Die NFL-Saison nimmt Kurs auf die Halbzeitmarke - und das SPOX-Panel zieht ein erstes Zwischenfazit. Welche Teams konnten bislang überraschen? Welche Schwergewichte verpassen die Playoffs, wie gehen die Green Bay Packers mit der Verletzung von Aaron Rodgers um und welche Spieler haben über die ersten sechs Wochen besonders beeindruckt? Tobi Krause von den Backfield Boys, mySPOX-User Petzie sowie die SPOX-Redakteure Pascal De Marco und Adrian Franke verraten und erklären ihre Eindrücke nach Week 6.
1. Meine Überraschungsteams bisher sind...
Tobi Krause (The Backfield Boys Show): In einer Saison, in welcher die AFC East trotz Jets und Bills im tankenden Rebuild-Modus kein Team mit negativer Bilanz aufweist, einer Saison, in welcher die Eagles die beste Bilanz in der NFC innehaben, in welcher die Jags Houston, Baltimore und Pittsburgh auseinandernehmen aber dennoch 3-3 stehen oder auch Rams und 49ers das beste Thursday Night Football Game seit gefühlter Ewigkeit hinlegen, ist die Frage ziemlich schwer zu beantworten. Es ist eine verrückte, aber geile NFL-Saison. Nur die Browns sind auch in dieser Dimension die Browns. Positiv sind natürlich die Eagles und Chiefs zu nennen und doch bin ich am meisten überrascht von den Los Angeles Rams. Ich war mir sicher, dass Sean McVay das Ruder rumreißt, aber dass man in zwei der ersten drei Spiele über 40 Punkte holt, wofür die Rams zuvor zehn Jahre zwischen 2007 und 2016 brauchten, war imposant. Jetzt kommen auch die Defense und Special Teams ins Rollen. Das Grundgerüst in L.A. steht und die Seahawks und Cardinals machen die NFC West nicht unter sich aus. Negativ hat sich mein Bauchgefühl über die Raiders bewahrheitet. Mit einem Bein und dem halben Kopf vielleicht schon in Sin City, einem Lead-Back aus dem Ruhestand und unglücklicherweise Verletzungssorgen um Derek Carr - ein 2-4 Start in dieser Division ist mehr als schwierig aufzuholen.
Adrian Franke (SPOX): Ganz oben muss man sicherlich die Eagles sehen. Carson Wentz ist auf einem sehr guten Weg, die Defensive Line spielt noch besser als gedacht und die Offensive Line übertrifft die Erwartungen ebenfalls. Eine tolle Mischung, wenn man dann bedenkt, dass die Secondary über die kommenden Wochen noch individuelle Upgrades erhält. Bei meinem zweiten Überraschungsteam bin ich ganz bei dir, der Sprung der Rams von der vergangenen auf diese Saison ist enorm und McVay konnte Goffs Limitierungen bisher eindrucksvoll verstecken. Negativ-Überraschung Nummer eins sind für mich die Giants, daran ändert auch der Sieg in Denver nichts. Bei New York ist die Situation zusätzlich frustrierend, da die Probleme letztes Jahr schon die gleichen, nur in geringerem Ausmaß waren. Bei den Raiders musste man sicher Probleme in der Defense erwarten, die Schwächen in der Offense auch mit Carr, sobald das Kurzpassspiel weggenommen wird (plus: Coopers Drops!) aber hatte ich so nicht kommen sehen. Ich persönlich habe auch von Tennessee mehr erwartet, der einzige Mannschaftsteil, der hier bislang sein Potential abruft, ist die Offensive Line. Möglich, dass das starke Spiel gegen die Colts ein Saison-Wendepunkt für Mariota und die eigene Secondary. Noch ein Satz zu den Browns, weil du sie schon angesprochen hast, Tobi: Ich hatte bei Cleveland zum jetzigen Zeitpunkt wirklich eine sichtbare Entwicklung erhofft, davon ist leider überhaupt nichts zu erkennen. Die Browns waren für mich ein Kandidat für vier bis sechs Siege, aktuell ist man eher wieder auf 0-16-Watch.
