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GESPONSERT VON

"Sind noch keine globale Erscheinung"

Mats Hummels im Wintertrainingslager des BVB in Dubai
© imago

Carsten Cramer ist bei Borussia Dortmund unter anderem für die Bereiche Marketing und Internationalisierung verantwortlich. Im Interview spricht Cramer über Effekte und Nachhall der Asienreise im Sommer, das Streitthema Dubai und zwei Fehler, für die er von den BVB-Fans auf die Finger bekommen hat.

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ADSPOX: Herr Cramer, der BVB war im Sommer auf Asienreise und hat während des Aufenthalts ein riesiges Echo in allen Bereichen erfahren. Wie beurteilen Sie den Auftritt mit einem halben Jahr Abstand?

Carsten Cramer: Wir haben einen sehr guten Eindruck hinterlassen und sind aufgrund der hohen Resonanz überwältigt. Die Reise war eine schöne Bestätigung dafür, dass wir eine internationale Relevanz erfahren und auf die richtigen Märkte gesetzt haben. Sie hat die sportliche Vorbereitung so gut wie nicht beeinträchtigt und war ein extrem positiver Baustein im Rahmen unserer Internationalisierungsstrategie - sie ist andererseits aber auch keine eierlegende Wollmilchsau. Es ist allerdings unstrittig, dass wir in absehbarer Zeit eine ähnliche Reise durchführen werden.

SPOX: Durch die Asientour wurde ein siebenstelliger Betrag erlöst. Woraus setzt sich dieser zusammen, lässt sich das genau bestimmen?

Cramer: Es geht dabei auch um mittel- und langfristige Erlöse und nicht nur um jene, die unmittelbar während der Reise erzielt wurden. Das geht grundsätzlich vom Sponsoring bis hin zu einem anderen Wert der Medienrechte. Merchandising-Effekte treten dagegen vor allem während der Präsenz der Mannschaft auf, aber auch durch eine digitale Begleitung während der Bundesligasaison. Wir haben dort zudem neue Fans und Freunde gewonnen, die sich womöglich erst auf Strecke zu Borussia Dortmund bekennen.

SPOX: Steht schon fest, wann eine solche Reise idealerweise wiederholt wird? Den kommenden Sommer haben Sie auch angesichts der EM bereits ausgeschlossen.

Cramer: Da würde ich mich jetzt ungern festlegen wollen. Fakt ist: Wenn man den ersten Schritt gemacht hat, müssen weitere folgen. Denn: Wie will man die Menschen begeistern, wenn es ihnen wohl in den seltensten Fällen vergönnt sein wird, einmal nach Dortmund zu kommen? Das geht einerseits über die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Die Champions League hat dort einen extrem hohen Stellenwert und ist die beste Werbung in eigener Sache. Andererseits ist es wichtig, vor Ort zu sein. Würde man nur diese eine Reise machen und sich zwei Jahre lange nicht mehr blicken lassen oder dort nicht digital in Erscheinung treten, wäre der Wert relativ schnell verpufft. Dazu haben wir als Bestandteil der Bundesliga einen Auftrag. Wir sehen Wachstumspotenziale und müssen dazu Aufgaben im Rahmen der Internationalisierungsstrategie wahrnehmen.

SPOX: Ist in dieser Hinsicht für Sie so etwas wie ein DFB-Pokalfinale in China denkbar?

Cramer: Nein, das Pokalfinale gehört nach Berlin. Wir müssen innovativ und kreativ sein, dürfen damit das Kerngeschäft aber nicht verwässern. Bundesliga und DFB-Pokal sind Brot und Butter des deutschen Fußballs. Der Fußball funktioniert in Deutschland deshalb so gut, weil er mittendrin ist. Wir müssen also aufpassen, dass man ihn nicht entfernt.

SPOX: Im letzten Interview mit SPOX sagten Sie, dass nach Japan, Singapur und Malaysia auch Vietnam, Thailand oder Indonesien denkbare Regionen für den BVB sein könnten. Inwiefern hat man sich denn an diese Märkte bereits herangepirscht?

Cramer: Jeder Markt wird individuell bearbeitet, wir wählen verschiedene länderspezifische Herangehensweisen. Wir glauben, dass wir mit dem Büro in Singapur, der regelmäßigen Präsenz von Karlheinz Riedle und Lars Ricken sowie der Kooperation mit den Johor Southern Tigers in diesen Anrainerstaaten Maßnahmen entwickelt haben, um dort nachhaltig präsent zu sein. Es gibt keine Blaupause, um zu sagen: So oder so sieht die Entwicklung des BVB in China, Japan oder sonstwo aus. Alles, was wir tun, basiert immer auf einem fundierten Wissen und dem Prinzip der Glaubwürdigkeit, gepaart mit einer Portion realistischer Selbsteinschätzung.

SPOX: Führen Sie derzeit weitere Marktforschungen durch, um auf neue Ergebnisse und Märkte zu stoßen?

Cramer: Sowohl die Bundesliga als auch wir machen das permanent, da wir uns bei diesen wichtigen strategischen Entscheidungen nicht ausschließlich vom Bauchgefühl leiten lassen können. Wir wollen das fundiert unterfüttern und werten es aus. So sprechen wir beispielsweise mit der DFL um herauszufinden, in welchem Markt die Medien entsprechende Relevanz haben und wo der BVB somit stattfinden kann. In China ist beispielsweise der große Pluspunkt, dass unsere Spiele dort im Free TV und nicht im Pay TV gezeigt werden und daher eine entsprechende Reichweite und Wahrnehmung garantiert ist.

SPOX: Hinsichtlich der Märkte konzentriert sich derzeit fast alles auf den südostasiatischen Raum. Wieso ist das so?

Cramer: Man sollte sich nicht überhöhen. Wir sind noch keine globale Erscheinung wie Real Madrid oder mancher Klub aus England. Der BVB ist aber ein starker Verein, der etwas zu erzählen hat, was im Fußball nicht alltäglich ist. Wir haben uns im ersten Schritt auf den südostasiatischen Erdteil konzentriert, da wir merken, wie die Menschen an unserer Geschichte interessiert sind. Mit Shinji Kagawa haben wir einen aus dieser Region stammenden und daher glaubwürdigen Botschafter. 1997 haben wir in Tokio den Weltpokal gewonnen. Es besteht also eine gewisse Affinität zu diesen Regionen.

SPOX: Gibt es die Überlegung, sich auch einmal an die gigantischen, aber auch schwer zu erschließenden Märkte in China oder Indien heranzuwagen?

Cramer: Nehmen wir noch einmal China: Das ist ein extrem interessantes Land, das sich dem Fußball quasi per Staatsordnung verschrieben hat. Die Menschen scheinen nach einer zweiten Sportart neben dem Basketball zu lechzen. Das kann man nun komplett ignorieren oder ernstnehmen. Um ein solches Land zu erreichen, hilft natürlich die digitale Welt. Kurzum: Wir nehmen das große Interesse in China wahr und überlegen uns aktuell, wie wir dort einen angemessenen Fußabdruck hinterlassen können.