Hanning: "Olympia-Quali wäre eine Sensation"

Von Interview: Florian Regelmann
Füchse-Macher Bob Hanning ist seit 2005 der starke Mann in Berlin
© Getty
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SPOX: 2005 erreichte Sie der Anruf mit dem Angebot aus Berlin. Hätten Sie damals daran geglaubt, sechs Jahre später in der Champions League spielen zu können?

Hanning: Nein, wirklich nicht, damit konnte man nicht rechnen. Für uns ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Wir sollten jeden Moment genießen und das tun wir auch. Wir können uns aber auch realistisch einschätzen. Wir liegen vom Etat nicht in der Spitze, wir wissen deshalb auch, wie wichtig es ist, gute Charaktere in der Mannschaft zu haben. Auf Kontinuität zu setzen, den Blick auf das Machbare nicht zu verlieren und organisch zu wachsen.

SPOX: Eine der überragenden Füchse-Figuren ist auch in dieser Saison wieder Silvio Heinevetter. Wie sehen Sie die Chancen, dass er nicht in ein paar Jahren Nachfolger von Thierry Omeyer in Kiel wird?

Hanning: Es ist einfach so, dass man Verständnis haben muss, wenn Bayern München im Fußball ruft. Oder eben der THW Kiel im Handball. Es geht ja auch für einen jungen Menschen darum, dauerhaft in der Champions League zu spielen und Titel zu holen. Deshalb könnte man es ihm nie übel nehmen, wenn er mal wechseln würde. Ich fand es toll, dass Silvio nicht zu den Löwen gegangen ist. Weil es eine reine Geschichte des Geldes gewesen wäre, da hätte er viel mehr als bei uns verdienen können - da hätte ich mehr Bauchschmerzen gehabt als beim THW. Ich würde mich freuen, wenn er seine Karriere bei uns beendet, aber ich bin ihm auch nicht böse, wenn er sich für einen anderen Weg entscheidet.

SPOX: In der nächsten Saison wird er aber auf jeden Fall noch in Berlin spielen, richtig?

Hanning: Tausendprozentig ja. Es besteht kein Grund, dass er uns verlässt. Sonst hätte er den Vertrag nicht machen müssen, er wurde ja nicht dazu gezwungen. Er hat sich ja dabei etwas überlegt. Irgendwann werden wir dann in der nächsten Saison darüber reden und schauen, wie es aussieht. Wenn der THW ihn wirklich haben wollte, dann ist es auf jeden Fall keine Frage des Geldes. Sondern eine Frage, wie ich Titel holen kann. Er ist kein Geldsack, sondern ein sehr feinfühliger Mensch. Mit vielen Stärken, natürlich auch mit Schwächen. Er ist definitiv nicht geldgierig und er ist definitiv jemand, der sich alles sehr gut überlegt und auch heimatverbunden ist.

SPOX: Neben Heinevetter wird in Berlin auch viel über Iker Romero gesprochen. Vor der Saison wurde die Verpflichtung von einigen Leuten als PR-Aktion abgetan. Spüren Sie eine besondere Freude, wenn Sie jetzt sehen, welch starke Leistungen Romero schon gebracht hat?

Hanning: Es ist ja so: Wenn ich auf alles gehört hätte, was mir die Experten so geraten haben, dann wären wir in Berlin jetzt in der Regionalliga. Wenn überhaupt. Ich berate mich mit Menschen, die ich als Freunde empfinde und die nicht geil auf Schlagzeilen sind. Laen war nicht gut genug, Christophersen war nicht gut genug, jetzt war es Romero. Iker Romero ist der Mann für die besonderen Momente. Er ist kein Spieler mehr, der 60 Minuten spielen kann, aber er weiß, wie man gewinnt, wie man Titel holt. Er nimmt mit seiner positiven Art viele Menschen mit.

SPOX: Und er hatte sicher lukrativere Angebote.

Hanning: Ja. Er ist nicht des Geldes wegen zu uns gekommen, er ist aus Überzeugung gekommen. Er hat gesagt, dass sich Ex-Spieler von uns begeistert über den Klub geäußert haben und er auch deshalb gekommen ist. Was kann es für ein schöneres Lob geben, als wenn deine Ex-Spieler als Botschafter in der Handball-Welt so für dich werben. Iker Romero wird auf Jahre hinaus einer unserer großen Botschafter. Ich bin sehr dankbar und echt stolz, dass er bei uns Handball spielt.

SPOX: Lassen Sie uns abschließend noch kurz über die Nationalmannschaft sprechen. Die letzten beiden großen Turniere waren eine Katastrophe, beim Supercup hat es zuletzt auch nur Niederlagen gesetzt. Bei der EM in Serbien steht das Olympia-Ticket auf dem Spiel, haben Sie Sorge, dass es schief geht?

Hanning: Zuerst mal möchte ich sagen, dass ich sehr glücklich bin, dass wir Martin Heuberger als Bundestrainer haben. Aber: Auch er kann nicht über Wasser gehen. Für mich wäre die Olympia-Qualifikation eine Sensation. Ich rechne nicht damit, wäre aber natürlich begeistert, mich positiv überraschen zu lassen. Wenn es mit Olympia nicht klappt, hätte es den Vorteil, dass der Umbruch noch schneller erfolgen könnte. Alles andere, wie auch jetzt wieder bei der EM, läuft auf Kompromisse hinaus. Ich würde mich freuen, wenn es klappt, aber ich rechne wie gesagt nicht damit. Ich würde ein Scheitern auch nicht als Katastrophe ansehen. Klar, es wäre schade, aber damit müsste man nach den letzten Jahren eben leben.

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