Alonso mit neuem Heckflügel auf Vettel-Niveau?

Von Alexander Maack
Damit Fernando Alonso wieder mit Red Bull mithalten kann, bringt Ferrari einen neuen Heckflügel
© Getty

In Abu Dhabi könnte eine Vorentscheidung im Kampf um die Fahrer-WM fallen. Allerdings hat Ferrari offenbar den Grund gefunden, warum Fernando Alonso im Qualifying nicht mehr mit Sebastian Vettel mithalten kann. Die Italiener bringen neue Teile mit und wollen die Trendwende schaffen. Dagegen tobt im Mittelfeld der Kampf um den fünften Platz in der Konstrukteurs-WM.

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Streckendaten:

  • Name: Yas Marina Circuit
  • Ort: Abu Dhabi
  • Länge: 5,554 Kilometer
  • Runden: 55
  • Renndistanz: 305,470 Kilometer
  • Kurven: 9 Rechtskurven, 12 Linkskurven

Darauf kommt es an: Vollgas, Vollbremsung, Vollgas, Vollbremsung. Der Kurs in Abu Dhabi ist aus fahrerischer Sicht ziemlich monoton. "Die Piloten können hier nicht so viel ausrichten wie zum Beispiel in Spa und Suzuka", bestätigt Pirelli-Testfahrer Lucas di Grassi: "Die Teams müssen sich mehr darauf konzentrieren, dass die Traktion stimmt."

Lediglich im ersten Abschnitt gibt es schnelle Kurven, die viel aerodynamischen Grip fordern. Der zweite Sektor besteht aus zwei langen Geraden, der dritte erinnert eher an einen Stadtkurs: acht rechtwinklige Kurven, die durch kurze Geraden miteinander verbunden sind.

"Wir haben viel daran gearbeitet, die perfekte Bremsbalance einzustellen", erklärt Caterhams Witali Petrow: "Wer hier in den Bremszonen nicht attackiert, hat schon verloren."

Trotz der unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Sektoren ist hoher Abtrieb nötig, um im ersten und letzten Abschnitt keine Zeit zu verlieren. Wer sein Auto mit weniger Flügel ausstattet, hat im Qualifying Nachteile, kann im Rennen auf den langen Geraden jedoch besser zu Überholmanövern ansetzen.

DRS-Zonen mit separater Messung

Eine Überlegung, die nur die wenigsten Teams umsetzen werden. "Überholen ist auf dieser Strecke trotz der langen Geraden und vielen Bremszonen sehr schwierig, auch wenn sich dies nach der Einführung der DRS-Zonen im vergangenen Jahr verbessert hat", erklärt Mercedes-Sportchef Norbert Haug.

Die beiden Zonen, in denen das obere Element des Heckflügels im Rennen hochgeklappt werden darf, sobald ein Pilot weniger als eine Sekunde hinter seinem Vordermann liegt, befinden sich nach Turn 7 und 10.

Bei Abstimmung und Strategie müssen die Teams zudem beachten, dass die Temperaturen während des Rennens stetig sinken werden. Der GP wird am späten Nachmittag gestartet, nach dem Sonnenuntergang kühlt der Asphalt merklich ab. Bis zu 15 Grad Unterschied sind möglich.

Außerhalb der Rennstrecke zählt in Abu Dhabi vor allem die Show. An den drei Tagen finden nach den Sessions drei Konzerte statt. Kylie Minogue, Nickelback und Eminem unterhalten die Ticket-Käufer. Auch auf dem Kurs zählt Spektakel: Bei der Boxenausfahrt unterqueren die Piloten die Rennstrecke, nach Kurve 18 fahren sie unter dem futuristischen Yas-Hotel durch.

Wetter-Prognose:

  • Freitag: sonnig, 27-28 Grad, 0 Prozent Regenrisiko
  • Samstag: sonnig, 27-28 Grad, 0 Prozent Regenrisiko
  • Sonntag: sonnig, 25-28 Grad, 0 Prozent Regenrisiko

Reifen: Soft und Medium. Pirelli stehen für das drittletzte Rennen des Jahres riesige Datenmengen zur Verfügung. Aus Reifentests, dem Young Driver Test und dem letztjährigen Grand Prix im Wüstenstaat zogen die Italiener den Schluss, zum letzten Mal in dieser Saison den weichen P-Zero-Yellow zu nominieren.

"Wir wissen, dass die Kombination aus Medium und Soft hier extrem gut funktioniert. Und da auch die Teams viel über Abu Dhabi wissen, sollten sie in der Lage sein, die passenden Strategien zu erarbeiten", sagt Motorsportdirektor Paul Hembery. Zudem freut sich der Brite auf das Duell zwischen Fernando Alonso und Sebastian Vettel: "Da die Fahrer in der Meisterschaftswertung so dicht beieinander liegen, kann die richtige Strategie schon die Vorentscheidung bringen."

