NFL

Die letzte "epische Schlacht"?

Die Teams von Peyton Manning (l.) und Tom Brady treffen zum 17. Mal aufeinander
© getty

Es ist soweit: Tom Brady gegen Peyton Manning Nummer 17 steht vor der Tür! Zwei der größten Quarterbacks aller Zeiten kreuzen mutmaßlich ein letztes Mal die Klingen - und doch steht das Duell am Sonntag in Denver nicht im Fokus. Vielmehr hoffen die Broncos, dass Mannings Mitspieler das Spiel bestimmen. Gleichzeitig könnte sich für den 39-Jährigen aber auch ein Kreis schließen, der vor fast 15 Jahren begann.

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Gerade einmal sieben Tage war es her, dass Jets-Linebacker Mo Lewis Patriots-Quarterback Drew Bledsoe hart erwischt und ihm eine schwere Brustverletzung zugefügt hatte. Tom Brady stand vor seinem ersten NFL-Start, die Indianapolis Colts waren mit ihrem jungen Superstar-Quarterback zu Gast in Foxborough: Peyton Manning, ehemaliger Nummer-1-Draftpick und in seiner vierten Saison als unangefochtener Starter, war im Begriff, die Geschichte der Colts umzuschreiben.

Doch all das hielt, wie Gary Myers von der New York Daily News schrieb, Manning nicht davon ab, vor dem Spiel das Gespräch mit seinem weitestgehend unbekannten, jungen Gegenüber zu suchen und sich vorzustellen. "Ich mag es, wenn sich Leute mir vorstellen, denn ich lerne so viele Menschen kennen", sollte Manning später erklären. "Ich setze nie voraus, dass irgendwer weiß, wer ich bin."

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Fast 15 Jahre ist jener Septembertag inzwischen her. Es waren eineinhalb Jahrzehnte, in denen Manning und Brady die NFL maßgeblich prägten. Schon bald war es nicht nur das Duell zwischen Brady und Manning oder den Colts und den Patriots - es war vielmehr die Grundlage für die Frage: Wer ist der beste Quarterback der NFL? Obwohl die beiden nur noch in der 2001er Saison eine Division teilten (die Colts verließen anschließend die AFC East), durften die Fans bis zum heutigen Tag 16 Manning-Brady-Duelle bewundern.

Darunter war auch so manches heißes Playoff-Duell und auch wenn Brady die All-Time-Serie mit 11-5 anführt: In den Playoffs ist die Bilanz ausgeglichen (2-2), in AFC-Championship-Games hat Manning gar die Nase vorne (2-1). 38 beziehungsweise 26 Punkte brachten Mannings Teams bei diesen beiden Siegen auf die Anzeigetafel, zuletzt 2013, ehe Mannings Broncos gegen Seattle im Super Bowl die Grenzen aufgezeigt bekamen.

Heute wirkt all das unendlich lange her.

Zeit für klare Worte

Wir spulen vor: Sonntag, der 17. Januar 2016. Die Denver Broncos hatten gerade knapp gegen ein stark angeschlagenes Steelers-Team gewonnen und waren ins AFC Championship Game eingezogen. Das siebzehnte Duell zwischen Manning und Brady war damit perfekt und natürlich sofort nach Spielende auch ein Thema. Für Manning, der in seiner Rolle als Game Manager zwar die groben Fehler vermieden hatte, seinem Team aber nicht viel mehr geben konnte, war es an der Zeit, schnell klare Worte zu finden.

"Unsere Defense war über die komplette Saison herausragend. Sie hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen. Das sollte man sich bewusst machen", erklärte Manning unmissverständlich. Es war eine ehrliche, eine selbstkritische Einschätzung. Zu frisch sind die Erinnerungen an Mannings desolate Regular Season - obwohl er sechs Spiele verpasste, standen am Ende 17 Interceptions auf dem Konto des 39-Jährigen. Nur Jacksonvilles Blake Bortles (18) hatte mehr, der 23-Jährige warf allerdings auch 275 Pässe mehr.

Aufgrund seines Körpers, der ihn zunehmend im Stich lässt, reihte Manning einen katastrophalen Wurf an den anderen. Wirklich überraschend dagegen waren die mentalen Fehler, die dem zukünftigen Hall-of-Famer unterliefen. Manning traf falsche Entscheidungen, seine gefürchteten Umstellungen vor dem Snap verloren ihre Wirkung. Das erlaubte Defenses, konstant mehr Druck zu bringen - was wiederum in schlechten Würfen resultierte. Er war ein Risiko für die eigene Offense.

Peyton Manning, Game Manager

Zumindest die Game-Manager-Rolle füllte Manning nach längerer Pause aber im Regular-Season-Finale gegen die Chargers sowie jetzt gegen Pittsburgh gut aus. Oder, wie es Cornerback Chris Harris ganz offen auf den Punkt brachte: "Er hat das Spiel richtig gemanagt. Keine Turnover. Das ist alles, was wir brauchen."

