FC Bayern München - Julian Nagelsmann: "Wenn hier ein Teller zu Bruch geht, steht das morgen in der Bild"

Von Jochen Tittmar
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Julian Nagelsmann hat am wöchentlichen Podcast "Einfach mal Luppen" mit Felix und Toni Kroos teilgenommen. Der Coach des FC Bayern München sprach dabei unter anderem über Ablösesummen für Trainer und den größten Unterschied zwischen seinen vorherigen Klubs und dem FCB.

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Julian Nagelsmann über ...

  • ... die Anfrage des FC Bayern:

"Solche Anfragen musst du dann annehmen, wenn sie da sind. Das ist der entscheidende Punkt. Es gibt einen ganz schlauen Spruch, der lautet: Jede Chance im Leben hat ein Verfallsdatum. Das trifft es ganz gut. Wenn man sich eine Karriere malt, dann wären sicherlich ein oder zwei Jahre noch einmal irgendwo anders nicht verkehrt gewesen. Ich fühle mich aber nicht so, dass ich nicht bereit wäre für den Schritt. Da habe ich das nötige Selbstvertrauen und auch eine Mannschaft, die sehr angenehm zu trainieren ist und einen unglaublich guten Geist hat. Das sind alles Charaktere, die es einem leicht machen. Wenn ich das Angebot nicht angenommen hätte, wäre ein anderer Trainer für zwei oder drei Jahre gekommen. Dann ist die Frage: Hätte es dann wieder funktioniert? Ich hatte eine ähnliche Situation mit einem anderen großen deutschen Klub, der mich dreimal wollte. Da hat es dreimal aufgrund unterschiedlicher Themen nicht funktioniert. Da habe ich dann beim dritten Mal gesagt: Jetzt will ich nicht mehr, wir warten noch ein bisschen und dann hat es wieder nicht funktioniert. Da habe ich schon gelernt, dass du nicht alles vor dich herschieben kannst. Es gibt oft eine einmalige Chance und die musst du einfach ergreifen."

  • ... die Chance, seinen Fünfjahresvertrag zu erfüllen:

"Die Geschichte zeigt, dass es fast unmöglich ist, so lange bei Bayern zu sein. (lacht) Ich weiß es nicht. Ich probiere es auf jeden Fall. Wenn man sieht, wie lange Sir Alex Ferguson bei Manchester United Trainer war, dann kann man viele Lehren daraus ziehen. Er hat in einem Drei-, Vierjahresrhythmus fast den gesamten Kader immer ge- und verändert und auf ganz entscheidenden Positionen viele neue Spieler geholt und viele andere verkauft. Wenn du als Trainer eine ordentliche Halbwertszeit haben möchtest, ist es wichtig, deine Idee immer mal wieder anzupassen und nicht immer nur das Gleiche zu machen, damit es interessant bleibt. Oder eben immer auch wieder den Kader zu verändern und aufzufrischen, denn wenn du vier Jahre immer mit denselben Spielern arbeitest, bist du teilweise genervt von dem einen oder anderen, weil er immer wieder das Gleiche macht. Als Spieler ist es ja genauso: Jetzt haben wir verloren, jetzt kommt wieder dieser Spruch. Irgendwann wird es einfach langweilig. Es ist ja in der Liebe genauso: Du musst ständig daran arbeiten, dass eine Beziehung reizvoll bleibt - und das ist in der Beziehung zwischen Trainer und Spieler nicht anders."

Julian Nagelsmann ist seit dem 1. Juli Cheftrainer des FC Bayern München.
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Julian Nagelsmann ist seit dem 1. Juli Cheftrainer des FC Bayern München.
  • ... Ablösesummen für Trainer:

"Man hört ja sehr oft, dass der Trainer mit die wichtigste Person im Verein ist. Daher finde ich es schon relativ normal, dass irgendwann auch Trainer etwas kosten. Über die Höhe der Summe kann man diskutieren, aber dass ein Trainer Ablöse kostet, finde ich nicht verkehrt. Gerade auch wegen des Standings gegenüber den Spielern. Wenn du mit Spielern arbeitest, die 70 Millionen gekostet haben und du als Trainer bist der, der am schlechtesten verdient und am wenigsten gekostet hat, dann ist das meistens nicht zwingend förderlich. Daher glaube ich, dass ein Trainer in einem Klub eine große Tragweite hat. Du hast die meisten Interviews, du hast die meisten medialen Präsenzzeiten, du bist der, der eigentlich oft die Botschaften für den Verein sendet, deutlich mehr wie die meisten Spieler. Daher finde ich es wichtig, dass man, wenn man einen Wunschtrainer hat und denkt, er passt gut zu einem, auch den einen oder anderen Euro investieren kann. Beim Recruitment eines Spielers wird extremer Aufwand betrieben, gerade wenn es um junge Spieler geht. Beim Trainer hatte ich immer wieder mal das Gefühl, dass die Vereine bei transfermarkt.de einfach gucken, wer ist gerade auf dem Markt, dann nehm' ich den mal. Wenn ein Trainer ein bisschen was kostet, beschäftigst du dich auch mit ihm, seinem Hintergrund, der Philosophie und triffst nicht einfach so eine Entscheidung ins Blaue. Ich glaube, dass das sehr gesund ist."

  • ... die Unterschiede zwischen seinen bisherigen Klubs und dem FC Bayern:

"Der größte Unterschied ist das mediale Interesse. Wenn hier in der Küche ein Teller zu Bruch geht, steht das morgen in der Bild-Zeitung. Jeder Schritt, den du machst, ist transparent, offen und wird tausendfach diskutiert. Du bewegst dich nur in Extremen. Ein super Beispiel: Nach dem Sieg gegen Kiew waren wir die Götter Europas, nach der Pleite gegen Frankfurt ist jetzt die erste Nagelsmann-Krise - dabei war das kein großartig besseres Spiel als gegen Kiew. Du hast ständig Schlagzeilen und Dinge, über die berichtet werden muss, obwohl sie eigentlich nicht lohnend sind, darüber zu berichten. Aber es liest halt trotzdem irgendjemand oder sie hoffen, dass es irgendjemand liest."