Die totale Resignation

Von Alexander Maack
Fernando Alonso war mit seinem Wochenende in Monza zufrieden, obwohl er nicht siegfähig ist
© getty

Es kann nur einen geben und der heißt Sebastian Vettel. Der Red-Bull-Pilot wird 2013 zum vierten Mal in Folge Weltmeister werden, wenn nichts Außergewöhnliches passiert. Davon ist nach dem Großen Preis von Italien selbst die gesamte Konkurrenz überzeugt. Sogar der ewig kampfbereite Fernando Alonso hat seinen angepeilten ersten Titel für Ferrari schon nach zwölf von 19 WM-Läufen abgeschrieben.

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Die letzte Minute der Pressekonferenz nach dem Rennen in Monza hatte Kultcharakter. Ein italienischer Journalist fragte den deutschen Dreifachweltmeister, warum er sich per Funk über das rote Rücklicht an Sebastian Vettels Auto beschwert hatte. Der Angesprochene reagierte verwundert: "Ich?"

Selbst Alonso war verwirrt: "War die Frage für mich? Also...", begann der Spanier, der sich wirklich bei seinem Team über das eigentlich nur bei Regen blinkende Rücklicht aufgeregt hatte. Er wurde jedoch unterbrochen. "Hörst du mir zu? Du beschwerst dich über das rote Licht?", fragte der Deutsche seinen Dauerrivalen.

Alonso bejahte: "Es ist schließlich ein sehr starkes Licht, wenn es nicht regnet." Der Spanier stieß damit auf Unverständnis: "Es ist sogar hier drin schlimmer", so Vettel, dem Alonso anschließend seine Ablenkung durch das Dauerblinken erklärte. "Sebastian ist nicht daran gewöhnt, ein Auto vor sich zu haben, deshalb weiß er nicht, wie sich das anfühlt."

Alonso schreibt WM-Titel ab

Neben der wohl eher scherzhaften Meinungsverschiedenheit hat der Italien-GP aber auch andere Erkenntnisse gebracht. "In Bezug auf die Weltmeisterschaft müssen wir realistisch sein", konstatierte Alonso, nachdem er im königlichen Park von Monza vom fünften Startplatz auf Rang zwei gefahren war: "Wir haben nicht mehr genug Rennen und aktuell wohl auch nicht die Geschwindigkeit, um einige Rennen in Folge zu gewinnen."

Mit anderen Worten: Schon nach dem Ferrari-Heimrennen steckt der Spanier im WM-Kampf auf. Aktuell trennen ihn 53 Punkte von Vettel, der als erster Pilot 2013 zwei Rennen nacheinander gewinnen konnte. Sieben Grands Prix stehen noch aus. Selbst wenn Alonso jedes Rennen gewinnt, kann er wohl nicht mehr aus eigener Kraft den Titel holen.

Hamilton: "Das war's mit der Meisterschaft"

Doch der Ferrari-Pilot ist nicht der einzige Formel-1-Pilot, der zur Überzeugung gekommen ist, dass er sich beim Italien-GP aus dem Rennen um die Weltmeisterschaft verabschiedet hat. "Das war's mit der Meisterschaft", erklärte Lewis Hamilton nach seinem neunten Platz und nur zwei Punkten: "Insgesamt ein Desaster-Wochenende."

Der Einschätzung stimmt Mercedes-Sportchef Toto Wolff uneingeschränkt zu. "Es sind noch ein paar Rennen zu fahren und viele Dinge können sich ändern. Doch es ist im Moment ziemlich unrealistisch, die Meisterschaft anzustreben", sagte der 41-jährige Österreicher.

Wann zieht Sebastian Vettel mit Juan Manuel Fangio gleich?

Mittlerweile dürften auch die letzten Zweifel gestorben sein, dass Vettel am Ende der Saison 2014 mit Juan Manuel Fangio gleichzieht. Der Argentinier gewann von 1954 bis 1958 mit Maserati, Mercedes und Ferrari viermal in Folge die WM. Lediglich Michael Schumacher kam zwischen 2000 und 2005 auf einen mehr.