mySPOX-User Petzie: Gehe ich größtenteils mit, Adrian. Die Giants sind für mich eine absolute Enttäuschung. Natürlich lief es mit den Verletzungen sehr schlecht für die G-Men, aber McAdoos Play-Calling war zuvor bereits unterirdisch und nahezu alle Mannschaftsteile haben underperformed. Das Play-Calling an Sullivan abzugeben war definitiv der richtige Schritt. Weitere negative Überraschung sind für mich die Browns, von denen ich ebenfalls einfach eine Weiterentwicklung erwartet habe und die sich zusätzlich mit ihren Entscheidungen rund um die Quarterbacks mal wieder nicht mit Ruhm bekleckern, sowie die Raiders, die aktuell offensiv einfach noch nicht in Gang kommen und defensiv weiter schwach agieren. Zusätzlich habe ich noch die Cowboys und Bucs auf dem Zettel, die ebenfalls sehr durchwachsen gestartet sind. Und positiv? Die Eagles hatte ich vor der Saison schon stark eingeschätzt, ich hatte die Cowboys in meinen Predictions zwar an der Division-Spitze, Pederson jedoch als Coach of the Year auf dem Schirm. Das Front Office in Philadelphia hat in Offseason und Draft einfach einen guten Job gemacht, dass das Team aber so stabil auftreten würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Eine weitere positive Überraschung sind für mich die Panthers, die Defense sah bisher vielversprechend aus und auch Cam stabilisierte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten. Zu guter Letzt noch die Jets. Dem Team hatte so gut wie niemand vor der Saison überhaupt drei Siege zugetraut und auch gegen New England sah es mindestens eine Halbzeit lang so aus, als ob man für eine Überraschung sorgen könnte.
Pascal De Marco (SPOX): Ich bin da insgesamt noch etwas skeptischer, klare Positiv- oder Negativüberraschungen zu nennen fällt mir aufgrund der unglaublichen Leistungsschwankungen der Teams bis zu diesem Moment ehrlich gesagt schwer. Sicher, die Eagles und die Rams sind positiv auffällig: Philly ist gerade ein sehr gutes All-Around-Team. Ein stark verbesserter Wentz profitiert von tollem O-Line-Play, auf der defensiven Seite spielen Brandon Graham und Vinny Curry hervorragend gegen den Run. Die Rückkehr von Fletcher Cox machte aus einer guten eine sehr gute Unit. Außerdem wird Ronald Darby die Secondary demnächst zusätzlich verstärken. Bei den Rams, das sehe ich ganz ähnlich, scheint der Entwicklungssprung im Vergleich zur letzten Saison der größte aller Teams zu sein. Goff lebt das neue Offensive-Scheme mit kreativem Play-Calling voll aus und Todd Gurley zeigt sich nach einer Katastrophen-Saison mit dem Gesicht aus der Rookie-Saison. Allein defensiv sind die Leistungen noch zu inkonstant. Zumindest gegen die Jaguars wirkte jedoch auch diese Seite verbessert, als man fünf Sacks sammeln und Leonard Fournette nach dessen Touchdown im Opening-Drive bei 2,8 Yards pro Laufversuch halten konnte. Zu den Negativ-Überraschungen zählen für mich die Giants, die Patriots, die Cowboys und die Falcons.
2. Ohne Aaron Rodgers haben die Packers keine Chance auf die Playoffs.
Adrian Franke (SPOX): Auch ohne Fan der Packers zu sein ist die Verletzung von Rodgers einfach bitter. Für mich gibt es keinen Spieler, der in Topform so begeistert, wie Rodgers - und das hat auch in Green Bays offensiver Entwicklung seine Spuren hinterlassen. Green Bay konnte so etwa über die vergangenen Jahre ein regelmäßig kränkelndes Run Game mit schleppen, oder sich Offensiv-Konzepte mit simplen Route-Konzepten leisten. Rodgers überspielte Probleme im Scheme und Probleme bei der individuellen Qualität, was Green Bays Offense dann umgekehrt oft so gefährlich machte: Rodgers' Stil, wenn er das Skript verlässt und improvisiert, verursacht Chaos in der Defense und plötzlich wurden die sich isoliert bewegenden Receiver für die Verteidiger ein Problem. Die Scramble-Pässe sind tatsächlich fester und trainierter Bestandteil der Offense. Die spannende Frage lautet jetzt: Kann Green Bay die Offense um aufeinander aufbauende Route-Kombinationen, Play Action, Run-Pass-Options und Screens herum aufbauen, so dass Brett Hundley simplere Reads bekommt? Seine Entwicklung wird spannend zu beobachten sein. Um aber zur eigentlichen Frage zu kommen: Ich würde Green Bay noch nicht komplett kategorisch abschreiben, vermute realistisch aber, dass es letztlich zu nicht mehr als acht Siegen reicht. Die Vikings sind jetzt mein relativ klarer Division-Pick, Detroit wird an seiner eigenen Offensive Line scheitern.
