Thesen zum 31. Bundesliga-Spieltag: Werder Bremen braucht einen neuen Impuls – Union ist ein Vorbild für Hertha

Von Stefan Rommel
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Die Trainer stehen im Fokus des Bundesliga-Endspurts: Bo Svensson macht in Mainz alles richtig, Florian Kohfeldt in Bremen fast alles falsch. Und zwischen Bayern und Leipzig deutet sich ein Rekordwechsel an, der alle Corona-Versprechungen ad absurdum führt. Die Thesen zum Spieltag.

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Unter Svensson verteidigt Mainz wie ein Spitzenteam

Mainz bleibt die Mannschaft der Rückrunde, der Sieg gegen die Bayern bestätigte nicht nur die letzten Wochen und Monate, sondern auch die Vermutung: Wenn eine Mannschaft aus dem Tabellenkeller in der Lage ist, auch mal einen Großen zu schlagen, dann ist das Mainz 05.

Angesichts des Mainzer Schlussprogramms mit Spielen gegen die Bayern, Frankfurt, Dortmund und Wolfsburg - plus dem Nachholspiel gegen die Hertha - gibt das doch sehr viel Zuversicht. Der entscheidende Grund für den Aufschwung ist neben der neuen mannschaftlichen Geschlossenheit die enorme Verlässlichkeit in der Defensive und insbesondere in der Innenverteidigung.

In der Hinserie glich dieser Mannschaftsteil oft genug einem Hühnerhaufen, mit Bo Svensson kam die Stabilität zurück. 36 Tore kassierte Mainz in der Hinrunde, nur Schalke war damals noch schlechter (44). Nun sind es in der Rückserie nach 13 Spielen erst 13 Gegentore - nur Leipzig (elf) ist jetzt noch besser als Mainz. Der krasse Umschwung hängt mit vielen kleinen Faktoren zusammen und einer großen Personalie - auch, wenn diese gegen den FC Bayern nicht spielte: Seit Stefan Bell von Svensson aus dem "Vorruhestand" zurückgeholt wurde, verteidigt Mainz wie ein Champions-League-Anwärter.

Bell spielte in der Hinrunde keine Rolle, landete zeitweise sogar bei der zweiten Mannschaft. Und nun hält er gegnerische Angriffsreihen fast im Alleingang auf. Im Zusammen- oder Wechselspiel mit Alexander Hack halten die beiden den Laden zusammen - und Mainz damit weiter auf Kurs Klassenerhalt.

Die neue Nummer 1 in Berlin: Union ist ein Vorbild für Hertha

In den letzten 29 Jahren gab es nicht einmal den Hauch eines Zweifels: Berlin ist Weiß und Blau. 29 Mal in Folge stellte Hertha BSC die bestplatzierte Mannschaft der Hauptstadt, entweder als Erst-oder als Zweitligist. Drei Spieltage vor dem Ende der Saison 2020/21 ist klar: Die schöne Serie der Hertha ist gerissen.

Mit dem lockeren 3:1 über Werder Bremen hat der FC Union 46 Punkte eingesammelt und wird damit unabhängig vom Ausgang der ausstehenden sechs Hertha-Spiele im Endklassement definitive vor der Alten Dame landen. Das ist aus Sicht der Köpenicker schon kaum mehr zu toppen. Oder doch?

Der Einzug ins internationale Geschäft, während die Hertha womöglich sogar absteigt, wäre die Krönung einer fantastischen Saison. Zumal die Zielsetzung beider Klubs vor der Saison genau gegensätzlich war: Union wollte mit dem Abstieg auf keinen Fall etwas zu tun haben, die Hertha in den Europapokal. Trotz der prekären Lage und dem drohenden GAU bleiben aber die hohen Ziele der Hertha.

Dabei deutet im Moment eher etwas auf eine Zeitenwende im Berliner Fußball hin als auf die Rückkehr der Hertha in den internationalen Fußball. Das Experiment, mit jeder Menge Geld den sportlichen Erfolg förmlich erzwingen zu wollen, ist jetzt schon gescheitert. Wie es anders geht, könnte die Hertha ja beim neuen Stadtmeister mal in Erfahrung bringen.

Herausragendes Spiel: Joel Pohjanpalo erzielte für Union Berlin gegen Werder Bremen drei Tore.
© Getty
Herausragendes Spiel: Joel Pohjanpalo erzielte für Union Berlin gegen Werder Bremen drei Tore.

Nach Herrlich-Aus: Auch Werder braucht einen neuen Impuls

Klaus Hofmann ist ein impulsiver Mensch, das hat der Präsident des FC Augsburg am Freitag beim 2:3 seiner Mannschaft gegen Köln mal wieder bewiesen. Hofmann tobte regelrecht auf der Tribüne und man musste nach dem vierten vergebenen Matchball (zuvor 0:1 gegen Schalke, 0:0 gegen Bielefeld, 0:2 in Frankfurt) im Kampf um den Klassenerhalt schon befürchten, dass der FCA seinen Trainer Heiko Herrlich noch in der Kabine direkt nach dem Spiel entlässt. Was dann wenig überraschend am Montag offiziell wurde, ab sofort übernimmt Rückkehrer Markus Weinzierl.

Weniger aufbrausend war der Umgang der Bremer Verantwortlichen mit der siebten Niederlage in Folge ihrer Mannschaft. Im Prinzip ist aber auch hier das Vertrauen in Florian Kohfeldt nach der zweiten Saison im Abstiegskampf aufgebraucht. Daher steht dieselbe Frage im Raum wie in Augsburg: Kann der aktuelle Trainer die lebensgefährliche Lage retten - oder muss ein neuer her? Und wird das wie beim FCA ein alter Bekannter sein, im Bremer Fall nämlich Thomas Schaaf?

Vermutlich würde beiden Teams wohl ein Sieg genügen, um die Klasse zu halten. Wobei der FCA mit drei Punkten mehr auf dem Konto natürlich immer noch die deutlich bessere Ausgangsposition hat. Der Spielplan will es so, dass Augsburg und Bremen am vorletzten Spieltag aufeinandertreffen und sich dort womöglich deren Schicksal entscheiden wird.

Es wird das Spiel der Spiele im Abstiegskampf und überspitzt formuliert könnte man vermuten: Wer den richtigen Trainer findet, der dieses eine Spiel für den Klub gewinnen kann, der bleibt in der Bundesliga. Deshalb spricht auch in Bremen sehr viel dafür, dass dort bald ebenfalls ein neuer Coach präsentiert wird.

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