NBA, Rookie Watch: LaMelo Ball oder Anthony Edwards - wer ist Rookie of the Year?

Robert Arndt
12. Mai 202110:12
Anthony Edwards ist der Top-Pick der Minnesota Timberwolves.getty
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Die Rookie-Klasse wurde vor der Saison sehr kritisch beäugt, doch wie sich herausstellte, war der Jahrgang doch recht tief. Die Rookie Watch kürt darum gleich drei All-Rookie Teams und legt sich auf den Rookie of the Year fest.

Die Tiefe in diesem Jahrgang ist durchaus erstaunlich, fast alle Erstrundenpicks bekamen ausreichend Spielzeit. Lediglich Jalen Smith (#10, Suns), Zeke Nnaji (#22, Nuggets) und Udoka Azubuike (#27, Jazz) spielten kaum eine Rolle, nicht zufällig schmoren die drei bei drei der besten Teams der Liga auf der Bank. Leandro Bolmaro (#23, Timberwolves) wurde dagegen noch in Europa geparkt und könnte bald den Sprung über den großen Teich wagen.

26 Rookies spielten mindestens 15 Minuten im Schnitt bei mindestens 35 Partien, das ist ein guter Schnitt und inkludiert unter anderem nicht die langzeitverletzten Lottery Picks Killian Hayes (#7, Pistons) oder Onyeka Okongwu (#6, Hawks). Nun aber zu denen, die den Großteil der Saison gespielt haben. Ein All-Rookie Third Team gibt es zwar offiziell nicht, wir küren es an dieser Stelle aber trotzdem. Hier sind die Auserwählten:

Das entspricht unseren Honorable Mentions über die Saison, nun zur Top-10, die unsere zwei All-Rookie-Teams darstellen. Los geht es mit dem All-Rookie Second Team:

Facundo Campazzo (Denver Nuggets, Guard), undrafted (2013)

SpieleMinutenPunkteTS%3P%AssistsSteals
6321.96,256,736,03,51,2

Zugegeben, dieser Spot ist etwas wackelig, auch Maledon, Anthony und Payton Pritchard (Celtics) wurden in Betracht gezogen. Letzterer ist der effizienteste Spieler des Quartetts, Campazzo erhält aber dank des guten Schlussspurts und seiner Erfahrung den Zuschlag. Der Gaucho rutschte aufgrund der Verletzungen von Jamal Murray sowie Monte Morris in die Starting Five, die Nuggets siegten dennoch weiter.

Der Wurf bleibt extrem streaky, dafür macht Campazzo vieles über seine Spielintelligenz wett. Gleiches gilt für die Defense, wo der Argentinier mit nicht einmal 1,80 Meter ein einfaches Ziel ist. Und trotzdem spürt jeder Gegner Campazzos Anwesenheit. Vor allem in den letzten Saisonwochen macht es keinen Spaß, gegen einen Backcourt aus Campazzo und Shaquille Harrison zu spielen.

Profitiert Campazzo vor allem von Nikola Jokic? Natürlich auch, aber es ist erstaunlich, dass die Nuggets ohne Murray sowie Jokic, aber mit Campazzo laut Cleaning the Glass ein Net-Rating von +12,1 haben.

Facundo Campazzo zählt mit 30 Jahren zu den ältesten Rookies aller Zeiten.getty

Immanuel Quickley (New York Knicks, Guard), 25. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%AssistsSteals
6119,611,756,339,72,10,5

Bei Quickley ist hingegen eine deutliche Abhängigkeit sichtbar. Mit Quickley erzielen die Knicks über 8 Punkte mehr als der Gegner, der Löwenanteil dieser Minuten ereignet sich aber in Anwesenheit von Derrick Rose, der womöglich so stark wie zuletzt 2011 aufzockt. Das soll aber Quickleys Leistungen gar nicht schmälern.

Ob er das Zeug dazu hat, selbst mal ein Starter auf der Eins zu sein, ist fraglich, aber als scorender Guard von der Bank sollte sich Quickley für viele Jahre in der NBA halten. Sein Paket aus Floatern, der Fähigkeit Fouls zu ziehen und dem Stepback-Dreier passen gut in die heutige NBA, dazu hängt Quickley sich am hinteren Ende des Feldes ordentlich rein.

