Von Sehnsüchtigen und Favoritenkillern

Max Marbeiter
12. Mai 201515:06
Real Madrid hofft in heimischer Halle auf seinen ersten Titel seit 1995getty
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Das Final Four der Turkish Airlines Euroleague (Fr., ab 18 Uhr im LIVE-TICKER) ist auch in Madrid wieder bestens besetzt, die Halbfinalpaarungen vielversprechend. Real hofft nach zwei Enttäuschungen in Folge auf den ersten Titel seit 20 Jahren, hat mit Fenerbahce Ülker aber eine schwere Aufgabe erwischt. ZSKA Moskau möchte ebenfalls wieder nach ganz oben, muss dafür aber am unangenehmsten aller Außenseiter vorbei.

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Real Madrid - Fenerbahce Ülker Istanbul

Die Ausgangsposition: Einen Großteil seiner Spiele geht Real als Favorit an. Helfen muss das nicht zwingend. Immerhin verloren die Madrilenen zuletzt zwei Mal in Folge das Finale und warten nun seit exakt 20 Jahren auf den höchsten Titel im europäischen Basketball. Dieses Jahr soll es endlich klappen - auch ohne den vor der Saison gen Chicago abgewanderten Nikola Mirotic. Dafür spielt Real zuhause.

Während Sergio Llull im Gespräch mit SPOX an die eigenen Anhänger appelliert und davon ausgeht, dass "die Unterstützung unserer Fans ebenso wichtig" sein werde, "wie die Spieler auf dem Court", spielt Fenerbahces Jan Vesely gegenüber SPOX jedoch auf den steigenden Druck an. "Nach den Niederlagen in den vergangenen beiden Finals setzt es sie schon zusätzlich unter Druck, dass sie zuhause spielen", sagt der Tscheche. Real müsse fast gewinnen.

Ob die Königlichen zum Siegen verdammt sind, sei einmal dahingestellt. Beim Aufeinandertreffen der besten vier Teams des Kontinents von Pflichterfolgen zu sprechen, mutet schließlich ein klein wenig vermessen an. Etwas gestiegen ist der Druck nach den vergangenen Finalpleiten allerdings durchaus. Zumal Real auch in diesem Jahr wieder eine beeindruckende Einheit stellt, die in der gesamten Euroleague-Saison erst sechs Spiele verlor.

Die Kombination aus gutem Teambasketball - die Stützen spielen bereits seit mehreren Jahren zusammen -, diversen Offensivoptionen, einem beeindruckenden Backcourt um Rudy Fernandez, Llull und Sergio Rodriguez, fähigen Big Men sowie starker Defense macht Real mit zum Besten, was der europäische Basketball zu bieten hat.

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Dennoch taten sich die Iberer im Viertelfinale gegen Anadolu am Ende schwerer als erwartet - trotz des 3:1. Und genau das dürfte Fenerbahce Hoffnung machen. Das und die eigene Stärke. Denn Fener geht vielleicht als heißestes Team ins Final Four. 13 ihrer letzten 14 Spiele haben die Türken gewonnen, Champion Maccabi im Viertelfinale per Sweep in den Urlaub geschickt. Entsprechend groß ist das Selbstbewusstsein.

Und schließlich wäre da auch noch Zeljko Obradovic. Die Coaching-Legende hat in seinem zweiten Jahr in Istanbul ein beeindruckendes Team nach seinen Vorstellungen geschaffen. Fener ist tief. Fener ist vielseitig. Fener besitzt mit Nemanja Bjelica den MVP und ist einfach unglaublich gut. Auszuschließen ist es deshalb nicht, dass die Türken direkt im ersten Final-Four-Anlauf ihren ersten Titel in der Turkish Airlines Euroleague gewinnen. Es wäre übrigens Obradovic' neunter.