Der Asphalt in Abu Dhabi ist relativ weich, was den Reifenverschleiß gering hält. Im ersten Sektor wirken dennoch vier G auf die Pneus, die auf der langen Geraden durch den Abtrieb der Autos außerdem mit 1200 Kilogramm belastet werden. Beim Anbremsen zu Turn 11 verzögern die Autos mit über fünf G. Hier verringern die Piloten ihre Geschwindigkeit von über 300 Stundenkilometern auf etwa 90.

Statistik:

  • Sieger 2011: Lewis Hamilton in 1:37:11,886 Stunden
  • Pole-Position 2011: Sebastian Vettel in 1:38,481 Minuten
  • Schnellste Rennrunde 2011: Mark Webber in 1:42,612 Minuten
  • Rekordsieger: Sebastian Vettel (2 - 2009, 2010)

Favoriten:

Red Bull: Fährt die Formel 1 an zwei Wochenenden hintereinander, ist die Perspektive für das zuletzt dominierende Team umso besser. Red Bulls Auto war in den letzten drei Rennen dominant.

Vettel hat beste Erinnerungen an den Kurs im Emirat. 2010 wandelte der Heppenheimer beim Saisonfinale einen 15-Punkte-Rückstand in einen Vorsprung von vier Punkten um und sicherte sich seinen ersten Weltmeistertitel. Der Hattrick von drei Siegen in Folge wurde im letzten Jahr nur durch den reifenbedingten Ausfall verhindert.

"Das Rennen hat sich innerhalb von lediglich drei Jahren zu einem der Saisonhighlights entwickelt", so Vettel. "In der Dämmerung zu starten und dann in der Dunkelheit das Rennen zu beenden, macht es einzigartig und beeindruckend."

Zudem wird Red Bull wohl abermals vom enormen Vorsprung im Qualifying profitieren. In Indien fehlten den McLaren-Piloten etwa zwei Zehntel auf Vettels Bestzeit, WM-Konkurrent Alonso im Ferrari sogar noch mehr.

Ferrari: "Im Renntrimm können wir das Tempo der Red Bull halten", sagt Alonso und dürfte dennoch weiterhin mit der Performance seines F2012 in der Qualifikation hadern. Derzeit verliert der Spanier einfach zu viel Zeit nach dem Start, weil er hinter anderen Autos feststeckt. "Wir müssen in der Qualifikation besser werden. Da führt kein Weg vorbei," bestätigt Teamchef Stefano Domenicali.

Nach dem Qualifying in Indien soll es deshalb in der Ferrari-Box geknallt haben. Alonso sei ausgerastet, als Domenicali in einem Interview andeutete, dass die dritte Reihe in der Startaufstellung auch aus der Fahrerleistung resultiert habe. Laut "La Stampa" hatte der WM-Zweite eine deftige Nachricht für Twitter vorbereitet: "Ich will, dass meine 1,2 Millionen Follower wissen, dass die aerodynamischen Schlüsselkomponenten im Heck des Ferrari immer noch die gleichen wie im Mai sind."

Der Tweet wurde nicht gesendet. In Abu Dhabi angekommen, bestritt Alonso die Gerüchte direkt. "Das war eine sehr gute Erfindung der italienischen Medien, wirklich sehr kreativ", sagte der Spanier lächelnd: "Irgendwann werde ich mal rausfinden müssen, wie man auf so etwas kommt."

Ferrari will unterdessen erkannt haben, was den eklatanten Unterschied zwischen Trainings- und Rennperformance ausmacht: Der bisherige Heckflügel soll bei der Aktivierung des DRS den Luftwiderstand nicht in dem Maße verringern, wie es bei den anderen Autos im Feld der Fall ist.

Dadurch haben die Fahrer bei hochgeklapptem Heckflügel nur einen geringeren Topspeed-Vorteil. Deshalb testete Ferrari in Indien eine Neuentwicklung, die schon in Abu Dhabi eingesetzt werden soll. "Ich hoffe, wir kriegen ihn noch hin", bestätigt Domenicali. Allerdings müsste der Flügel vier Zehntel auf einer schnellen Runde bringen, um die Chance auf die Pole Position zu haben.

Das Streckenlayout könnte Ferrari derweil entgegen kommen. Der Stop-and-Go-Charakter des letzten Abschnitts liegt Ferrari mehr als schnelle Kurven mit rasanten Lastwechseln.

