Das erste Endspiel

Von Florian Regelmann
Handball, Deutschland, Schweden
© Imago

München - Die kurze Zusammenfassung der EM aus deutscher Sicht klingt ungefähr so: Gegen Spanien eine Abreibung bekommen, gegen Frankreich verloren, aber noch voll im Rennen. 

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Mit einem Sieg heute im abschließenden Hauptgruppen-Spiel gegen Schweden in Trondheim (19.20 Uhr im LIVE-TICKER) könnte Deutschland trotz aller Schwächen noch die Kurve bekommen und ins Halbfinale einziehen.

Zu verdanken haben die Deutschen dies den charakterstarken Isländern. Besser gesagt: Snorri Gudjonsson. Der Spielmacher schoss die am Ende völlig entnervten Ungarn beim 36:28-Erfolg mit elf Toren fast im Alleingang ab.

Schweden reicht Remis 

Durch die Pleite der Ungarn hat es das Team von Heiner Brand wieder in der eigenen Hand, doch noch unter die letzten Vier zu kommen. Dafür nötig: ein Sieg gegen die Tre Kronor. Mehr nicht.

Um das zu schaffen, muss sich der Weltmeister aber in nahezu allen Belangen steigern, zumal ein Unentschieden Schweden zum Weiterkommen genügen würde.

Die deutschen Spieler müssen vor allem begreifen, dass sich ihnen eine riesige Chance bietet. Gewinnt man gegen Schweden, winkt im Halbfinale ein Gegner, der einem liegen könnte. Im Finale könnten wieder die Franzosen warten. Selbst mit einem teilweise nicht vorhandenen Angriff hätte man sie beinahe besiegt, das sollte Mut machen.

Torwart und Rückraum sind gefragt 

Den Franzosen schön den Sieg im im Nachhinein unwichtigen Gruppenspiel überlassen, aber wenn es darauf ankommt, dann doch wieder besiegen. So muss die DHB-Auswahl denken, dann liegt der EM-Titel nach wie vor im Bereich des Möglichen.

Um die Aufgabe Schweden zu lösen, benötigt Deutschland vor allem zwei Dinge: Zum einen eine überragende Leistung im Tor. Henning Fritz spielte gegen die Franzosen gut (33 Prozent der Würfe abgewehrt).

Im Handball reicht auf der Torwart-Position "gut" auf Spitzenniveau allerdings nicht wirklich aus. Es zählt nur überragend oder eben nicht überragend. Fritz, eventuell mit der Unterstützung von Johannes Bitter, wird das Duell gegen Schwedens Super-Goalie Tomas Svensson, der bislang zu den besten Torhütern des Turniers zählt,  für sich entscheiden müssen.

Zum anderen muss der deutsche Rückraum mehr Durchschlagskraft entwickeln. Pascal Hens und Holger Glandorf müssen ihre "Pfosten-Allergie" schnellstens ablegen. Hens bekam gegen Frankreich allerdings einen Schlag aufs Knie und ist nicht hundertprozentig fit.

Vorsicht vor Kim Andersson 

Er sollte spielen können, aber die Hauptlast wird wohl auf Glandorf liegen. Deutschland gegen Schweden, das ist auch Glandorf vs. Kim Andersson.

Der Star des Rekord-Europameisters spielt mit 27 Toren und 19 Assists ein starkes Turnier und hat einen großen Anteil daran, dass Schweden nach einer langen Durststrecke dabei ist, bei einer Großveranstaltung wieder für Furore zu sorgen.

Die Frage ist, ob Schweden nach zwei ganz engen und emotionalen Spielen (27:27 gegen Ungarn, der 27:26-Last-Second-Sieg gegen Spanien) noch die Kraft haben wird, um den Weltmeister aus dem Turnier zu werfen.

Es wäre das endgültige Comeback der Männer in den gelben Leibchen und blauen Hosen. Von 1990 bis 2002 spielte Schweden die dominierende Rolle im Handball mit Spielern wie Staffan Olsson, dem jetzigen Co-Trainer Ola Lindgren, vor allem aber mit Magnus Wislander.

Comeback der Schweden 

Bei 13 Teilnahmen bei Großveranstaltungen gewann man mit einer Ausnahme (4. Platz EM 1996) immer eine Medaille. Viermal Europameister und zweimal Weltmeister wurde man binnen zwölf Jahren. Nur der Olympiasieg blieb der Goldenen Generation versagt, stattdessen gab es 1992, 1996 und 2000 "nur" Silber.

Nach dem Karriere-Ende der alten Recken Wislander und Olsson verschwand Schweden in der Bedeutungslosigkeit.

Zuletzt hatten die Schweden überhaupt nichts mehr zu melden, nicht mal Misserfolge. WM 2007: nicht qualifiziert. EM 2006: nicht qualifiziert. Olympia 2004: nicht qualifiziert.

Mit einem Mal könnten sie jetzt wieder da sein und die Prognose von Marcus Ahlm bei SPOX.com ("Wir spielen das Finale gegen Frankreich") könnte sich tatsächlich bewahrheiten.

Während die anderen beiden Spiele in der deutschen Gruppe völlig bedeutungslos sind (Frankreich - Ungarn und Island - Spanien) geht es in der anderen Gruppe heiß her.

Slowenien - Dänemark (18.15 Uhr)

Die Slowenen haben sich mit einem Überraschungssieg gegen Gastgeber Norwegen im Turnier zurückgemeldet. Angeführt von Top-Torjäger Ales Pajovic könnten sie mit einem Sieg gegen Dänemark noch ins Halbfinale einziehen. Vorausgesetzt Kroatien holt mindestens einen Punkt gegen Norwegen. Die Dänen hingegen kontrollieren ihr Schicksal selbst.

Sollten Kasper Hvidt, Lars Christiansen und Co. nach zwei Sensations-Leistungen (30:20 gegen Kroatien, 36:26 gegen Polen) gegen Slowenien alles verspielen, es wäre ein Schocker. Ein Remis reicht, aber bei einer Niederlage mit bis zu sieben Toren gegen Slowenien müssten die Dänen auf einen Sieg Norwegens hoffen.

Dann wären sie punktgleich mit Slowenien und Kroatien und aufgrund der besseren Tordifferenz innerhalb der drei Teams weiter. Gewinnt Slowenien mit acht Toren oder mehr, ist Dänemark in jedem Fall raus.

Norwegen - Kroatien (20.15 Uhr)

Für Norwegen lief vor heimischer Kulisse alles perfekt. Doch dann kam die Pleite gegen Slowenien und die Verletzung von Frank Löke. Der Kreisläufer fällt mit einer Knieverletzung für den Rest des Turniers aus.

Bitter, denn Löke war gemeinsam mit Torhüter Steinar Ege Norwegens bester Spieler. Nun müssen sie ohne ihn Ivano Balic stoppen und Kroatien besiegen. Sonst ist man raus. Den Kroaten reicht in jedem Fall ein Unentschieden. Es darf gerechnet werden in Gruppe I. 

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