"Koller, geh endlich"

Von Jochen Tittmar/Daniel Börlein
Bochums Anhänger machten ihrem Unmut nach dem Abpfiff Luft
© Getty

Der FC Bayern siegt zum Wiesn-Auftakt, Köln schießt sich aus und den VfB Stuttgart in die Krise und Hoffenheim kommt langsam in Tritt. Jede Menge los also an diesem 6. Spieltag, mit jeder Menge Männer des Spieltags - in positiver wie negativer Hinsicht. Darunter: Der kriselnde Koller, Dortmunds neuer Sechser, Tuchels Bubi-Bomber und ein treffender Trikotjäger.

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Marcel Koller (VfL Bochum): Vier Punkte aus fünf Spielen - Bochums Saisonstart war schon vor dem Duell gegen Mainz nicht sonderlich berauschend. Nach der 2:3-Heimpleite ist der Auftakt nun komplett verpatzt und der VfL-Coach als Schuldiger ausgemacht. "Koller, geh endlich" war auf  Plakaten zu lesen, "Koller raus" im ganzen Stadion zu hören. Nach der Partie protestierten die Fans per Sitzstreik vor den Stadiontoren. Koller selbst wirkte niedergeschlagen: "Die Führungsetage muss nun entscheiden, ob es weitergeht." Vorstand Ansgar Schwenkens Aussage dürfte dem Schweizer wenig Hoffnung machen: "Ich will nichts ausschließen, aber auch nichts ankündigen. Selbst bei einer Führung hat der Mannschaft die Überzeugung gefehlt. Das fließt in unsere Entscheidungen ein."

Daniel van Buyten (FC Bayern München): Schon beim 3:0-Sieg in der Champions League bei Maccabi Haifa war der Belgier erfolgreich. Gegen den Club war van Buyten nun sogar der Matchwinner. Trotz klarer Überlegenheit mussten die Münchner bis zur 82. Minute warten, ehe der Innenverteidiger einköpfte und damit den Wiesn-Auftakt der Bayern rettete. Vorne trifft van Buyten, hinten ist er vom Ersatzspieler zum Abwehrchef aufgestiegen. "Dieses Jahr ist es etwas anders. Der Trainer glaubt an mich. Ich denke, dass ich in den Spielen, in denen ich zum Einsatz kam, bewiesen habe, dass man auf mich zählen kann", so der 31-Jährige.

Andre Schürrle (FSV Mainz 05): Baljak, Bogavac, Borja - alles bekannte Namen. Doch wer ist eigentlich dieser Schürrle, fragte man sich schon vor Saisonbeginn, als der 18-Jährige einer der Gewinner der Vorbereitung war. Dabei hat Schürrle einen solch bleibenden Eindruck hinterlassen, dass er als einer von vier 05-Spielern bislang in allen Partien von Beginn an zum Einsatz kam. Und dies auch zum Teil in vorderster Front, wenngleich er zuletzt auf den Flügel versetzt wurde, wo seine Stärken (Schnelligkeit, Technik, Antizipation) besser zum Tragen kommen. Zählbares sprang außer einem Assist beim Überraschungssieg gegen die Bayern allerdings noch nicht heraus. In Bochum mutierte Schürrle nun mit seinen ersten beiden Bundesligatoren zum Matchwinner und drehte die Partie im Alleingang.

Maicosuel (1899 Hoffenheim): Dass der Brasilianer ein richtig guter Fußballer ist, betont Ralf Rangnick nicht erst, seit Maicosuel in Hoffenheim ist. Dass der 23-Jährige allerdings auch noch einige Zeit braucht, bis er sich an das Tempo und die Zweikampfhärte in der Bundesliga gewöhnt hat, schiebt der 1899-Coach stets hinterher. Eingesetzt wurde Maicosuel von Rangnick zuletzt dennoch immer wieder. Gegen Gladbach kam der Linksfuß nun 30 Minuten vor dem Ende, erzielte vier Minuten vor Schluss den 2:2-Ausgleich und leitete damit die erfolgreiche Last-Minute-Aufholjagd der Gäste ein.

Wilfried Sanou (1. FC Köln): Für den Mann aus Burkina Faso lief die Saison bislang ziemlich bescheiden. Einziger Saisoneinsatz am 1. Spieltag gegen Dortmund - nach 55 Minuten und einer grottenschlechten Leistung ausgewechselt und seither kein Land gesehen. Auch in Stuttgart durfte der 25-Jährige nur sieben Minuten ran, sorgte aber für zwei optische Highlights. Begünstigt wurden diese von einem völlig missratenen Ausflug von Jens Lehmann. Der VfB-Keeper nämlich verlor bei einem Ausflug rund 30 Meter vor seinem Tor den Ball an Manasseh Ishiaku, der dann direkt auf Sanou weiterleitete. Sanou hob die Kugel schließlich aus vollem Lauf über Stuttgarts Abwehrspieler ins verwaiste Tor. Ein schönes Ding, das nur noch von Sanous mehrfachem Flick-Flack-Jubel getoppt wurde.

