel) stehen in der Regel sehr tief, meist nur wenige Meter auseinander und verzichten darauf, auf Abseits zu spielen (siehe Bild 3). Der Pass in die Tiefe durch die zentrale Schnittstelle der Viererkette soll dadurch verhindert werden. Die Folge: Die gegnerischen Angreifer können kein Tempo aufnehmen, dadurch nur wenig Bewegung erzeugen und, wenn überhaupt, nur mit dem Rücken zum Tor agieren. Der direkte Abschluss durch einen Stürmer wird somit erschwert.

Wunder Punkt zwischen Abwehr und Mittelfeld

Ungewöhnlich: Selbst wenn die eigene Mittelfeldreihe aggressiv gegen den Ball arbeitet (meist bei Rückstand oder Remis) bzw. in Ballbesitz nach vorne schiebt, rückt die Innenverteidigung nicht konsequent nach, was man normalerweise tut, um die Abstände zu halten und die Räume nicht zu groß werden zu lassen (siehe Bild 4).

Der Grund: Wird der Gegner unter Druck gesetzt oder der Ball in der eigenen Vorwärtsbewegung verloren, steigt die Wahrscheinlichkeit eines schnellen langen Balles, der umso gefährlicher ist, je größer der Raum hinter den beiden Innenverteidigern ist.

Dieser Gefahr wollen sich Lucio und Samuel nicht aussetzen, wohl vor allem auch, weil Samuel nicht der Schnellste ist. Dennoch: Dieser Raum zwischen defensivem Mittelfeld und Innenverteidigung, der bisweilen verhältnismäßig groß wird, ist ein wunder Punkt des italienischen Double-Gewinners.

Teil 2: Das Defensivbollwerk

Teil 3: Der Lückenspieler

Teil 4: Das Offensivspiel