Problematisch bleibt, dass Quickley nur sieben Prozent seiner Würfe am Ring nimmt, sodass er immer großen Streuungen unterlegen sein wird, wenn er sich hier nicht massiv steigert. In dieser Spielzeit glich er dies mit einer Dreierquote von 40 Prozent aus, wobei der Großteil der Versuche nicht aus der Ecke kam.

Jae'Sean Tate (Houston Rockets, Forward), undrafted (2018)

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsSteals
6729,411,257,028,65,41,3

Es ist fast schon schade, dass die Rockets so schnell die Saison herschenkten. So ging es beinahe unter, dass Tate bereits in seiner Rookie-Saison einer der spannendsten Verteidiger der Saison war (Beispiel gefällig?). So werden wir Tate wohl länger nicht in den Playoffs sehen, es sei denn, den Rockets gelingt wider Erwarten ein schneller Turnaround.

Schade drum, denn Tate hätte sich womöglich mit seiner Defense ins Rampenlicht spielen können, so wie es Luguentz Dort mit den Oklahoma City Thunder im Vorjahr tat. Wie Dort wackelt auch bei Tate der Wurf gewaltig, die Energie sprang dem Zuseher aber stets ins Auge. Die Zahlen belegen das, laut Cleaning the Glass waren die Rockets mit Tate auf dem Feld satte 9,3 Punkte auf 100 Ballbesitze hochgerechnet besser, alleine in der Defense war Tate 5,2 Zähler mehr wert.

So oder so, Tate ist eine der positiven Überraschungen der Saison, eine echte Underdog-Story. Wer mehr über den Weg des Rockets-Forwards lesen möchte, kann das in diesem Porträt von Mirin Fader (The Ringer) tun. Eine absolute Leseempfehlung möchten wir an dieser Stelle aussprechen.

Patrick Williams (Chicago Bulls, Forward), 4. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsSteals
6828,09,055,738,54,60,9

Die Antithese von Tate könnte Williams sein. Der Bulls-Forward zählt statistisch gesehen zu den schlechteren Spielern der NBA, trotzdem machten beim zweitjüngsten Spieler der Saison viele Dinge Mut. Da ist der gute Touch aus der Mitteldistanz, der darauf hoffen lässt, dass aus dem Flügelspieler mal ein mehr als vernünftiger Dreierschütze werden kann.

Hinzu kommen kluge Cuts und eine überdurchschnittliche Athletik, die ihm auch in der Defense helfen sollte. Hier hat Williams im Eins-gegen-Eins wegen dürftiger Fußarbeit noch Schwierigkeiten, seine Instinkte abseits des Balles sind für den Moment noch wertvoller.

Trotzdem ist Williams bisher schwer zu evaluieren, vor allem weil er nur bedingt in die Offense integriert war. Eine Usage Rate von 13,5 Prozent ist im unteren Drittel auf seiner Position anzusiedeln, das ist ein Trend, der bei Bulls-Coach Billy Donovan auch schon in OKC mit athletischen Forwards zu beobachten war. Hoffentlich ändert sich dies im kommenden Jahr, denn wenn Chicago mit dem LaVine/Vucevic-Kern Erfolg haben will, muss Williams dringend entwickelt werden.

Patrick Williams zählt schon jetzt zu den besseren Schützen aus der Mitteldistanz.nba.com/stats

Isaiah Stewart (Detroit Pistons, Center), 16. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%ReboundsBlocks
6821,47,959,76,71,3

Abgerundet wird unser Second Team vom einzigen echten Big Man in unserer Liste. Stewart mag zwar mit offiziell 2,06 Meter etwas klein daher kommen, doch "Beef Stew" spielt deutlich größer und besitzt ein Näschen für Rebounds. Hinzu kommt ein guter Touch aus der Mitteldistanz und Ansätze eines Dreiers.

Hinten bewegt Stewart trotz seiner Masse die Füße schon recht gut, auch nach Switches gegen Guards. Dazu kann er den Ring beschützen. Alles in allem besitzt der Pistons-Center alle Anlagen, die ein moderner NBA-Big so braucht, wenn er heutzutage Erfolg haben will. In Stewart steckt vielleicht kein Star, aber eben ein guter Rollenspieler, der sich auch nicht so leicht vom Feld spielen lässt.