mySPOX-User Petzie: Der Ausfall von Rodgers trifft Green Bay extrem hart und da er wohl die komplette Rest-Saison verpasst, sehe ich für die Packers kaum noch eine Chance auf die Playoffs. Ich bin da bei dir, Adrian: Die Division sollte unter normalen Umständen jetzt an Minnesota gehen und für eine Wildcard dürfte es nur unter besonderen Umständen reichen. Hundley ist kein schlechter Backup, aber Rodgers musste das Team einfach viel zu oft mit Play-Extensions oder Ausnahmewürfen retten. Ohne Rodgers sind die Packers für mich ein bis zwei Klassen schlechter, A-Rod hat lange Zeit über viele Schwachstellen hinweggetäuscht. Die Offense muss jetzt zwingend angepasst werden um Hundley entgegen zu kommen. Er sah gegen die Vikings teilweise gar nicht so schlecht aus, aber die Pocket Awareness von Rodgers, seine Bootlegs und Rollouts, die Fähigkeit Plays zu verlängern und Würfe aus der Bewegung heraus sind einfach in einer anderen Liga, das darf man von Hundley nicht erwarten. GB braucht jetzt ein funktionierendes Run Game und eine stabilere Defense, um auch mit ihrem Backup die Chance zu haben, Spiele zu gewinnen. Der Schedule ist relativ dankbar, fünf bis sechs Siege traue ich dem Team durchaus noch zu. Als nächster Gegner warten die Saints, deren Defense einem nicht gerade das Fürchten lehrt und danach geht es in die Bye. Wenn dort intensiv und gut gearbeitet wird, könnte man gestärkt in die restlichen Wochen gehen und den ein oder anderen Sieg einfahren. Ob es dann am Ende reichen wird, hängt vor allem vom Erfolg der Adjustments, aber auch vom Erfolg der restlichen NFC-Teams ab.
Pascal De Marco (SPOX):Da kann ich nicht mitgehen, klare Antwort: Ja, ohne Rodgers haben die Packers keine Chance auf die Playoffs. Es gibt wohl kein Team in der gesamten Liga, das derart abhängig von einem Spieler ist wie das in Green Bay mit Rodgers der Fall ist. Vor der Verletzung am Sonntag standen die Packers bei einer Bilanz von 4-1. Und das trotz gravierenden Problemen im Run Game und großen Verletzungssorgen im Receiving-Corps und der Offensive Line. Die Route-Konzepte in der Packers-Offense sind dabei nicht gerade ungewöhnlich oder spektakulär. Rodgers schaffte es dennoch, seit Jahren auf höchstem Niveau zu liefern und die Packers als Playoff-Anwärter dastehen zu lassen. Zwar sind die Packers mit Hundley nun das bereits dritte Team der NFC North, das einen anderen Quarterback als in Week 1 startet (starten muss), doch sind die Veränderungen, die Mike McCarthy im Scheme vornehmen muss, am größten. Hundley zeigte gegen die Vikings Probleme bei Downfield-Reads und wenn er unter Druck geriet. Einfache Reads wie Curl-Flat-Kombinationen oder Dual-Slants sollten ihm das Leben leichter machen. Um die Playoffs spielen in der Division allerdings in meinen Augen nur noch die Vikings und Lions.
