"Die Autobahn ist noch immer beliebt"

Deutschlands Autobahnen und Abfahrten kennt ein Spielerberater aus dem Effeff
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SPOX: Kurz bevor ein Transfer fix gemacht wird, heißt es oftmals: Man ist sich einig, muss aber noch letzte Details klären. Um was geht es erfahrungsgemäß bei diesen letzten Details?

Vöge: In den meisten Fällen um den Gesundheitszustand des Spielers und den Medizincheck. Die Vereine sind inzwischen extrem genau, was diese Untersuchungen angehen. Die Spieler werden komplett durchleuchtet. Man kann es als Regel vielleicht so formulieren: Ein Spieler lässt nur dann die medizinische Untersuchung über sich ergehen, wenn zuvor alle Vertragsfragen geklärt wurden und man sich einig geworden ist. Ausnahme der Regel wäre der Fall, dass ein Verein den Medizincheck vornehmen lassen möchte, bevor die Gespräche vertieft werden.

SPOX: Wie sehr muss man denn als Spielerberater darauf achten, bei Gesprächen nicht von der Öffentlichkeit entdeckt zu werden?

Vöge: Glauben Sie mir, es gibt genug Berater, die sehr gerne erkannt werden möchten (lacht). Andererseits ist es natürlich schon toll, wenn man sich irgendwo trifft und sprechen kann, ohne dass es jemand mitbekommt. In der heutigen Zeit ist es ein Erfolg, wenn man die Meldung herausgeben kann, dass Spieler X wechselt und niemand zuvor schon darüber berichtet oder spekuliert hat. Die große Gefahr besteht vor allem darin, dass viele unnötige Fragen aufkommen, wenn man beobachtet wurde und das Geschäft am Ende nicht zustande kommt: Kam etwas beim Medizincheck dazwischen? Hat der Spieler zu viel gefordert? Hat der Verein zu wenig bezahlt?

SPOX: Sie beraten unter anderem Jakub Blaszczykowski, Yann Sommer, Gonzalo Castro oder Pirmin Schwegler. Wie eng ist Ihre alltägliche Beziehung zu Ihren Klienten?

Vöge: Wir sind ja alle Menschen. Man darf nicht vergessen: Jeder Spieler hat ein eigenes Leben fernab vom Fußball und Beratern. Die Beziehungen zu den einzelnen Spielern sind unterschiedlich. Es kommt vor, dass man neben der geschäftlichen auch eine freundschaftliche Bindung zu einem Spieler aufbaut, weil man sich einfach auf ganz herkömmliche Art sympathisch ist. Grundsätzlich ist es so, dass meine Mitarbeiter Franco Moretti, Jürg von Matt und ich bei den Partien der von uns betreuten Spieler anwesend sind, wir uns im Anschluss sehen und miteinander sprechen. Man telefoniert aber nicht täglich, sondern versucht einfach, einen regelmäßigen Austausch aufrecht zu erhalten.

SPOX: Wie sehr beschäftigt denn die Spieler die Tatsache, von der Öffentlichkeit beinahe auf Schritt und Tritt beobachtet und bewertet zu werden?

Vöge: Zwar ist auch das letztlich unterschiedlich, aber die heutige Spielergeneration kommt damit sensationell gut zurecht. Das erstaunt mich eigentlich auch. Den meisten macht das nichts aus, weil sich die Wege der Kommunikation so dermaßen verändert haben. Facebook und Twitter sind allgegenwärtig, die vielen Anfragen an die Spieler eine Selbstverständlichkeit. Die kennen es nicht anders und gehen offen damit um. Jeder Spieler weiß, wie schnell er in die Negativschlagzeilen geraten kann. Damit das nicht passiert, muss sich der eine mehr verstellen als der andere, aber aufgrund dieser Begebenheiten sitzt niemand todtraurig zu Hause (lacht).

SPOX: Andererseits werden den Spielern zahlreiche Dinge außerhalb des Platzes abgenommen, um sich voll auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Besteht da nicht auch die Gefahr, zu wenig eigenständig zu werden und damit nach Karriereende Probleme zu bekommen?

Vöge: Das macht mir auch Sorgen. Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass wir bei unseren Spielern darauf achten, dass sie Selbständigkeit erlernen. Das kommt aber auch immer auf den jeweiligen Typ an. Yann Sommer ist ein gutes Beispiel: Der kommt alleine mit der Welt klar und weiß, wie er nach seinem Wechsel zu Mönchengladbach ein Konto eröffnet, wie er an ein Auto kommt oder wie der Mietvertrag aussehen soll. Natürlich haben wir bei diesen Themen Einsicht und stehen ihm zur Seite, aber er kann es grundsätzlich auch selbst - und das ist mir wichtig. Spieler müssen frühzeitig eigene Entscheidungen treffen können, ob auf dem Spielfeld oder im Privatleben.

SPOX: In letzter Zeit wurde häufig über Ausstiegsklauseln in Spielerverträgen diskutiert. Bringt eine Ausstiegsklausel nur Vorteile für den Spieler mit?

Vöge: Natürlich. Man hat etwas in der Hand und kann selbst bestimmen. Ein Spieler, der gute Leistungen bringt und eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag hat, ist sozusagen leichter für den Markt zu handhaben. Ohne Ausstiegsklausel braucht der Spieler einen Verein, der ihn kaufen würde und dazu noch den aktuellen Verein vom Wechsel überzeugt. Für uns als Berater selbst gibt es weder Vor- noch Nachteile. Wir werden ja nicht nur dann bezahlt, wenn ein Spieler den Verein wechselt, sondern beispielsweise auch bei Vertragsverlängerungen.

SPOX: Das heißt, Sie raten den Spielern dazu, auf eine Ausstiegsklausel zu bestehen?

Vöge: Wir versuchen in den Gesprächen immer, eine Ausstiegsklausel im Vertrag zu verankern - auch wenn die Vereine davon nicht durchgängig begeistert sind. Die Spieler sind dann einfach beweglicher und unabhängiger.

SPOX: Was bei Ihrem aktuellen Portfolio auffällt: Der Großteil der Spieler ist bei unterschiedlichen Vereinen angestellt. Kann es Interessenskonflikte geben, wenn man bei einem Klub zwei oder mehrere Spieler unterbringt, weil die dann über Vertragsdetails Bescheid wissen?

Vöge: Das glaube ich nicht. Diejenigen Berater, die schon lange im Geschäft sind und größere Agenturen führen, wissen schon, was bei dem jeweiligen Verein geht und was nicht. Die Berater tauschen sich ja untereinander auch aus. Ich fühle mich bei keinem Gespräch mit einem Verein so, dass ich nicht wüsste, was er bezahlen kann. Wenn man sich das Gehaltsbudget eines Vereins anschaut und dieses dann durch die Anzahl der Spieler teilt, weiß man ungefähr, was der einzelne Spieler verdient. Das kann auch zur Orientierung dienen.

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