Beim Draft waren viele noch der Meinung, dass Detroit Stewart viel zu früh vom Board genommen hat, für den Moment darf der 19-Jährige eher als Steal angesehen werden.

Für das Second Team wurden die Spieler nicht nach Rängen sortiert, für das First Team machen wir das aber schon. Heißt, wer ganz unten steht, ist unser Rookie of the Year der Saison 2020/21.

Desmond Bane (Memphis Grizzlies, Guard), 30. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsAssists
6522,39,360,644,03,11,8

Vor dem Draft wird oft über "Fit" gesprochen, also wie gut ein Spieler zu einem Team passt. Bane ist das perfekte Beispiel für einen Spieler, der, salopp gesagt, wie Arsch auf Eimer passt. Die Grizzlies brauchten keinen primären Ballhandler, keinen Über-Athleten, sie brauchten einen Schützen, der sofort in der NBA funktionieren würde - und genau das ist Bane.

Der 22-Jährige hat über die Saison die fünftmeisten Dreier aller Rookies versenkt, für den Moment rangiert der Guard bei der Dreierquote auf Rang elf ligaweit aller qualifizierten Spieler. Hinzu kommt ein sehr netter Floater, aber dies ist ohnehin Voraussetzung für alle Spieler, die Memphis draftet.

So kommt die fehlende Athletik weniger zum Tragen. Auch defensiv kann Bane dies durch seine enorme Physis ausgleichen und so ziemlich jede Position am Perimeter verteidigen. Alles in allem ist Bane ein guter Rollenspieler, dem das Star-Potenzial abgeht. Das ist aber auch gar nicht tragisch, viel mehr kann man von einem 30. Pick gar nicht erwarten, der nicht Jimmy Butler heißt.

SPOXnba.com/stats

Saddiq Bey (Detroit Pistons, Forward), 19. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsSteals
6826,912,157,438,94,50,7

Die 187 Dreier von Donovan Mitchell in dessen Rookie-Saison wird Bey nicht mehr knacken, seinem Ruf als Scharfschütze wird das aber nicht schaden. Knapp 40 Prozent bei 6,4 Versuchen pro Spiel sind eine echte Hausnummer und sollten dafür sorgen, dass Bey eine lange Karriere in der NBA haben wird.

Shooting bleibt offensiv für den Moment auch sein einziger echter Skill. Hier und da attackiert Bey den Korb, ein guter Finisher ist er aber nicht, ähnliches lässt sich über sein Passspiel sagen.

Aber selbst wenn Bey nur kleinere Fortschritte macht, ist sein Spiel, zusammen mit der sehr soliden Defense, ein echtes Faustpfand in der NBA. Bey ist grundsolide und ein Sniper, danach suchen alle NBA-Teams. Das macht es umso erstaunlicher, dass NBA-Teams immer wieder ältere Spieler im Draft "übersehen". Bey ist mit seinen 22 Jahren ein weiteres Beispiel.

Tyrese Haliburton (Sacramento Kings, Guard), 12. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%AssistsSteals
5830,113,058,540,95,31,3

Der Ausfall von De'Aaron Fox hatte für Sacramento auch etwas Gutes, so konnte Haliburton nämlich besser evaluiert werden. Als Starting Point Guard stach insbesondere das Passspiel hervor. Das Pick'n'Roll mit Richaun Holmes sprachen wir schon in anderen Ausgaben an, je länger die Saison dauerte, desto mehr Variationen präsentierte der Kings-Guard.

Wenn es um die Schwierigkeit der Pässe geht, braucht sich Haliburton auch nicht vor Ball zu verstecken. Einhändige Pässe auf die andere Seite des Feldes oder beidhändige Zuspiele auf engsten Raum in der Zone, Haliburton kann sie alle spielen, oft auch mit einer Finte oder gar per No-Look.