Tobi Krause (The Backfield Boys Show): Da halte ich dann wieder dagegen, Pascal! Bei einer Bilanz von 4-2 und Siegen gegen weitere Playoff-Contender der NFC mit Seattle und Dallas hat man weiterhin Chancen auf die Playoffs. Sie sind jedoch deutlich gesunken ohne den besten Quarterback der NFL. Ja, bester Quarterback der Liga, ich habe es gesagt. Als Rodgers 2013 ausfiel, gab es zwei Siege, vier Niederlagen und ein Unentschieden. Und die Packers haben ja jetzt nicht nur ihn zu ersetzen, sondern auch massive Verletzungssorgen in der Secondary, die bereits letztes Jahr der Grund für die Niederlage im NFC Championship Game war. Und Hundley, der die letzten Jahre unter Rodgers lernen durfte und die richtige Wahl für den weiteren Weg ist, wird hinter eine Offensive Line gesetzt, die kein Mal in diesem Jahr in gleicher Besetzung antrat. Beide Tackles, Bulaga und Bakhtiari, haben sich dieses Wochenende erneut verletzt. Doch die Bears um "The Mitchiah" sind noch nicht so weit, den Lions fehlt es an Konstanz in der Defense und die Vikings haben auch ihren Starting-Quarterback und vor allem Starting-Running-Back verloren. Für mich wird es ein enges Rennen bis Silvester mit einem krachenden und knallenden Feuerwerk zwischen den Lions und Packers um den Thron im Norden!
3. Die erste Head-Coach-Entlassung der Saison trifft...
Tobi Krause (The Backfield Boys Show): Den ersten Warnschuss haben wir schon gehört, als Ken Zampese als Offensive Coordinator in Cincinnati gehen musste. Zampese war seit Anbeginn der Marvin Lewis Ära, wenn man diese so nennen mag, mit im Staff des Head Coaches. 14 Jahre lang. In diesem Zeitraum hat Lewis kein einziges Playoffspiel gewinnen können und ist vergangenes Jahr 6-9-1 gegangen. Nun steht er in seinem letzten Vertragsjahr und vielleicht mag er es sogar zu Ende bringen, doch er dürfte es bei diesen Bilanzen nicht. Zwar haben sich die Bengals nach dem 0-3 Start mit Siegen gegen die Browns und Bills etwas aufgerappelt, doch jetzt geht es nach Pittsburgh, gegen die man sieben aus den letzten acht Duellen und die vergangenen vier Spiele nicht gewonnen hat. Manches nutzt sich mal ab. Dazu gehören gerne auch mal Head Coaches. 14 Jahre Mittelmaß, eine solche Teamchemie mit ständig suspendierten Stars und taktisches Zögern an falscher Stelle, wie bei den Running Backs mit Hill und Mixon, hätten jeden Coach schon den Stuhl gekostet. Je nach Ausgang der nächsten Wochen, wäre es auch in Cincinnati an der Zeit, dies in Betracht zu ziehen.
Adrian Franke (SPOX): Nicht ausgeschlossen, dass es Lewis dieses Jahr tatsächlich erwischt und einige Dinge in den vergangenen Jahren würden das auch rechtfertigen - ich aber glaube, dass der Tausch des Offensive Coordinators eher Lewis' Job-Retter, als ein Warnschuss war. Die Offense sieht seitdem so viel besser aus, sei es die Involvierung von A.J. Green und Joe Mixon auf der einen, oder Daltons sicherere Auftritte aus der Pocket heraus auf der anderen Seite. Und die Defense ist eigentlich schon die ganze Saison über nicht das Problem, für mich ist der Haupt-Kritikpunkt bei den Bengals die Kaderzusammenstellung insbesondere mit Blick auf die Offensive Line. Ich bin mir zunehmend sicher, dass Hue Jackson in Cleveland der erste Coach ist, der gehen muss. Sein Umgang mit der Quarterback-Situation riecht für mich nach Panik und Job-Angst, die Offense hat trotz Investitionen in die Line mindestens einen Schritt zurück gemacht und defensiv bin ich überhaupt kein Fan von dem, was Gregg Williams macht. Auch wenn es ganz klar ist, dass wir bei den Browns von einem mehrjährigen Prozess sprechen - irgendwann muss man Entwicklungen sehen, auf und abseits des Platzes.