Das Schlüsselduell: Rudy Fernandez vs. Bogdan Bogdanovic. Ob die beiden im Spiel regelmäßig aufeinandertreffen, sei einmal dahingestellt. Darum geht es auch nicht. Sowohl Fernandez als auch Bogdanovic sind für ihr jeweiliges Team ungemein wichtige Scoring-Optionen auf dem Flügel. Funktionieren Fernandez und Bogdanovic, läuft Reals beziehungsweise Feners Offense flüssiger.

Für den Serben, in dieser Saison zum zweiten Mal in Serie Gewinner der Rising-Star Trophy, eröffnet sich im ersten Final Four seiner Karriere zudem die Gelegenheit, seinen Status als eines der größten Talente weiter zu untermauern. In Sachen Erfahrung hat Fernandez Bogdanovic allerdings einiges voraus. Andererseits geht Rudy angeschlagen ins Final Four. Der Flügel zog sich in der Liga gegen Unicaja Malaga kürzlich eine Knöchelverstauchung zu, wird laut Coach Pablo Laso aber auf jeden Fall dabei sein. SPOX

Der X-Faktor: In Kombination mit Andres Nocioni sollte Gustavo Ayon gewissermaßen Nikola Mirotic ersetzen - wenngleich der Mexikaner, verglichen mit Chicagos Rookie, grundsätzlich eher das Spiel in Brettnähe bevorzugt und dort seinen kräftigen Körper zu nutzen weiß. Gegen Feners vielseitige Big-Man-Rotation um Jan Vesely, Oguz Savas, Luka Zoric, Semih Erden und MVP-Kandidat Nemanja Bjelica kommt Ayon im Halbfinale eine monumentale Aufgabe zu. Meistert er sie im Verbund mit seinen Teamkollegen, ist Real ein großes Stück geholfen.

EXKLUSIV Jan Vesely: Glücksgefühle in Istanbul

Prognose: Es ist unglaublich schwierig. Beide Teams sind unglaublich vielseitig, tief - einfach unglaublich gut. Reals Enttäuschungen der vergangenen Jahre könnten am Ende die nötigen Reserven freisetzen. Gleichzeitig können sie bei ungünstigem Spielverlauf auch lähmen - oder überhaupt keine Rolle spielen. Fest steht, dass es eng wird. Dass Real ins Finale einzieht dagegen nicht, dennoch erhalten die Madrilenen knapp den Zuschlag.

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ZSKA Moskau - Olympiakos Piräus

Die Ausgangsposition: Olympiakos hat es schon wieder getan. Niemand, einschließlich SPOX, hatte den Griechen einen Erfolg gegen den großen FC Barcelona zugetraut. Wie im Final Four 2012. Wie im Final Four 2013. Gewonnen haben sie am Ende dennoch. Wie 2012. Wie 2013. Vielleicht hat die Basketballwelt mittlerweile verstanden, dass ein Team um Vassilis Spanoulis und Georgios Printezis, ein Team mit einer ganz speziellen Einstellung, niemals - NIEMALS - abzuschreiben ist. Dass Olympiakos auch das heißeste Team des Kontinents ganz schnell auf Normaltemperatur herunterzukühlen vermag.

Acht Spiele hatte Barca vor den Playoffs in der Turkish Airlines Euroleague in Serie gewonnen, am Ende auch Spiel 1 für sich entschieden. Dann übernahm Olympiakos' berüchtigte Defense um Defensive Player of the Year Bryant Dunston, die beste Defense des Wettbewerbs - und die Katalanen fanden keine Mittel mehr. Dazu bewiesen Spanoulis und Printezis, wie schön es sein kann, wenn man bereits seit Jahren gemeinsam auf dem Court steht.

"Er weiß genau, was ich als nächstes tun werde", beschrieb Printezis im Gespräch mit SPOX das Zusammenspiel mit seinem Point Guard. Ob Spanoulis auch wusste, dass sein Power Forward den Dreier mit der Sirene treffen würde, sei einmal dahingestellt. Das Resultat bliebe ohnehin dasselbe. Nach einem Jahr Pause steht Olympiakos wieder im Final Four - und trifft ausgerechnet auf das erste Team, das Underdog Piräus zum Opfer fiel.