McLaren: Nach dem Rennen in Neu Delhi hat auch der britische Rennstall wieder Hoffnung geschöpft. "Indien hat gezeigt, dass die Top-Teams derzeit extrem eng beeinander sind. Ich würde mich also nicht auf eine Hackordnung festlegen", sagt etwa Jenson Button.

McLaren will in diesem Jahr unbedingt noch ein Rennen gewinnen und hofft, schon am Persischen Golf das Ziel zu erreichen. "Die Fahrer genießen den Kurs und er passt zu den Stärken unseres Autos", erklärt Teamchef Martin Whitmarsh.

Auch ohne große Updates macht sich das Team aus Woking Hoffnungen, beim Qualifying an Red Bull vorbeizuziehen. "Es gibt einen Umschwung von einer Rennstrecke zur anderen und der ist nicht mit den Neuentwicklungen verbunden, die man ans Auto bringt", sagte Sam Michaels, seines Zeichens Technischer Direktor bei McLaren.

Die übrigen Teams:

Lotus: Bei Lotus ist das Gefühlsbild noch nicht ganz eindeutig. Zwar freut sich das Team, dass das Coanda-Auspuff-System funktioniert und schnellere Rundenzeiten ermöglicht, doch der geringere Durchmesser des Auspuffs kostet etwa 20 PS. So konnten in Indien weder Kimi Räikkönen noch Romain Grosjean während des Rennens erfolgreiche Überholmanöver vorweisen, nicht mal bei geöffnetem DRS.

Grosjean hofft, dass die neuen Teile, die ein Drittel des Leistungsverlusts wieder wettmachen sollen, gleich funktionieren: "Das ist sehr befriedigend und sehr wichtig für uns, wie für jeden anderen im Feld. Alles, was wir jetzt finden und das am Auto funktioniert, können wir auch nächstes Jahr verwenden."

Räikkönen erinnert sich unterdessen nur widerwillig an seinen bisher einzigen Abu-Dhabi-GP: "Ich habe dort mein letztes Rennen mit Ferrari und mein letztes vor dem Wechsel in den Rallyesport bestritten. Das war ein langweiliges Rennen, das muss ich wirklich sagen. Ich wurde Zwölfter und konnte während des Rennens nichts dagegen tun."

Mercedes: Nach der enttäuschenden Performance in den letzten Rennen kämpft Mercedes weiterhin mit Sauber um Position fünf in der Konstrukteurs-WM. Die Arbeiten am Silberpfeil für die kommende Saison laufen auf Hochtouren. Am Freitagmorgen sollen neue Teile getestet werden. Dass sich Michael Schumacher und Nico Rosberg im großen Stil verbessern, ist unwahrscheinlich, weil die Teile für das 2013er Auto bestimmt sind.

"Unser Ziel an diesem Wochenende ist, ein paar Punkte zu holen und für das nächste Jahr zu lernen", sagt Rosberg zurückhaltend: "Wir gucken definitiv aufs nächste Jahr, weil das sehr wichtig für uns wird. Wir müssen einen weiteren Schritt machen, so wie wir es dieses Jahr mit unserem ersten Rennsieg getan haben."

Sauber: Nach dem Indien-GP gab sich Teamchefin Monisha Kaltenborn ernüchtert. Keine Punkte aus den letzten beiden Rennen machen die Ausgangsposition um Kampf gegen Mercedes nicht gerade besser. "Wir wissen, dass wir jetzt unbedingt Punkte bei den ausstehenden Rennen machen müssen", so Kaltenborn.

Auch wenn Mercedes seit dem Rennen in Singapur keinen einzigen WM-Zähler mehr holen konnte, hat sich der Fokus verändert. 20 Punkte beträgt der Rückstand aktuell, doch Force India hat aufgeholt und liegt nur noch 23 Zähler hinter dem Schweizer Rennstall.

Force India: Aus den Problemen bei Sauber will das Team von Vijay Mallya profitieren. "Abu Dhabi sollte uns mehr liegen als Indien", sagt Nico Hülkenberg: "Es ist ein kurvenreicher Kurs mit vielen langsamen Kurven und erinnert an Singapur, wo wir gut mithalten konnten."

Beim Nachtrennen Ende September hatte Paul di Resta den vierten Platz belegt, Hülkenberg wurde nach einem unglücklichen Reifenschaden nur als 14. gewertet. Sergio Perez rutschte damals gerade noch auf den zehnten Platz vor, weil Webber eine Zeitstrafe kassierte. Zumindest der Kampf im Mittelfeld bleibt also weiterhin spannend.

Zeitplan (MEZ):

  • Freitag, 10.00 Uhr: 1. Training
  • Freitag, 14.00 Uhr: 2. Training
  • Samstag, 11.00 Uhr: 3. Training
  • Samstag 14.00 Uhr: Qualifying
  • Sonntag, 14.00 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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