Nach dem Debakel in Spiel drei der Finals gegen die San Antonio Spurs (92:111) sind jetzt die Miami Heat gefragt. Die Anpassungen von Spurs-Coach Gregg Popovich an der Starting Lineup trafen direkt ins Schwarze, Boris Diaw und die Point-Guard-Problematik bereiten Erik Spoelstra Sorgen. Der muss jetzt reagieren.
"Das ist einfach eine wunderbare Offense!" Am Ende des ersten Viertels, nachdem die Spurs fast schon phänomenale 41 Punkte gegen den amtierenden Champion aufgelegt hatten, war "ESPN"-Analyst Jeff van Gundy kaum mehr zu halten. "Wir sollten das komplette erste Viertel bei Sportscenter zeigen - jede einzelne Possession der Spurs!"
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Und Recht hatte er. Die Offensive der Spurs lief einfach wie geschmiert. Mit seinem unglaublichen Ball-Movement zerlegte San Antonio das Team von Heat-Coach Erik Spoelstra, dominierte nach Belieben und zeigte ein klasse Reaktion nach der Niederlage in Spiel 2.
Doch nicht etwa die Big Three der Texaner um Tim Duncan waren dafür verantwortlich, dass das Publikum in der American Airlines Arena schon nach zwölf Minuten keinen einzigen Mucks mehr von sich gab, sondern Kawhi Leonard und Danny Green.
Boris Diaw der Schlüssel
Zur Pause hatten die beiden nur einen Fehlversuch auf dem Konto (Leonard 6/7 FG, Green 6/6 FG) und diktierten das Geschehen auf dem Parkett. Nicht vergessen darf man dabei aber einen gewissen Franzosen, der ebenfalls einen großen Anteil am erfolgreichen Start der Gäste hatte. Nein, die Rede ist nicht von Tony Parker, die Rede ist von Boris Diaw.
Mit der veränderten Starting Lineup - der 32-Jährige ersetzte Tiago Splitter - hatten viele Experten schon zu Beginn der Finals gerechnet, doch Coach Pop hielt in den ersten beiden Spielen an seiner wohlbekannten ersten Fünf mit Splitter fest. Jetzt kam die Korrektur - und schlug ein wie eine Bombe!
"Gregg Popovich hat heute niemals Duncan und Tiago Splitter zusammen spielen lassen", erklärte "ESPN"-Experte Doug Collins nach der Partie. "Splitter kam ausschließlich als Backup zum Einsatz. Dementsprechend stand immer nur ein Big Man auf dem Parkett."
"Ich denke, das hat ihnen das bessere Ball-Movement ermöglicht, denn mit Green, Splitter und Duncan in der Starting Five haben sie nur zwei Playmaker auf dem Court - mit Diaw sind es drei", so der ehemalige Sixers-Coach weiter. "Das hat ihr Spiel sehr positiv beeinflusst." Keine Frage!
Heat zeigen keine Intensität
Mit dem Spalding in der Hand gehört Diaw in Sachen Ball-Handling und Passing-Skills zu den besten Big Men der NBA. Van Gundy geht sogar noch weiter: "Einige Point Guards in dieser Liga sind nicht in der Lage, solche Pässe zu spielen wie Boris Diaw!"
Ob übertrieben oder nicht - festhalten lässt sich auf alle Fälle, dass Diaw mit seiner Spielweise den Miami Heat relativ große Probleme bereitet - definitiv mehr als ein Tiago Splitter. Andererseits vollbrachte Miami in der Defensive auch nicht gerade eine Glanzleistung.
Besonders in Sachen Intensität ließen die Heat einiges vermissen. Eine Tatsache, die auch zu Beginn der anderen Partien zu beobachten war. Rotationen wurden teils schlicht und einfach verschlafen, Loose-Balls gingen oft an die Spurs. Kurz gesagt: Es war keine Leidenschaft, kein Kampfgeist zu sehen.