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"Ich versuche daran nicht zu viel zu denken", betont Vettel und schließt sich damit der Meinung seines Teamchefs an. "Unser Hauptgegner ist Fernando Alonso. Bei den Fahrern sind noch 175 Punkte zu vergeben und bei den Konstrukteuren noch viel mehr", begründete Christian Horner die Zurückhaltung: "Wir schauen jetzt nicht auf die Wertung, sondern gehen es Rennen für Rennen an. Es geht in Singapur weiter."

Selbst der oftmals forsche Motorsportberater des Brausekonzerns gibt sich zurückhaltend. Alonso sei weiterhin der erste Widersacher. "Er ist der Konstanteste. Aber es wäre uns schon lieb, wenn Räikkönen und und Hamilton wieder mit im Spiel wären", sagte Helmut Marko: "Ich glaube, das wird auch wieder passieren, wenn sich die Streckencharakteristiken ändern."

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Doch selbst Vettel gibt zu, dass sich in den letzten Rennen etwas verändert hat. Durch den Monza-Triumph hat er die Hälfte der zwölf bisherigen Saisonrennen gewonnen. Die Grundvoraussetzung für die aktuelle Hochform ist dabei die Ausrichtung des Setups auf das Qualifying, in dem Mercedes nicht mehr mithalten kann.

Verbesserungen im Qualifying

"Gestern haben wir unsere erste Pole-Position im Trockenen geholt", freute sich der Dreifachweltmeister deshalb noch nach dem Rennen: "Da haben wir anscheinend einen Fortschritt gemacht." Am Sonntag habe sein Team schon vorher die eigene Stärke bewiesen: " Zusammen mit Ferrari waren wir im Schnitt wohl die schnellsten im Rennen."

Vettel könnte sich aktuell sogar zwei Ausfälle leisten und wäre unabhängig vom Ergebnis der Rennen noch immer in Führung. Trotzdem spekuliert Alonso genau darauf: "Wir brauchen ein paar Ausfälle von Seb oder irgendwas in der Art, um die Weltmeisterschaft zu gewinnen", erzählte Alonso über seine einzig verbliebene Hoffnung.

Dabei müsste das Ergebnis dem Spanier eigentlich eher Angst machen. Red-Bull-Technikdirektor Adrian Newey hatte noch beim letzten Rennen in Belgien bestätigt, dass die Strecke seinem RB9 wegen der Hochgeschwindigkeitscharakteristik eigentlich nicht liegt.

Sieg statt geplanter Schadensbegrenzung

"Auf dem Weg zum Podium meinte er: 'Ich dachte, es geht an diesem Wochenende um Schadensbegrenzung'", berichtete Vettel nach dem Rennen: "Ich sagte zu ihm: 'Wenn das Schadensbegrenzung ist, dann möchte ich für den Rest der Saison viel Schadensbegrenzung betreiben'."

Die Dominanz von Red Bull erinnert immer mehr an die Saison 2011, als das Team seinen bisher einzigen Sieg in Monza feiern konnte. "Wir haben auf allen Strecken gewonnen, wo wir normalerweise Schwierigkeiten haben", freute sich Temchef Christian Horner: "Wir haben in Montreal gewonnen, in Spa und hier in Monza." 2011 fehlte zu dem Triple noch der Sieg in Kanada.

Damals gewann Red Bull im Anschluss an den Italien-GP fünf der sechs ausstehenden Rennen. Viermal stand Vettel auf dem obersten Podestplatz und sicherte sich mit 122 Punkten seine zweite Weltmeisterschaft.

Marko über Pfiffe: "Es ist der Neid"

In Monza war der 26-Jährige 2013 sogar unschlagbar, obwohl er im ersten Stint nach einem Fehler in der ersten Kurve einen Bremsplatten hatte und in den letzten 15 Runden seine Geschwindigkeit drosseln musste. "Wir wussten nicht, wie schlimm das Problem ist. Wir werden es wohl erst wissen, wenn wir nächste Woche das Auto auseinanderbauen und in das Getriebe reinschauen", erklärte Vettel.

Dass Vettel anschließend von den Tifosi ausgebuht wurde, war ihm egal. "Eigentlich ist es schön, weil es beweist, dass du einen guten Job gemacht und die Jungs in Rot geschlagen hast", lächelte der Weltmeister. Sein langjähriger Förderer Helmut Marko hat eine andere Erklärung: "Es ist der Neid."

Der Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM