Hanning: "Olympia-Quali wäre eine Sensation"

Von Interview: Florian Regelmann
Füchse-Macher Bob Hanning ist seit 2005 der starke Mann in Berlin
© Getty

Bob Hanning hat aus den Füchsen ein Top-Team gemacht und sie von der zweiten Liga in die Champions League geführt. Im Interview spricht der 43-jährige Manager über Berlin, das DHB-Team, die umstrittene 48-Stunden-Regel, Silvio Heinevetters Zukunft und seine Liebe zu den New York Yankees. Ab sofort wird Hanning bei SPOX regelmäßig als Experte seine Einschätzungen zum Handball-Geschehen abgeben.

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SPOX: Herr Hanning, Sie waren am Freitag persönlich auf der Beerdigung der Methe-Zwillinge, deren Tod ganz Handball-Deutschland erschüttert hat. Wie haben Sie die Trauerfeier ganz persönlich erlebt?

Bob Hanning: Es war eine sehr würdevolle Verabschiedung. Man hat wirklich gemerkt, dass die Handball-Familie doch zusammenhält. Es war ein sehr schönes, würdevolles Gefühl. Ich muss sagen, dass mir ihr Tod persönlich sehr nahe gegangen ist. Ich war noch nie so betroffen, wenn es nicht meinen engeren Familienkreis betroffen hat. Es hat mir schon sehr zugesetzt. Deswegen ist es auch wichtig und richtig, die Dinge ein bisschen sacken zu lassen und dann noch einmal zu reflektieren. Das sollte dann aber nach innen geschehen und ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

SPOX: Es gab natürlich jetzt schon Stimmen, die einen respektvolleren Umgang mit Schiedsrichtern gefordert haben.

Hanning: Ich denke, dass für Schlussfolgerungen jetzt einfach noch nicht die Zeit gekommen ist. Wir sollten im Januar überlegen, ob es Dinge gibt, die wir gemeinsam verändern wollen. Aber man sollte den Tod von zwei Freunden nicht hernehmen, um zu politisieren. Es ist ganz normal, dass so ein tragisches Ereignis zum Nachdenken anregt. Aber man sollte erst den nötigen Abstand gewinnen und jeder sollte sich und sein Handeln dann selbst hinterfragen - aber nicht ein paar Tage nach der Beerdigung.

SPOX: Fakt ist, dass die Schiedsrichter in dieser HBL-Saison bereits ein großes Thema waren. Stichwort: 48-Stunden-Regel. In den 48 Stunden nach einem Spiel darf man die Refs nicht mehr kritisieren, sonst gibt es Geldstrafen. Viele Spieler haben sich darüber aufgeregt, kann diese Regel der Weisheit letzter Schluss sein?

Hanning: Meiner Meinung nach ist die 48-Stunden-Regel von uns nicht gut verkauft worden. Was wollten wir eigentlich damit erreichen? Wir wollten einen respektvolleren Umgang miteinander erreichen. Es war aber nicht gewollt, dass man plötzlich meint, nicht mehr kritisieren zu dürfen. Es geht darum, dass man erst mal reflektiert und dann darüber spricht. Das halte ich auch nach wie vor für richtig. Das heißt nicht, dass man nicht sagen darf, dass die letzten beiden Entscheidungen in einem Spiel fachlich falsch waren. Das ist nach wie vor erlaubt. Es geht ausschließlich um verbale Entgleisungen, um Respektlosigkeiten. Ich verbitte mir das von meinen Mitarbeitern in meinem Unternehmen. Und die Schiedsrichter haben in ihrem Ehrenamt auch das Recht, respektvoll behandelt zu werden. Trotzdem müssen sie sich weiter der Kritik stellen.

SPOX: Etwa ein Drittel der HBL-Saison ist vorbei. Sie haben schon sehr früh gesagt, dass die Meisterschaft für Sie bereits entschieden ist. Wenn man sieht, wie sich die Lage seitdem entwickelt hat, werden Sie Ihre Meinung kaum geändert haben, oder?

Hanning: Nein. Der HSV war ja böse auf mich, dass ich schon nach zwei Spieltagen gesagt habe, dass die Meisterschaft für mich zugunsten von Kiel entschieden ist. Aber das habe ich damals so gesehen und das sehe ich heute noch genauso. Unabhängig davon, dass der HSV wieder im Kommen ist und Per Carlen dort wirklich gute Arbeit leistet, habe ich persönlich an das Thema Meisterschaft einen Haken gemacht.

SPOX: In der NFL wird schon über eine mögliche Perfect Season der Green Bay Packers gesprochen. Halten Sie es für möglich, dass der THW nicht nur einfach Meister wird, sondern dass er nicht ein einziges Spiel verlieren wird?

Hanning: Nein, das glaube ich nicht. Die Belastung wird in Richtung EM noch einmal zunehmen. Was den DHB-Pokal angeht, würde ich mir wünschen, dass wir ihre Belastung am 14. Dezember diesbezüglich beenden. Wir wollen ihnen ja auch nicht zu viel zumuten. Aber noch mal zurück zur Frage: Verlustpunktfrei durch die Saison zu kommen, das geht nicht. Aber selbst wenn sie am Ende mit sechs Minuspunkten Meister werden, ist das im Handball wie eine Perfect Season. Es sind viele Faktoren, die Kiel in dieser Saison so stark machen. Ihre Langzeitverletzten, die sie zurückbekommen haben, sind im Prinzip wie neue Spieler. Und dann ist es ganz klar auch eine Reaktion auf die letzte Saison. Die wollen sie korrigieren, das merkt man ihnen eindeutig an.

SPOX: Wenn wir gerade schon beim US-Sport waren, Sie sind großer Fan der New York Yankees. Wie kommt's?

Hanning: Ich war einmal drüben und habe mir ein Spiel live angeschaut, dann fliegt man noch mal rüber und schaut sich wieder Spiele an. Wie so etwas dann eben wächst. Dann kauft man sich einen Kulturbeutel der Yankees und immer so weiter (lacht). Ein bisschen verrückt eben. Die spielen natürlich noch mal in einer ganz anderen Welt als wir, wir bewundern sie auch in vielen Dingen. Ich bin absoluter Fan.

SPOX: Zurück zur Bundesliga. Der THW marschiert vorneweg, aber mit der Saison der Füchse können Sie auch mehr als zufrieden sein bis jetzt. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus Berliner Sicht aus?

Hanning: Wir sind super glücklich mit dem, was wir bisher gezeigt haben. Wir hatten zwar auch Schwächephasen, wie in Göppingen und am Ende in Gummersbach, aber mit Ausnahme des desolaten CL-Spiels gegen Veszprem spielen wir eine überragende Saison. Unser Manko ist nur ein bisschen, dass wir es nicht schaffen, 60 Minuten Konstanz an den Tag zu legen. Dennoch: Wir sind unserem Traum, in der nächsten Saison wieder europäisch dabei zu sein, schon ein Stückchen näher gekommen. Wenn wir jetzt unsere Woche der Wahrheit in der Bundesliga mit dem Auswärtsspiel beim Bergischen HC und dem Heimspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen gut überstehen, sind wir in Richtung Europapokal ganz weit vorne.

Hanning über einen möglichen Heinevetter-Wechsel, Romero und das DHB-Team

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