Stuttgart verliert den Anschluss nach oben

SID
Nur ein Sieg aus neun Spielen - VfB-Coach Bruno Labbadia kennt Abstürze in der Rückrunde
© Getty

Wer bislang dachte, der Fußball sei bereits in allen Facetten durchleuchtet, untersucht und ausgewertet, der sah sich am Sonntagabend getäuscht. Dem Bundesligisten VfB Stuttgart gebührt das Verdienst, das Spiel um eine neue Analyse-Variante bereichert zu haben.

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"Wir müssen unser Spiel mit und ohne Standards bewerten", sagte Trainer Bruno Labbadia nach der 2:4 (0:2)-Niederlage bei Hannover 96, "ohne Standards war es gut."

Da wollte so mancher seinen Ohren nicht trauen. 21:11 lautete das Torschussverhältnis für Hannover, das auch 55 Prozent der Zweikämpfe gewann. 96 ist zuhause weiter ungeschlagen, der VfB Stuttgart konnte nur eines seiner letzten neun Spiele gewinnen - gegen Hertha BSC vor dem Rauswurf von Michael Skibbe.

Acht Punkte Rückstand auf Platz sechs

Nach der verdienten Niederlage bei einem direkten Kontrahenten können sich Labbadia und Co. vorerst vom internationalen Geschäft verabschieden. Acht Punkte beträgt ihr Rückstand auf Platz sechs, acht Punkte der Vorsprung auf Platz 16 - Niemandsland. "Wir sind keinen Schritt weiter", meinte Sportchef Fredi Bobic, "wenn man oben dabei ist, muss man sich auch mal zusammenreißen."

"Ärgerlich", sei die Niederlage, erklärte Labbadia, "die Enttäuschung ist riesengroß." Tabellenführer waren sie nach dem ersten Spieltag, -vierter nach dem neunten. Zur Winterpause war man Achter, aber nur einen Punkt hinter Hannover und drei hinter Platz sechs. Der Trend scheint klar, da änderte auch die Verpflichtung von Stürmer Vedad Ibisevic für 4,5 Millionen Euro aus Hoffenheim noch nichts.

"Ich mache mir keine Gedanken über Europa", sagte Labbadia. Der Coach kennt diese Situation aus eigener Erfahrung schon. Gute Hinrunde und Absturz in der Rückserie, das hat er bereits mit dem Hamburger SV und Bayer Leverkusen erlebt.

Standard-Ausrede für die Niederlage

Was also tun? "Aus dem Spiel heraus hatte Hannover nicht viel zu bieten", erklärte Bobic allen Ernstes. Die Moral seiner Mannschaft würde stimmen, sonst wäre die VfB-Ergebniskosmetik durch Martin Harnik (75.) und Shinji Ozaki (79.) ja ausgeblieben. Allerdings hatte da 96 mit Blick auf das Europa-League-Spiel am Donnerstag in Brügge bereits einen Gang zurückgeschaltet.

In und um die niedersächsische Landeshauptstadt scheinen eigenwillige Interpretationen von Tatsachen besonders gut zu gedeihen. Es gibt aktuelle Beispiele aus Politik und Gesellschaft. Jetzt erlagen auch Stuttgarts Fußballer diesem "Hannover-Syndrom" eigener Wahrheiten.

In ihrer Bewertung griffen Labbadia und Bobic also zur Standard-Ausrede, die 96-Coach Mirko Slomka sofort brutal negierte: "Standard-Situationen gehören zum Fußball." Den Toren von Karim Haggui (25.), Mame Biram Diouff (32.) und Christian Pander (46.) waren allesamt Eckbälle vorausgegangen, nur das zwischenzeitliche 4:0 von Lars Stindl (73.) fiel aus dem Spiel heraus. "Wir haben sehr schlecht verteidigt", sagte VfB-Spieler Georg Niedermeier. So kann man es auch sagen.

Hannover - Stuttgart: Daten zum Spiel

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