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"Die Knicks sind kein Championship-Team"

Von SPOX
"ESPN"-Experte Tim Legler (r.) und die NY-Troika: Anthony, Chandler, Stoudemire (v.r.)
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These: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.

Philipp Dornhegge: Nie und nimmer! So gut Chandler ist und so sehr er im letzten Jahr die Defensive der Mavs verbessert hat: Dallas hatte auch vorher schon die grundsätzliche Mentalität und den Willen, ordentlich zu verteidigen. In New York sehe ich nichts davon. Die Superstars Carmelo Anthony und Amare Stoudemire haben aufgrund ihrer Athletik natürlich die grundsätzlichen Anlagen, um an beiden Enden des Courts zu dominieren. Aber beide tun es einfach nicht. Ein Trainer wie Mike D'Antoni hilft dabei aber auch nicht. Er hatte schon in Phoenix den Ruf, ein reiner Offensiv-Coach zu sein und vor allem einer, dessen Taktik auf Run and Gun beruht. Dass das aber nicht der Weg ist, der zum Erfolg führt, haben die Suns jahrelang bewiesen. Diesen Stil kann er mit seinen Knicks in dem Maße aber sowieso nicht spielen, weil D'Antoni eine der schlechtesten Backcourt-Rotationen der Liga hat. Wie er mit dieser Truppe auch nur den Hauch einer Chance gegen Miami oder Chicago haben will, ist mir völlig schleierhaft. Die Heat haben mit Battier ihre Rotation verbessert und ein Jahr mehr Erfahrung im Zusammenspiel auf der Haben-Seite, die Bulls mit Rip Hamilton endlich den Shooting Guard, der Derrick Rose als Scorer entlasten kann. Selbst Indiana, Orlando und ein paar andere Teams sehe ich aber auf Augenhöhe mit den Knicks. Und Chandlers Mammut-Vertrag bedeutet vor allem, dass sich an der Situation mittelfristig nichts ändern wird.

Haruka Gruber: Das sehe ich überhaupt nicht so wie Philipp. Einfaches Ausschlussprinzip: Boston ist zu alt und vermisst Jeff Green und Rajon Rondos Wurf. Orlando gehört auch mit Dwight Howard nur zur Gruppe der Verfolger mit Atlanta und Indiana. Bleiben Miami und Chicago. Wobei mir bei Miami noch immer die Balance im Kader abgeht: Wenn zwei der fünf Starter-Positionen mit Joel Anthony und Mario Chalmers Spielern gehören, die bei allen anderen Titelkandidaten wohl nur Backups wären, stimmt etwas nicht. Chicago halte ich für wesentlich stärker, weil Rip Hamilton die letzte Lücke schließt. Eine Starting Five aus Derrick Rose, Hamilton, Luol Deng, Carlos Boozer und Joakim Noah ist bockstark - aber nur, wenn Boozer endlich aus dem Quark kommt. Denn mit einem soften Boozer wird es für die Bulls schwer gegen die Knicks. So ausgeglichen und gut besetzt ist kein anderer Frontcourt wie der von New York. Tyson Chandler kann jeden Center-Typ verteidigen und hilft clever aus. Davon hat Dirk Nowitzki profitiert, davon werden Amare Stoudemire und Carmelo Anthony profitieren. Offensiv fordert Chandler keine Würfe, so dass sich Stoudemire und Anthony den Ball teilen können. Perfekte Ausgangslage also. Und auf den Guard-Positionen sind die Knicks lange nicht so mies besetzt, wie es Philipp behauptet: Landry Fields ist unglaublich vielseitig und kampfstark, die schwachen Playoffs sollte man nicht überbewerten. Und Toney Douglas mag ein Shooter und kein klassischer Floor General sein, dennoch hat er enorm viel Potenzial. Zumal zur Not auch Mike Bibby und Baron Davis zur Verfügung stehen: Selbst wenn nur einer von den beiden fit bleibt und ordentlich spielt, wäre für New York viel gewonnen.

Florian Regelmann: Die Knicks sind wegen des Chandler-Moves zwar für mich der große Gewinner der Free Agency und sie werden mit ihm auch ein gewichtiges Wörtchen mitreden im Osten, aber der Topfavorit sind sie für mich nicht. Der Topfavorit ist für mich Chicago. Warum? Weil sie sich Rip Hamilton und damit das letzte Puzzleteil geholt haben, das ihnen zur Championship gefehlt hat. Ein typischer Move, der etwas untergegangen ist, aber der sich als Coup erweisen wird. Hamilton brauchte nach seinen Problemen zuletzt in Detroit einen Neustart, und Chicago brauchte ihn, einen Scorer, es ist der perfekte Deal. Dass die Bulls dringend, und ich meine DRINGEND, einen Shooting Guard gebraucht haben, um Derrick Rose zu entlasten, weiß jeder. Und jetzt haben sie statt Keith Bogans und seinen 4,4 Punkten einen Mann, der in seiner Karriere in den Playoffs 20 Punkte im Schnitt gemacht und unter Druck unzählige Big-Time-Shots reingehauen hat. Der Championship-Erfahrung hat. Der auch erst 33 ist. Der ideal zu Rose passt, weil er den Ball als Catch-and-Shoot-Typ, der die ganze Zeit um Screens herumläuft, nicht dominieren muss. Der zudem auch noch Defense spielt. Hätten die Bulls in der Miami-Serie Hamilton gehabt, hätten die Heat das schon letzte Saison nicht gewonnen. Mit Hamilton hat Chicago jetzt eine brutal starke 10-Mann-Rotation. Da kann überhaupt niemand mithalten. Was denkst Du, Tim?

Tim Legler: Ich sehe die Knicks auch nicht ganz vorne. Für mich sind die Miami Heat ohne Wenn und Aber der Topfavorit in der Eastern Conference. Wie wir alle wissen, standen die Heat in der letzten Saison schon in den Finals und jetzt gehen sie in der fast gleichen Zusammensetzung in das zweite Jahr. Ich glaube, dass sie sich in dieser Saison viel leichter tun und viel besser sein werden. Die Verpflichtung von Shane Battier macht Miami außerdem auch noch stärker. Was New York angeht: Die Knicks werden dank Tyson Chandler in der Defense viel, viel besser sein. Das ist klar. Aber für mich bleiben Fragezeichen. Sind Carmelo Anthony und Amare Stoudemire bereit, sich dem Defense-Konzept unterzuordnen? Ich habe meine Zweifel. Die Knicks sind kein Championship-Team. Und zwar sind sie das solange nicht, bis Anthony und Stoudemire bereit sind, einen Teil ihres Spiels zu opfern, um bessere Defender zu werden.

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