Umso ärgerlicher ist es, dass Haliburton wegen einer Knieverletzung nicht mehr in den Endspurt eingreifen kann. Die fünf Spiele, in denen er für Fox startete, lesen sich aber so: 17,0 Punkte, 8,2 Assists, 2,8 Turnover und ein True Shooting von knapp 57 Prozent. Sacramento dürfte noch viel Freude mit dem 21-Jährigen und Fox an seiner Seite haben.

SPOXgetty

Anthony Edwards (Minnesota Timberwolves, Guard), 1. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsSteals
6931,919,051,832,74,71,1

"Anthony Edwards bestimmt, wie gut dieses Team werden kann." Große Worte von Ricky Rubio, dem der endgültige Durchbruch in der NBA nie gelang, der dafür aber immerhin Spanien als MVP zum Weltmeistertitel führte. Was Rubio immer fehlte, war das Scoring, bei Edwards wird das nie ein Problem sein. Seit D'Angelo Russell Anfang April ins Lineup zurückkehrte, ist es immer noch Edwards, der die meisten Würfe pro Spiel für die Wolves nimmt.

Und er trifft sie nun auch: Seit dem 5. April liegt die Erfolgsquote bei Jumpern bei 38,3 Prozent für den "Antman", kein Ruhmesblatt, aber ein Anfang. Edwards zieht mehr zum Korb, seit der Übernahme von Chris Finch verbucht Edwards 40 Prozent seiner Abschlüsse am Ring.

Bei den Voraussetzungen, die Edwards besitzt, muss man das auch erwarten. Es gibt wenige Spieler, die einen solch guten ersten Schritt besitzen und Gegner mit Hesitation Moves so auswackeln können wie er. Edwards dürfte über Jahre einer der besten Scorer der Liga werden, erst recht wenn der Jumper besser fällt.

Auch am Playmaking und in der Defense (Stichwort: Backdoor-Cuts) darf er weiter arbeiten. Dann werden wir alle viel Spaß mit Edwards haben, seine Interviews sind ja jetzt schon legendär. Hier noch ein kleiner Auszug:

  • "Ich werde es nicht verraten, ich komme zurück wie Houdini." (auf die Frage, was er in der Offseason verbessern möchte)
  • "Ein Fan? Nein, wer ist das? Ich habe keine Ahnung von Baseball." (auf die Frage, ob er ein Fan des möglichen neuen Wolves-Owner und Baseball-Legende Alex Rodriguez sei)
  • "Er ist mein neuer Owner. Ich will, dass er glücklich ist." (auf die Frage, warum er enttäuscht ist, dass A-Rod und Jennifer Lopez kein Paar mehr sind)

LaMelo Ball (Charlotte Hornets, Guard), 3. Pick

SpieleMinutenPunkteTS%3P%ReboundsAssists
4828,815,854,635,56,06,2

Es dauerte keine drei Minuten, als Ball die ganze NBA-Welt daran erinnerte, dass er wieder zurück ist. Einen solchen Unterhandpass über das komplette Feld sieht man äußerst selten, erst recht von einem Rookie. Dennoch war Balls Rückkehr etwas holprig, vor allem aus der Distanz läuft es noch gar nicht (6/29 Dreier).

Trotzdem verändert sich die Dynamik der Hornets mit LaMelo auf dem Feld. Charlotte spielt schneller, der Ball bewegt sich besser. Über die Saison gesehen macht Ball die Offense der Hornets laut Cleaning the Glass um 2,8 Zähler pro 100 Ballbesitze besser. Der Nr.3-Pick besitzt einfach gesagt ein reiferes Spiel als Edwards, agiert effizienter und hilft somit, Spiele zu gewinnen.

Zugegeben, Edwards hat durch seinen starken Schlussspurt mit unter anderem zwei 40-Punkte-Spielen noch einmal ein Rennen um die Rookie-Krone entfacht, doch über die 72 Partien war Ball trotz rund 800 Minuten weniger Spielzeit der konstantere Spieler. Das sagen übrigens auch die Advanced Stats, in denen Ball in den meisten Kategorien weit vor Edwards liegt. Box Plus-Minus, EPM, RAPTOR, PER, VORP, sucht es euch aus.

All dies impliziert, dass Ball der komplettere Spieler der beiden und somit auch ein würdiger Rookie of the Year ist.