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2012 brach ZSKA im Final Four auf unglaubliche Art und Weise ein, musste am Ende zusehen, wie Printezis kurz vor dem Buzzer den Gamewinner versenkte. Als Revanche sieht Andrei Kirilenko das Halbfinale gegenüber SPOX allerdings nicht. Dabei kehrte AK47 nach der Pleite direkt in die NBA zurück und erst im Februar wieder heim nach Moskau. SPOX

Tatsächlich dürfte die Niederlage von 2012 aber keinen allzu großen Einfluss auf ZSKA haben. Kirilenkos Rückkehr dafür umso mehr. Immerhin macht der Forward ein zuvor bereits bestens besetztes Team noch besser, verleiht den Russen weitere Vielseitigkeit.

Dabei kam ZSKA auch ohne Kirilenko durchaus beeindruckend daher. Die Vorrunde absolvierten die Moskowiter ohne auch nur eine Niederlage, erst im Top 16 setzte es - ausgerechnet gegen Olympiakos - die erste Pleite. Schlussendlich wurde Panathinaikos in den Playoffs, abgesehen von Spiel 3, nach allen Regeln der Kunst dominiert.

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Dimitris Itoudis hat sein Team also bestens zusammen- und eingestellt. Überraschen dürfte das angesichts der Vita des Griechen allerdings nicht. 13 Jahre lang arbeitete Itoudis bei Pana als erster Assistent von Zeljko Obradovic und lernte damit aus erster Hand, wie ein Meisterteam zusammengestellt wird.

Ein solches besitzt ZSKA nämlich. Allein die Tatsache, dass Itoudis frei wählen kann, ob er denn nun Milos Teodosic oder Nando de Colo von der Bank bringt, ist beeindruckend. Dazu kommt mit Sonny Weems ein mehr als fähiger Scorer auf dem Flügel, die starken Backups Aaron Jackson, Demetris Nichols, Viktor Khryapa und Kyle Hines. Einfach wird die Aufgabe für Olympiakos also nicht. Das hat die Griechen allerdings noch nie gestört.

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Das Schlüsselduell: Milos Teodosic vs. Vassilis Spanoulis. Die Vorfreude zu verstecken, ist an dieser Stelle völlig unangebracht. Schließlich treffen zwei der besten Point Guards der vergangenen Dekade, zwei Mitglieder des aktuellen All-Euroleague First Teams, im direkten Duell aufeinander. Selbst für den Fall, dass Teodosic zunächst von der Bank kommt, werden sich die Wege irgendwann kreuzen.

Und es wird hochklassig. Immerhin spielt der Serbe die vielleicht beste Saison seiner Karriere und Spanoulis ist und bleibt einfach Spanoulis. Es wird mitentscheidend sein, welcher Playmaker als Sieger aus dem Duell hervorgeht. SPOX

Der X-Faktor: Nando de Colo kam vor der Saison aus Toronto und scheint keinerlei Anpassungsschwierigkeiten zu haben. Der Franzose erlaubt Coach Dimitris Itoudis, Teodosic hin und wieder von der Bank zu bringen. Allerdings läuft ZSKA häufig auch mit zwei nominellen Playmakern auf - noch ein Vorzug de Colos, der nur zu gern auf die Zwei ausweicht und sich in seiner ersten Saison direkt zum besten Scorer der Russen gemacht hat (14,2 Punkte).

Prognose: Wer ein und denselben Fehler immer wieder aufs Neue macht, wird irgendwann nicht mehr für voll genommen. Deshalb: Olympiakos macht's! ZSKA hat in der Theorie zwar das bessere Team, doch Piräus ist mehr als nur Spanoulis und Printezis.

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