Das macht Inter so stark

Von Daniel Börlein
Inters zentrale Figuren: Jose Mourinho, Lucio, Esteban Cambiasso und Samuel Eto'o (von links)
© spox
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Das Defensivbollwerk

Inter hat derzeit sicher die am schwersten zu knackende Defensive im europäischen Vereinsfußball. In der abgelaufenen Saison der Serie A spielte die Mourinho-Elf 17-mal zu Null. In den sechs Begegnungen der K.o.-Phase der Champions League gab's gerade mal drei Gegentreffer.

Um defensiv derart wenig zuzulassen, wählt Inter zwischen zwei Defensivvarianten aus, die sich vor allem nach Spielstand und Stärke des Gegners richten. Bei Remis oder Rückstand versuchen die Nerazzurri, den Gegner frühzeitig zu stellen, den Druck in Ballnähe spätestens ab der Mittellinie zu forcieren und den Ball weit weg vom eigenen Tor zu erobern.

Sechser verdichten den Raum

Dazu rückt Sneijder auf Militos Höhe und stört zusammen mit dem Argentinier den Spielaufbau der gegnerischen Viererkette. Auf dem Flügel schieben Eto'o und Pandew/Balotelli hinterher, sobald der Ball zu einem Außenverteidiger wandert. Nur wenige Meter dahinter versetzt, verdichten die beiden Sechser den Raum im Zentrum und stellen den Gegner nach Möglichkeit noch mit dem Rücken zum eigenen Tor (siehe Bild 1 bis 6).

Zwar entsteht dadurch auch immer ein Loch zwischen Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld (siehe Grundordnung). Um Druck auszuüben und den Ball frühzeitig erobern zu können, nimmt Inter dieses Risiko allerdings in Kauf. Zudem verfolgen die beiden Innenverteidiger die gegnerischen Angreifer quasi als Manndecker, wenn diese sich als Anspielstationen in den freien Raum bewegen (siehe Bild 7 bis 10).

Inters Spiel gegen den Ball ist hingegen sehr variabel. Nicht immer wird bei Rückstand oder Remis derart früh und mit allen Angriffs- und Mittelfeldspielern attackiert. Vielmehr streut Inter immer mal wieder einen Rhythmuswechsel ein, lässt sich im Block einige Meter zurückfallen und nur Sneijder und Milito leichtes Forechecking betreiben.

Ist Inter in Führung bzw. mit einem Ergebnis zufrieden, ändert sich das Defensivverhalten nochmals. Die komplette Mannschaft steht dann 15 bis 25 Meter tiefer (siehe Bild 11 bis 14). Die Innenverteidigung ist an der Strafraumgrenze postiert, die Außenverteidiger rücken ein, die Mittelfeldreihe wartet nur wenige Meter vor der Viererkette. Selbst Sneijder muss dann Abwehrarbeit verrichten.

Flanken aus dem Halbfeld möglich

Das Ziel: Der Gegner soll keinen Raum in der gefährlichen Zone vor dem Inter-Tor bekommen, keine Gelegenheit haben, Tempo aufzunehmen, sondern sich stattdessen immer wieder im Defensivnetzwerk festlaufen und genötigt werden, die Bälle quer zu spielen, wodurch die Spielkontrolle völlig nutzlos ist. Lediglich auf den Außenbahnen bietet Inter etwas Luft, ist dort mit Maicon und Zanetti allerdings mit starken Eins-gegen-eins-Verteidigern besetzt, die Dribblings unterbinden sollen, Flanken aus dem Halbfeld aber zulassen.

Eine Besonderheit des Inter-Bollwerks: Stoßen gegnerische Mittelfeldspieler aus der zweiten Reihe ohne Ball in die Spitze, übergeben Inters Mittelfeldspieler diese nicht an die eigenen Innenverteidiger, sondern folgen dem Gegenspieler zum Teil bis in den eigenen Strafraum, wodurch Inter im eigenen Sechzehner zu jeder Zeit in Überzahl ist und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, einen gefährlichen Ball klären zu können (siehe Bild 15 bis 18).

Teil 1: Die Grundordnung

Teil 3: Der Lückenspieler

Teil 4: Das Offensivspiel