"Gott sei Dank keinen Feuerwehrmann geholt"

Von Interview: Florian Bogner
Max Eberl und Lucien Favre: Ein gutes Team seit Februar 2011
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SPOX: Mit ein bisschen Abstand: Wie haben Sie die turbulente Zeit vor der Mitgliederversammlung, bei der die sogenannte 'Initiative Borussia' mit Stefan Effenberg einen Machtwechsel erwirken wollte, persönlich erlebt?

Eberl: Wie jeder Mensch habe auch ich eine Psyche, die durchaus Schrammen abbekommen hat. Ich habe mich in dieser Zeit aber immer daran erinnert, dass ich alle Entscheidungen mit vollster Überzeugung gefällt habe. Ich würde heute wieder so handeln, weil ich alles immer bestmöglich abwäge und auch mit anderen Leuten darüber diskutiere. Es heißt oft: der Eberl diskutiert nicht gerne. Blödsinn. Wenn mich Stefan Effenberg oder Berti Vogts im Winter angerufen hätten: 'Max, lass uns mal reden!' - dann hätte ich das gemacht. Ich wäre ja dumm, wenn ich mich nicht austauschen würde. Ich diskutiere beispielsweise auch mit unserem Präsidiumsmitglied Hans Meyer oft über Fußball, weil mir die Meinung eines solch erfahrenen Mannes, der nicht so unter Druck steht, sehr hilfreich sein kann.

SPOX: Klingt so, als hätten Sie im letzten Jahr viel gelernt.

Eberl: Die Phase war hart und gleichzeitig lehrreich. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt. Allen voran, dass es in unserem Geschäft darum geht, Wahrscheinlichkeiten für Misserfolg auszuschließen. Ich habe gelernt, sich auf das zu konzentrieren, was man beeinflussen kann - nämlich die Arbeit an und mit der Mannschaft. Darauf haben wir uns gemeinsam mit dem Trainer fokussiert und damit auch alles andere ausblenden können. Viele Leute haben mich gefragt, warum wir uns nicht eher gewehrt haben. Ganz einfach: Weil ich nicht die Kraft in Grabenkämpfen verbrauchen wollte, die ich so für unser gemeinsames Ziel aufbringen konnte.

SPOX: Hört sich schwierig an: Man tut sein subjektiv Bestmöglichstes, hat aber nur indirekt Einfluss auf den Erfolg der Mannschaft und steht trotzdem in der Tabelle unten drin. Kritik prasselt pausenlos auf einen ein, und dabei denkt man sich aber: Ich habe doch alles richtig gemacht.

Eberl: Ich habe nie gesagt, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich versuche nur stets, das aus meiner Sicht Bestmögliche zu tun und so zu entscheiden, wie ich es für den Verein für richtig halte - nach Abwägung aller Faktoren. Sie wissen, wie ich Fußball gespielt habe?

SPOX: Ja.

Eberl: Ich habe bestimmt nicht immer geglänzt, aber ich habe trotzdem was geschafft.

SPOX: Das klingt jetzt gemein, Sie haben immerhin Bundesliga gespielt.

Eberl: Ich darf das über mich selbst sagen! (lacht) Es geht stets immer um Teamarbeit: So sehe ich Fußball - auf und abseits des Platzes. Alle im Verein müssen zusammen funktionieren.

SPOX: Die 'Initiative Borussia' gab recht populistisch hochgesteckte Ziele aus. Wann ist die Borussia soweit, dass man sinnvoll über Ziele wie die Rückkehr in den Europapokal reden kann?

Eberl: Man muss abwarten, ob so eine Saison mit extremen Positionsverschiebungen wie die letzte einmalig war, oder ob das zum Trend wird. Das vermag ich nicht zu beurteilen. Wir wollen uns Schritt für Schritt entwickeln, was mühsam und anstrengend ist, aber nachhaltiger, als sich jetzt einfach Fremdkapital zu besorgen und es damit zu versuchen. Was, wenn das nicht klappt? Es gibt acht, neun Mannschaften, die finanziell bessere Möglichkeiten haben als wir.

SPOX: Jetzt klingen Sie aber fast schon so wie Heribert Bruchhagen.

Eberl: Ich schätze Heribert Bruchhagen sehr. Alles, was ich von ihm lese und höre, beeindruckt mich, weil es sehr oft den Nagel auf den Kopf trifft.

SPOX: Aber wo ist bei all dem die Nische für Borussia Mönchengladbach?

Eberl: Es kommt der Punkt, an dem der Erfolg bei manch anderen Vereinen vielleicht mal ausbleibt. So manche Vereine müssen nach Misserfolgen vielleicht mal kleinere Brötchen backen. Und dann sind wir vielleicht dran.

SPOX: So etwas lässt sich aber schwer vorhersagen.

Eberl: Natürlich kann man das nicht genau terminieren. Frankfurt war sieben Jahre am Stück in der Bundesliga. Nach der letzten Hinrunde: 26 Punkte. Zum ersten Mal haben sie sich dann getraut, das Wort 'Europa' vorsichtig in den Mund zu nehmen. Und was ist passiert?

SPOX: Abgestiegen. Was also für Frankfurt gilt, gilt auch für Gladbach.

Eberl: Das gilt für viele Mannschaften - Hannover, Köln, Mainz, Gladbach. Köln und wir werden schon alleine aufgrund der Tradition oft bedrängt, nach dem Motto: 'Ihr müsst doch endlich mal wieder.' Ja, aber Schritt für Schritt. Bei uns ist doch im Verlauf der letzten Jahre trotz der miserablen Hinrunde der letzten Saison eine positive Tendenz zu erkennen.

SPOX: Zünden Sie manchmal eine Kerze an, dass sich diese Saison nicht so viele Spieler verletzen wie letzte Saison?

Eberl: Das ist für uns elementar. Ich hoffe, dass es uns nicht wieder so hart trifft. Verletzung wird es geben, aber hoffentlich nicht wieder so viele gleichzeitig und so langfristig. Eine Kerze werde ich deswegen aber nicht anzünden, weil ich weiß, dass wir in punkto Trainingssteuerung gut arbeiten.

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