mySPOX-User Petzie: Schwierig, Entlassungen vor Saisonende sind immer schwer vorhersehbar. Vor der Saison hatte ich Todd Bowles ganz oben auf meiner Liste, ich halte ihn nach wie vor für einen der schlechtesten Head Coaches der Liga, aber wenn die Jets jetzt nicht komplett einbrechen und noch weitere Siege einfahren sollten, könnte er seinen Job tatsächlich behalten. Wenn ich alle Teams mit negativer Bilanz durchgehe und die Coaches streiche, die ich vorerst als sicher erachte (Del Rio, Koetter, Lewis, Garrett, Mularkey, Lynn und Shanahan), dann bleiben für mich vier Kandidaten übrig: John Fox, Ben McAdoo, Chuck Pagano und Hue Jackson. Alle vier liefern genug Argumente für eine vorzeitige Entlassung. Pagano wäre meiner Meinung nach letztes Jahr schon fällig gewesen, aber das Team ist im Umbruch und man wird ihm den Ausfall von Luck wohl zu Gute halten, wobei er besonders mit seinen nicht vorhandenen Adjustments und den regelmäßigen Einbrüchen der Colts in der zweiten Spielhälfte "glänzt" und dadurch nicht sicher im Sattel sitzen dürfte. McAdoo muss versuchen den Turnaround irgendwie hinzubekommen, der Sieg gegen desolate Broncos war ein Schritt in die richtige Richtung, aber mehr eben auch nicht. Bei Jackson stellt sich die Frage wie geduldig Haslam und das Browns Front Office bleiben. Er sollte nicht an Siegen gemessen werden, aber eine Entwicklung sollte zu sehen sein und das sind die 2017er Browns bisher schuldig geblieben, trotz meiner Meinung nach deutlich verbessertem Roster. John Fox wirkt an der Bears-Sideline teilweise etwas planlos, fast hätte man das Spiel gegen die Ravens noch aus der Hand gegeben und auch die Situation rund um die Quarterbacks in Chicago war alles andere als clever gelöst. Lange Rede kurzer Sinn: Ich glaube eigentlich nicht, dass es so schnell eine Entlassung geben wird, wenn, dann tippe ich aber ebenfalls auf Jackson.
Pascal De Marco (SPOX): Bei Bowles kann ich dir nur zustimmen, das war auch mein Nummer-1-Kandidat im Vorfeld. Die Jets krempelten ihren Kader gerade generell um, merkten dann allerdings, dass sie doch noch Spiele gewinnen können. Bis zuletzt dachte ich dann an Ben McAdoo. Bei anhaltendem Misserfolg (Ausnahme Denver) hat der jetzt aber im unglaublichen Verletzungspech eine valide Ausrede zur Hand. Bleibt also noch Hue Jackson. Zugegeben ist die Situation bei den Browns alles andere als einfach. Der Rebuilding-Prozess ist in vollem Gange. First-Round-Pick Myles Garrett hat gerade erst sein zweites Spiel absolviert. Dennoch kann man mit der Entwicklung in Believeland nicht gerade glücklich sein. Die Probleme auf der Quarterback-Position sind seit Jahren allgegenwärtig. Jackson setzte DeShone Kizer in der vergangenen Woche auf die Bank und ließ Kevin Hogan ran. Der legte gegen die Texans ein 40er Passer Rating OHNE Pressure auf. Jackson soll für das Spiel gegen die Titans nun wieder zu Kizer tendieren. Fragliche Personalentscheidungen werden auch innerhalb des Spiels getroffen - Warum steht Duke Johnson bei Third-Down-Plays nicht auf dem Feld? Und nun kam auch noch die Debatte über Textnachrichten an Deshaun Watson während der Draft-Night auf. Jackson befindet sich nicht gerade in der besten Position um mit den Browns auch weiter in die Zukunft zu gehen.
