Hibbeliger Marsch in die Weltspitze

Hendrik Pekeler und das DHB-Team feierten gegen Ungarn den dritten Sieg in Folge
© getty

Die deutsche Mannschaft verleitet mit dem 29:19-Sieg gegen Ungarn zum Auftakt der Hauptrunde zum Träumen und verfolgt herausragende Ziele. Doch Lieferant Bob Hanning plagt eine Sorge. Talant Dujshebaev rechnet derweil gnadenlos ab.

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Während die Mannschaftskollegen den grandiosen Sieg gegen Ungarn und die Chancen im weiteren Turnierverlauf thematisierten, hatte Finn Lemke ganz andere Sorgen. "Bob", sprach der Abwehr-Riese den DHB-Vizepräsidenten Hanning an: "Bring mir Leinsamen mit. Die gehen mir sonst noch aus."

Der Magdeburger benötigt dringend Nachschub für seine Sportlernahrung, um weiterhin kräftig zupacken zu können. Da kam ihm Hanning als Lieferant gerade recht. Schließlich stand der 47-Jährige unmittelbar davor, mit dem Auto von Breslau zu einem Kurztrip nach Berlin aufzubrechen.

Am Samstag steigt das B-Jugend-Derby zwischen NARVA Berlin und seinen Füchsen. Das wollte sich der Berliner Macher auf keinen Fall entgehen lassen - EM hin oder her.

"Mechanismen greifen immer mehr"

Doch bevor Hanning sich auf den knapp 350 Kilometer langen Weg machte, fand er noch Zeit, über das eben Erlebte zu erzählen. Der dritte Sieg in Folge fiel unerwartet hoch aus. Die Art und Weise, wie das DHB-Team die Ungarn über 60 Minuten hinweg dominierte, sowieso.

"Nein", antwortete Hanning auf die Frage, ob er vom Auftritt der jungen deutschen Truppe auch überrascht wurde: "Die Mannschaft wird immer in sich gefestigter. Die kleinen Mechanismen greifen immer ein Stückchen mehr. Deshalb kann mich das nicht überraschen."

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Die meisten anderen Anwesenden überraschte es sehr wohl. Deutschland brachte eine gute Torhüterleistung auf die Platte, eine gute Abwehr, einen guten Angriff. Konstant, ohne auch nur ein einziges Mal in Rückstand zu geraten und Gefahr zu laufen, das Spiel zu verlieren.

Hannings einzige Sorge

Ein Spiel, bei dem von vorneherein klar war, dass eine Niederlage aller Wahrscheinlichkeit nach das Ende der langsam wachsenden Halbfinal-Träume bedeuten würde. Druck war also durchaus vorhanden.

"Das einzige, was mir Sorgen macht, ist, dass wir noch kein Scheiß-Spiel gemacht haben. Das macht mich ein bisschen hibbelig", fuhr Hanning fort. Was er meinte, ist klar: Ein schlechtes Spiel hat man bei einem großen Turnier normalerweise immer dabei. Hoffentlich kommt das nicht noch.

"Nichtsdestotrotz kann man sehen und sagen, dass wir mit dieser Mannschaft Richtung Weltspitze marschieren", sagte Hanning und ließ damit den einen oder anderen Journalisten zusammenzucken.

Ein schlechtes Omen?

Natürlich war Hannings Aussage zur Weltspitze nicht explizit auf die EM in Polen gerichtet, sondern auf die Zukunft. Trotzdem erinnerte sich mancher noch zu gut an den Moment, als der Vizepräsident das letzte Mal in einer Mixed Zone die Rückkehr in die Weltspitze verkündet hatte.

Das war bei der WM 2015 nach dem Sieg im Achtelfinale gegen Ägypten und damit vor dem äußerst mäßigen Auftritt und der Niederlage in der Runde der letzten Acht gegen Katar. Ein schlechtes Omen? Bitte nicht!

Man darf Hannings Worte in diesem Fall wohl einfach nicht zu hoch hängen. Vielleicht war er tatsächlich nicht überrascht von der DHB-Darbietung, begeistert aber allemal. Und damit war er nicht alleine.

Jung, aber abgezockt

"Ich bin mit dem Sieg und der Art und Weise sehr zufrieden. Der Sieg und auch das Ergebnis sind absolut verdient", sagte Dagur Sigurdsson: "Wir haben mit viel Selbstvertrauen gespielt - und gerade die jungen Spieler sind viel gerannt und haben toll gekämpft."

Damit dürfte der Bundestrainer vor allem Fabian Wiede gemeint haben. Der 21-jährige Rückraumspieler von den Füchsen Berlin war mit sechs Toren bester deutscher Werfer und leistete sich nur einen einzigen Fehlwurf.

"Er hat für mich eine herausragende Leistung gebracht", meinte Hanning. Und DHB-Kapitän Steffen Weinhold ergänzte: "Fabian ist trotz seiner Jugend schon sehr abgezockt. Er spielt richtig routiniert. Er hat wieder gezeigt, wie wichtig er für uns ist."

Dujshebaev extrem selbstkritisch

Bei aller Euphorie um das deutsche Team darf man trotzdem nicht die Ungarn vergessen, die es Deutschland durch ihren teilweise unterirdischen Auftritt leicht machten.

"Ich bin absolut unglücklich, wie wir uns in den gesamten 60 Minuten präsentiert haben. Aber ich nehme alles, was auf dem Feld passiert ist, auf meine Kappe. Ich habe die Mannschaft falsch vorbereitet, habe taktische Fehler gemacht. Die Verantwortung für die Niederlage trage nur ich", rechnete Talant Dujshebaev mit sich selbst ab.

Und Torhüter Laszlo Bartucz, der nach rund 15 Minuten für den schwachen Roland Mikler zwischen die Pfosten rückte, erklärte: "Deutschland hat genauso gespielt, wie wir eigentlich spielen wollten. Ich muss mich für unsere Vorstellung entschuldigen, aber ich kann versprechen, dass wir in den beiden noch ausstehenden Partien bis zum letzten Atemzug kämpfen werden."

Der Traum vom Titel

Das werden auch die Deutschen tun. Am Sonntag ein Sieg gegen Russland und man hätte drei Tage später ein echtes Endspiel gegen Dänemark um den Einzug ins Halbfinale, das genauso wie das Finale in Krakau stattfindet.

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"Mit einem Sieg gegen Russland können wir zumindest schon mal unter den besten sechs Mannschaften Europas sein. Das ist ein herausragendes Ziel. Wenn wir da gewinnen sollten, können wir uns darüber unterhalten, ob es noch herausragendere Ziele gibt", sagte Hanning.

Noch einen Schritt weiter denkt die Mannschaft bisher nur nachts, meistens heimlich unter der Bettdecke. Der erneut starke Torhüter Andreas Wolff gab zu: "Im Hinterkopf ist immer dieser Traum, Europameister zu werden."

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