Problemzone Hinterkopf

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Sorgenkind Carlos Alberto ist zurück in Brasilien, Leon Andreasen wechselt für vier Millionen Euro noch im Winter zum FC Fulham nach England, im Sommer geht Tim Borowski zu den Bayern.

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Innerhalb von nur fünf Tagen gaben gleich drei Mittelfeldspieler ihren Abschied aus Bremen bekannt. Bitter genug für Werder, doch im Sommer könnte es noch weitaus schlimmer kommen.

Denn wie die italienische Sportzeitung "Gazetta dello Sport" am Samstag berichtet, erklärte Juventus Turin die Verpflichtung von Bremens Spielmacher Diego nun zur absoluten Chefsache.

Ein entsprechendes schriftliches Angebot soll den Werder-Verantwortlichen bereits vorliegen. Und vor allem: Angeblich landete das Fax auch nicht sofort im Müll. Laut "Gazetta" wären Manager Klaus Allofs und Cheftrainer Thomas Schaaf bei einer Summe von 30 Millionen Euro durchaus gesprächsbereit.

Clever genug, um abzuwarten

Wie SPOX.com jedoch von einem engen Vertrauten Diegos erfuhr, denkt der Spielmacher selbst derzeit nicht über einen Wechsel nach. Er sei clever genug, um zu wissen, dass er sich in Bremen weiterhin unter besten Bedingungen entwickeln kann. Mit seinen 22 Jahren habe er zudem noch ausreichend Zeit, um zum richtigen Zeitpunkt zu einem europäischen Spitzenverein zu wechseln.

Allerdings: Wie immer gebe es auch im Fall des Brasilianers eine finanzielle Schmerzgrenze. Sollte ein Topklub ein Angebot vorlegen, zu dem weder Diego noch die Bremer "nein" sagen können, sei ein Transfer denkbar.

Rund 20 Millionen hat Juventus nun dafür angeblich bereits sicher verpackt in einem dicken Sparstrumpf mit der exklusiven Aufschrift: "Diego!"

Juve will Abwehrspieler opfern

Im Lauf der vergangenen Woche soll es in Turin ein Treffen zwischen Juve-Trainer Claudio Ranieri, Sportdirektor Alessio Secco und Geschäftsführer Jean-Claude Blanc gegeben haben, bei dem das Trio einstimmig zu dem Ergebnis kam: Volle Konzentration auf den Werder-Star.

Um die von Bremer Seite vermeintlich geforderten 30 Millionen noch zusammenzukratzen, will Ranieri offenbar sogar darauf verzichten, im Winter einen Abwehrspieler zu verpflichten, was nach der schweren Knieverletzung des italienischen Nationalspielers Giorgio Chiellini ursprünglich ganz oben auf der Turiner Agenda stand.

Bremen droht der Ausverkauf

Damit droht den Bremern also möglicherweise ein kompletter Ausverkauf. Vor allem im Mittelfeld wird die Personaldecke zusehends dünner - und zwar nicht erst im Sommer.

Nach dem Abgang von Carlos Alberto und Andreasen stehen mit Diego, Borowski, Torsten Frings, Daniel Jensen und Jurica Vranjes gerade einmal fünf gelernte Mittelfeldspieler im Werder-Kader.

Dazu kommen Frank Baumann, der in der kompletten Hinrunde ganze vier Spiele absolviert hat, sowie die jungen Peter Niemeyer (bisher fünf Bundesligaeinsätze) und Kevin Artmann (noch ohne Bundesligaerfahrung). Potentielle Alternativen wie Aaron Hunt oder Martin Harnik fühlen sich im Sturm deutlich wohler als im Mittelfeld, Patrick Owomoyela ist eher ein Abwehrspieler.

Das Hinterkopf-Dilemma

"Wir haben genug Spieler", kommentierte Allofs den Wechsel von Andreasen zwar noch trotzig. Doch die Situation in Bremen könnte sich ebenso schnell wie dramatisch zuspitzen.

Diego hat die gesamte Vorbereitung verpasst, er hält sich derzeit in Brasilien auf, um eine Leistenverletzung auszukurieren. Frings konnte aufgrund verschiedener Blessuren nur zwei Spiele in der Hinrunde absolvieren und ist bei weitem noch nicht in Topform.

Und wie sich der Wechsel zu den Bayern im Hinterkopf von Tim Borowski auswirken wird, bleibt abzuwarten. Von den Hinterköpfen der Bremer Fans ganz zu schweigen. Ein, zwei schwächere Spiele vor heimischer Kulisse, und Borowski, der von seiner Ausstrahlung her ohnehin nicht zum Publikumsliebling taugt, könnte schnell zum Sündenbock der Werder-Fans mutieren.

Improvisationskünstler Schaaf

Zu guter letzt wird den Bremern wohl auch Boubacar Sanogo, der mit der Elfenbeinküste um den Afrika-Cup spielt, für die ersten beiden Spiele nicht zur Verfügung stehen. Damit steht Thomas Schaaf einmal mehr vor der kniffligen Denksportaufgabe, aus einem Rumpfkader eine schlagkräftige Truppe zu formen.

Darin allerdings hat der Bremer Coach jede Menge Übung. Schon über die komplette Hinrunde etwa musste Schaaf ständig experimentieren, weil immer wieder Leistungsträger verletzungsbedingt fehlten.

Doch das Ergebnis von Schaafs Improvisationskünsten kann sich durchaus sehen lassen: Platz zwei in der Tabelle, punktgleich mit Herbstmeister Bayern München.

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