4. Die Cowboys, Raiders und Falcons verpassen die Postseason.
Pascal De Marco (SPOX): Piano, piano! Wenn uns diese Saison bislang eines gezeigt hat, dann, dass alles möglich scheint. Jede Woche gibt es neue Überraschungen und Enttäuschungen, mit denen niemand gerechnet hat. So bleibt die Türe auch für die Teams offen, deren Saison bislang noch nicht nach Plan gelaufen ist. Die Cowboys und Falcons habe ich bereits unter meinen Enttäuschungen der Saison genannt. In Dallas dreht sich gerade alles um Ezekiel Elliott. Der läuft bislang aber für gerade einmal 3,7 Yards pro Laufversuch. Die Suspendierungs-Wolke scheint das ganze Spiel der Cowboys zu lähmen, gleichzeitig gehört Konstanz seit Jahren nicht mehr zum Wortschatz der Eagles und Redskins. Hier ist noch lange nichts verloren. Bei den Falcons macht sich der Abgang von Kyle Shanahan bemerkbar. Die Teams stellen sich besser auf das berechenbarere Playbook von Steve Sarkisian ein und die Offense wirkt deshalb limitiert. Das Potenzial ist allerdings viel zu groß um die Falcons abzuschreiben. Ein Sieg gegen die Patriots, deren Saison von Coverage-Problemen gezeichnet ist, könnte ihnen bereits wieder einen mentalen Push in die richtige Richtung geben. Größere Sorgen machen mir die Raiders. Die O-Line ist nicht annähernd so gut wie im vergangenen Jahr. Das Running Game kommt nicht in die Gänge und Amari Cooper ist komplett abgetaucht. Zum Besseren hat sich auch die Defense nicht geändert. Am Donnerstag geht es gegen die Chiefs. Hier muss man wohl zumindest den Traum vom Division-Sieg schon begraben.
mySPOX-User Petzie: Alle drei halte ich jedenfalls für sehr gewagt. Zwar haben alle aktuell unerwartete Baustellen und sind noch nicht wirklich in Form. Die O-Line der Cowboys, letztes Jahr noch eine der besten Lines der NFL, hat auf einmal Probleme und steht in Pass-Protection (Rang 9 laut Football Outsider) und Run-Blocking (30.!) deutlich schlechter als letztes Jahr da. Dazu spielte die Defense schwach und ließ viel zu viele Punkte zu. Offensiv ist das Run Game ein echtes Sorgenkind. Wenn die Eagles weiterhin so spielen und die Cowboys sich nicht schlagartig in allen Bereichen steigern, dann könnte der Kampf um den Division-Titel in ein paar Wochen bereits erledigt sein. Die Raiders hatten bisher mit dem zeitweisen Ausfall von Derek Carr zu kämpfen, zudem ist besonders Amari Cooper meilenweit von seiner Normalform entfernt. Hauptproblem in Oakland bleibt aber weiterhin die Defense, inwieweit der kürzlich verpflichtete NaVorro Bowman sofort helfen kann bleibt abzuwarten, er dürfte aber zumindest der Run Defense gut tun. Für den Division Titel sind die Chiefs eigentlich schon zu weit enteilt, aber Rang zwei und eine Wildcard halte ich für Oakland noch für realistisch, sofern das Team wieder in die Spur findet. Die Falcons hingegen sind eine Wundertüte, der Sieg gegen die Packers in Week 2 war stark, die restlichen Spiele waren sehr durchwachsen, fast hätte man am ersten Spieltag gegen die Bears verloren, jetzt die Niederlage gegen Miami nach 17:0-Führung. Dass man gerade offensiv das Niveau der vergangenen Saison nicht halten kann war mir klar, dass die Defense sich aber wieder zurückentwickelt statt an die gute Performance in den Playoffs anzuknüpfen überrascht mich schon etwas. Man ist dennoch nur ein Spiel hinter den Panthers, es ist also noch alles drin, besonders da man noch zweimal ins direkte Duell geht. Mein Tipp: Raiders und Falcons schaffen es, die Cowboys nicht!
Adrian Franke (SPOX): Mit einer Wette auf die These hätte man vor der Saison vermutlich jede Menge Geld gewinnen können. Jetzt? Naja. Ich gehe es mal der Reihe nach durch: Die Raiders hatte ich vor der Saison nicht in den Playoffs und Oakland hat mir bisher - ob mit oder ohne Carr - nichts gezeigt, das mich vom Gegenteil überzeugen würde. Bei den Cowboys weiß ich noch immer nicht, was ich von der Defense halten soll. Der Pass-Rush ist fraglos besser, die Run-Defense genau wie die Secondary anfälliger. Auch das Run Game ist noch nicht auf dem Level der Vorsaison, dafür gefallen mir die Fortschritte bei Dak Prescott sehr gut. Die NFC ist aktuell noch eine komplette Wundertüte, zumindest das sage ich aber: Die Eagles sind innerhalb der Division dieses Jahr das bessere Team. Und Atlanta? Die Falcons könnten locker auch bei 2-3 stehen, überzeugend ist gerade die Offense bisher nicht. Matt Ryan muss das Downfield-Game ins Rollen bringen (hier hatte er trotz der Pleite gegen Miami einige gute Ansätze), die Defense sich gegen den Run steigern. Den Falcons traue ich aber den Division-Sieg von den drei Teams noch am ehesten zu, so lange Carolina kein Run Game hat. Lange Rede, kurzer Sinn - sicher, die Saison ist noch lang. Mein Tipp aber lautet: Raiders und Cowboys verpassen die Playoffs.