Logan Bailly (Borussia Mönchengladbach): Nicht bei einem Testspiel oder im Training zog sich Gladbachs Keeper Anfang Juli einen Mittelfußbruch zu, sondern zuhause, als ihm eine mobile Klimaanlage auf den Fuß fiel. Nach über zwei Monaten kehrte der Belgier nun ins Borussen-Tor zurück - und patzte gleich beim ersten gefährlichen Schuss aufs Tor. Hoffenheims Sejad Salihovic zog einen Freistoß von rechts direkt aufs Gehäuse, Bailly segelte ohne Timing durch den Fünfer und boxte sich die Kugel quasi selbst ins Tor. Eine ähnlich schlechte Figur gab zuvor schon Baillys Gegenüber Timo Hildebrand ab, der einen harmlosen Bobadilla-Schuss nach vorne abprallen ließ und damit Roberto Colautti zum zweiten Gladbacher Treffer einlud.

Eric Maxim Choupo-Moting (1. FC Nürnberg): 13 Mal stand Choupo-Moting in der Saison 2007/2008 für den HSV in der Bundesliga auf dem Platz, im Jahr darauf allerdings kein einziges Mal. Da die Norddeutschen mit Marcus Berg zur neuen Spielzeit einen weiteren Angreifer verpflichteten, ließ sich der 20-Jährige nach Nürnberg ausleihen. Bereits im zweiten Spiel für die Franken erzielte Choupo-Moting nun seinen ersten Bundesliga-Treffer - und das obwohl er nach seiner Einwechslung auf dem ungewohnten rechten Flügel zum Einsatz kam. Dort traf er einige Male auf Franck Ribery, auf den er es auch nach dem Spiel abgesehen hatte. "Ich habe mir sein Trikot geholt", gab der Nürnberger zu, "weil er einfach ein toller Spieler ist und ich ihn bewundere".

Sven Bender (Borussia Dortmund): Da Sebastian Kehl bis auf unbestimmte Zeit für die Sechserposition beim BVB ausfällt, testete Coach Jürgen Klopp dort bereits drei Spieler. Doch Nuri Sahin, Tinga und auch Mats Hummels haben ihre Stärken eher auf anderen Positionen. Reichlich überraschend zauberte Klopp in Hannover nun Sven Bender aus dem Hut, der zuvor noch keine Minute zum Einsatz kam. Ein Wagnis, das der 20-Jährige jedoch durch eine couragierte Vorstellung entkräftete. Durch Zweikampfstärke und die nötige Spielübersicht zeichnete sich der nicht gerade als Sprinter bekannte Bender aus. Jetzt ist er für Klopp eine weitere und vor allem geeignetere Option auf dieser wichtigen Position. Dumm nur, dass der Ex-Löwe ab kommendem Freitag mit der U 20 bei der WM in Ägypten weilt und damit mindestens bis zum 16. Oktober nicht zur Verfügung steht.

Didier Ya Konan (Hannover 96): Nach den Ausfällen von Jan Schlaudraff, Mike Hanke und Mikael Forssell drückt bei 96 der Schuh vor allem im Offensivbereich. Deshalb holte man knapp drei Wochen vor Transferschluss noch Ya Konan an die Leine, von dem man allerdings nicht so recht wusste, ob er das prominente Lazarett gleichwertig ersetzen kann. Doch der Ivorer, der von Rosenborg Trondheim kam, brauchte bislang keine Eingewöhnungszeit. Einziges Manko: Der 25-Jährige ließ zu viele hochwertige Gelegenheiten leichtfertig liegen. Gegen den BVB verballerte Ya Konan zwar in der 75. Minute eine weitere sehr gute Chance, traf zuvor aber aus unmöglichem Winkel gegen den überraschten Weidenfeller mit einem ordentlichen Pfund ins kurze Eck - sein erster Bundesligatreffer.

Markus Babbel (Trainer VfB Stuttgart): Nach dem ernüchternden Remis unter der Woche gegen die Glasgow Rangers besiegelte die 0:2-Pleite gegen Köln die erste handfeste Stuttgarter Krise unter Babbel. Dessen bisherige Trainerkarriere verlief permanent steil bergauf, so dass Babbel nun erstmals gefordert ist und zeigen muss, dass er auch in der Lage ist, auf unangenehme Situationen mit den richtigen Maßnahmen zu reagieren. FC-Coach Zvonimir Soldo gab mit dem Sieg bei seinem Ex-Verein quasi die Rolle des kriselnden Bundesligatrainers an Babbel ab, der vor dem Dilemma steht, unter der Woche beim Trainerlehrgang in Köln weilen zu müssen, statt mit seiner Mannschaft an den Problemen zu arbeiten.

Die Ergebnisse und Tabelle des 6. Spieltags