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Anders gesagt: Denvers Defense ist gut genug, um Spiele zu gewinnen - Denvers Offense aber mitnichten gut genug, um einen Shootout zu überstehen. Das Duell mit den Steelers machte das wieder einmal deutlich. Ein Beispiel: Die Broncos-Offense durfte gleich drei Drives innerhalb der 33-Yard-Line der Gäste beginnen. Kein einziger davon resultierte in einem Touchdown.

Dabei ist längst nicht nur Manning selbst in der Verantwortung: Zahlreiche Drops sorgten für unnötige Punts, sodass selbst Coach Gary Kubiak in der Denver Post zugeben musste: "Wir hatten Probleme, weil wir den Ball nicht gefangen haben. Wir hätten eine wirklich tolle erste Halbzeit haben können."

Eine neue Tugend

Doch unabhängig davon muss das Erfolgsrezept für die Broncos am Sonntag vorsehen, den Ball möglichst häufig aus Mannings Hand zu bekommenn. Das Running Game, das sich über die vergangenen Wochen zunehmend gefunden hat, muss die Offense tragen. Kubiak ist, das wurde im Steelers-Spiel offensichtlich, bereit, dafür Opfer zu bringen - etwa indem er Manning under Center, statt aus der Shotgun heraus, agieren lässt.

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Und das wird kein Selbstläufer: Mit Manning als Starting Quarterback verzeichnete Denver in dieser Saison lediglich 88,3 Rushing Yards pro Spiel. Stand der Routinier nicht von Anfang an auf dem Platz, gelangen 134,9 Rushing-Yards. Defenses stellen die Line of Scrimmage zu, weil sie Mannings Arm im Vergleich mit den Running Backs als die geringere Bedrohung ansehen.

Somit bleibt den Broncos nichts anderes übrig, als hartnäckig auf das Running Game zu setzen und auch kurze Runs zu schlucken. "Wir sind geduldig geblieben", erklärte Manning nach dem Sieg über Pittsburgh, "und haben uns nicht frustrieren lassen. Das hat uns heute wie schon die ganze Saison über geholfen."

Schritt für Schritt...

Geduld und Erfolg in kleinen Schritten also. Nicht mehr viel ist von der Offense übrig, die 2013 die Rekordbücher der NFL umschrieb und in der Manning 55 Touchdown-Pässe auflegte. Man könnte jetzt argumentieren, dass kleine Schritte auch für die Patriots ein Mittel zum Erfolg sind. Die Umsetzung auf dem Platz könnte aber kaum anders aussehen.

Mit dem Comeback von Receiver Julian Edelman wurde die Pats-Offense wieder zu jener Tempo-Offense, die einen Gegner mit kurzen Pässen auseinander nimmt und mit ihrem herausragenden Rhythmus so unglaublich schwer zu verteidigen ist. Das 17. Duell der vielleicht größten Quarterbacks aller Zeiten hat ein ungewohntes Vorzeichen: Diesmal ist völlig klar, wer aktuell der bessere der beiden ist.

Selbst ohne Edelman und Danny Amendola hatte Brady die Patriots in der Regular Season in Denver mit 21:7 in Front gebracht, ehe ein Punt-Return-Fumble das Blatt noch wendete. Die Broncos, damals noch mit Brock Osweiler statt Manning, gewannen das Spiel am Ende. Brady hat in Denver in dieser Saison in einem Spiel dennoch mehr Touchdown-Pässe geworfen (3 TDs, 0 INTs) als Manning (1-8) in sechs Spielen.

"Wie eine epische Schlacht"

Und dennoch: Eine gewisse Magie und zweifellos ein ganz besonderer Charme werden auch am Sonntag wieder zu spüren sein, wenn Manning und Brady die Klingen kreuzen. Um es mit den Worten von Broncos-D-Liner Antonio Smith zu sagen: "Jeder liebt es, sich in diesen Spielen mit den Besten zu messen. Wenn die beiden aufeinander treffen, ist es wie eine epische Schlacht, in der du raus gehst und schaust, welcher General den Krieg gewinnt."

Für Manning könnte es die finale Schlacht in einer dekorierten Karriere werden. Es scheint aktuell schwer vorstellbar, dass ihn die Broncos bei einem Cap-Hit in Höhe von 21,5 Millionen Dollar zurückholen - und die gerade beendete Regular Season gibt auch anderen Teams wenige Gründe, die Angel nach einem der besten Regular-Season-Quarterbacks aller Zeiten auszuwerfen.

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Für Manning wäre es im 26. Postseason-Spiel die 14. Niederlage, für Brady der 23. Sieg im 31. Playoff-Spiel - und das altbekannte Narrativ des Playoff-Versagers Manning wäre einmal mehr omnipräsent.

Die Patriots gewannen jenen ersten Start von Brady vor knapp 15 Jahren übrigens dominant mit 44:13. Brady selbst war dabei aber nicht mehr als ein Game Manager. Sein Resümee für diese Partie: 13 Completions für 168 Yards, kein Touchdown, keine Interception. Er ließ das Team um sich herum das Spiel gewinnen.

Keine Frage: Manning würde einen Rollentausch für das Duell am Sonntagabend unterschreiben.

Der Schedule: Die Conference Finals in der Übersicht

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