Tobi Krause (The Backfield Boys Show): Da halte ich zumindest teilweise dagegen! Der Reihe nach: Vier Mal in Folge haben die Raiders verloren, darunter Division-Duelle gegen die Broncos und die heimatlosen Chargers. Und in der Offseason war da dieses Bauchgefühl bei mir, welches bisher bestätigt wird. Zudem der weitere Saisonverlauf nicht einfacher wird: Gegen die Chiefs, in Buffalo, in Mexiko gegen die Patriots, Cowboys, Eagles und die Division-Rivalen. Die AFC West ist zu stark, als dass man ein 2-4 noch aufholen kann. Die Bilanz der Falcons von 3-2 täuscht ein wenig. Die Siege gegen die Bears und Lions waren sehr glücklich. Die NFC South ist dieses Jahr weit offen und nach dem Super Bowl Trauma war mir klar, dass 2016 nicht zu wiederholen ist. Doch auch meine geliebten Cowboys sind von den Leistungen des Vorjahres noch ein gutes Stück entfernt. Man weiß, was sie können. Man sieht es aber nicht! Daher sind Falcons und Cowboys schwer einzuschätzen. Objektiv betrachtet werden beide bis zum Ende um die Wild Card kämpfen. Ich sehe sie im Dunstkreis der sechs besten NFC Teams und 2017 kann sich in der NFL wirklich von Woche zu Woche alles ändern. Subjektiv, mit sternförmiger Brille auf der Nase, haben die Cowboys noch fünf der sechs Division-Duelle vor der Brust und - hier stimme ich euch nicht zu - wiederholen den Divisionsieg! Fun Fact: Übrigens als erstes Team in der NFC East seit den Eagles in 2004, zu denen man zum Showdown in Woche 17 reisen wird.
5. Der beste Spieler der ersten sechs Wochen war...
mySPOX-User Petzie: Auch hier würde ich die Frage gerne in zwei Teilen beantworten und jeweils einen Spieler für Offense und Defense picken, auch wenn mir selbst das schon schwer fällt. Für beide Bereiche kommen einige Spieler in Frage, die bisher herausragend gespielt haben, einige unter dem Radar, andere deutlich auffälliger. Defensiv etwa Glover Quin und Harrison Smith, Calais Campbell, Aaron Donald und Melvin Ingram, Bobby Wagner sowie Jason McCourty, Patrick Robinson und Marshon Lattimore, ich entscheide mich aber hier für Jalen Ramsey. Was Ramsey dieses Jahr spielt ist einfach überragend, er hat seine starke Rookie Saison nochmal getoppt und sich nochmals deutlich verbessert, ist in der aktuellen Verfassung mindestens ein Top-5-Cornerback. PFF hat McCourty und Robinson höher, Ramseys Plays waren aber einfach etwas spektakulärer, daher geht meine Stimme nach Jacksonville. Offensiv tummeln sich neben den üblichen Verdächtigen (Tom Brady, Antonio Brown) noch Kandidaten wie Alex Smith oder Kareem Hunt. Hier mache ich es vergleichsweise kurz und entscheide mich recht eindeutig für Hunt. Der Rookie spielt herausragend und seine Stat-Line ist beeindruckend: 630 Rushing-Yards bei 106 Carries und vier Touchdowns, 255 Receiving-Yards und zwei Touchdowns. Seine Werte haben sich etwas normalisiert, nachdem er nach Week 3 noch 8,5 Yards pro Run und 15,2 Yards pro Catch erzielte, aber nichtsdestotrotz ist er aktuell auf dem besten Weg zum Offensive Rookie des Jahres.
Pascal De Marco (SPOX): Mein bester Spieler der Saison und MVP-Favorit ist Alex Smith. Ja, Smiths Spiel gegen die Steelers war eines der schwächeren, aber trotz der mageren ersten Halbzeit (5/8, 4 YDS) beendete er die Partie mit einer ordentlichen Stat-Line (19/34, 246 YDS, TD, 0 INT). Was mich an Smith in diesem Jahr besonders beeindruckt, ist, dass er das Passing Game über das gesamte Feld öffnet, ohne dabei zu großes Risiko einzugehen. Er wirft bislang 72,9 Prozent bei 192 Passversuchen und begeht nahezu überhaupt keine Fehler. Seinen zwölf Touchdowns steht keine einzige Interception gegenüber. Smith hat außerdem die Duelle mit den nächstbesten Quarterbacks der Saison (Brady, Wentz) für sich entscheiden können. Und während er für die Niederlage gegen die Steelers ein wenig Schuld auf sich nehmen muss, war er zumindest auch ein Grund, warum die Chiefs überhaupt noch im Spiel waren. Das Play beim De'Anthony-Thomas-Touchdown war ein MVP-Play. Und springt der Ball später nicht von Phillip Gaines' Helm in die Hände von Antonio Brown ist Kansas City vermutlich auch jetzt noch das einzig ungeschlagene Team. Smith ist am Sonntag zwar erstmals leicht gestolpert, aber welcher MVP hat schon 16 perfekte Spiele gemacht?
Adrian Franke (SPOX): Smith war auch mein erster Gedanke, ich bin immer noch beeindruckt, dass er wie auf Knopfdruck ein Downfield-Element zu seinem Spiel hinzugefügt hat. Wir haben Alex Smith noch nie auch nur ansatzweise so aggressiv gesehen, wenngleich man natürlich sagen muss, dass er enorm von gutem Run-Blocking, Hill und Kelce, dem bereits angesprochenen Kareem Hunt und ohne Frage auch von Andy Reids großartigem Play-Calling und Play-Design profitiert. Das soll seine Leistung nicht schmälern, öffnet für mich aber auch die Tür für andere Kandidaten - und ich habe mich letztlich für Le'Veon Bell entschieden. Bei drei der vier Steelers-Siegen (einzige Ausnahme Week 1 gegen Cleveland nach seinem Streik) hatte Bell über 30 Touches, zwei Mal sogar 35. Bei beiden Pleiten erhielt er nur 15 Runs. Bell hat Pittsburgh das Spiel in Kansas City mit einer herausragenden Leistung gewonnen, er ist aktuell auf Tape und auch was seinen Einfluss auf das Spiel angeht für mich wieder der beste Running Back der Liga. Auch vor Hunt, dem Elemente wie Misdirection, Read-Option und dergleichen deutlich mehr helfen. Pittsburghs Passspiel kränkelt nach wie vor, Bell ist derjenige, der das Offensiv-Schiff bislang halbwegs auf Kurs hält.
Tobi Krause (The Backfield Boys Show): Ich gehe ebenfalls in eine andere Richtung, meine Antwort nämlich lautet: Aaron Rodgers. Green Bay und die Packers werden jetzt abermals merken, wie gut Aaron Rodgers tatsächlich ist. Wir alle werden dies jetzt merken! Denn die Packers sind kein schlechtes Team aber erst durch Rodgers werden sie ein starkes Team. Dies gilt für viele Quarterbacks, doch Aaron Rodgers ist besonders. Das hat er auch in den ersten sechs Wochen bewiesen, mit wechselnder Offensive Line, mit einer schwächelnden Defense und ganz besonders wieder einmal in einem unfassbaren Drive gegen meine Cowboys. Doch einen weiteren Spieler, der auch in den nächsten Wochen liefern wird, möchte ich hier ebenfalls noch nennen: Kareem Hunt! Sechs Spiele mit über 100 Yards from Scrimmage? Als Rookie? In den ersten sechs Spielern seiner Karriere einen Rekord brechen, gehalten von Adrian Peterson? Mehr Grund braucht es nicht. Doch für die, die noch nicht überzeugt sind: 630 Yards Rushing (meiste der NFL), sieben Runs über 20 Yards (meiste der NFL), 255 Yards Receiving, sechs Touchdowns und bis zum Wochenende war sein Team ungeschlagen, auch dank ihm, einem Rookie.
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