Dass ein Team wie die San Antonio Spurs so ein Auftreten sofort bestrafen, dürfte niemanden überraschen, nur das Ausmaß war so definitiv nicht abzusehen. Wer konnte schon ahnen, dass die Spurs mit einer Wurfquote von 75,8 Prozent zur Halbzeit einen neuen NBA-Rekord aufstellen würden? NBA
Spoelstra fordert mehr Einsatz
Erik Spoelstra dürfte das aber relativ egal gewesen sein. Der Heat-Coach war nach den ersten 24 Minuten schon ziemlich bedient und forderte von seinem Team vor allem eines: Mehr Einsatz! "Sie kamen mit einem ganz anderen Level in die Partie als wir", kritisierte der 43-Jährige, dessen Halbzeit-Ansprache aber offenbar Eindruck hinterließ.
Denn im dritten Viertel präsentierte sich Miami auf einem ganz anderen Niveau, so, wie man es von einem Titelverteidiger eigentlich über die vollen 48 Minuten erwarten dürfte. Den Spurs erlaubten sie im dritten Spielabschnitt nur noch 15 Punkte, sie selbst kamen auf 25 und konnten damit den Rückstand zwischenzeitlich auf nur noch 7 Punkte verkürzen.
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Reichen sollte es am Ende dennoch nicht. Immerhin zeigten die Spieler ihrem Coach jedoch einen positiven Ansatz, an dem es in den kommenden Spielen anzusetzen gilt. "Man konnte ein ganz anderes Level von Intensität erkennen, das war letztlich der Grund für den Run", so Spoelstra über das dritte Viertel seiner Mannschaft. "So hart müssen wir die komplette Partie über spielen."
Die Point-Guard-Problematik
Dass ihr Run die Heat überhaupt am Comeback schnuppern ließ, dass das Spiel nicht schon nach dem ersten Viertel komplett entschieden war, hatte Miami allerdings LeBron James zu verdanken. Mal wieder. Der viermalige MVP erzielte mehr als die Hälfte der Punkte seines Teams (14) und hielt Miami damit im Spiel - sofern man das bei einem 16-Punkte-Rückstand (41:25 Spurs) überhaupt behaupten kann.
Dann ließ der 29-Jährige allerdings ein wenig nach, kam im weiteren Spielverlauf auf nur noch 8 weitere Punkte und leistete sich insgesamt 7 Turnover - persönlicher Negativ-Rekord in den Finals. Dabei hatte LBJ besonders mit der hervorragenden Defense von Kawhi Leonard zu kämpfen, der ihm das Leben unglaublich schwer machte.
Verlässlicher Point Guard, der den Superstar wenigstens im Ballvortag entlasten könnte, wäre da natürlich hilfreich gewesen. Den besitzt Miami derzeit jedoch nicht. Mario Chalmers befindet sich in einem extremen Formtief - aus Super-Mario wurde Wario.
Mickrige 3,3 Punkte, 2 Rebounds und 3 Assists legt der 28-Jährige in den Finals 2014 bislang auf. Dem gegenüber stehen durchschnittlich 3 Turnover und 4 Fouls pro Partie. Auch bei der deftigen Klatsche in Spiel drei schaffte es Chalmers nicht, ein wenig Last von den Schultern seiner Mitspieler zu nehmen, sodass zumeist LeBron oder Dwyane Wade den Ballvortrag übernehmen mussten. Teilweise wählte Erik Spoelstra sogar eine Formation ganz ohne Playmaker.
Coach Spo ist gefordert
Werden wir in den kommenden Spielen also vielleicht Norris Cole öfters auf dem Parkett sehen? Der Cole-Train konnte in seinen bisherigen Einsätzen durchaus überzeugen und auch Toney Douglas könnte eine weitere Option sein.
Am 15.Januar wechselte er als Teil eines Three-Team-Trades nach South Beach, spielte bisher aber kaum eine Rolle. Chalmers' Formtief könnte für den Ex-Warrior jedoch eine Chance darstellen. Aber egal, ob nun mehr Cole oder mehr Douglas, die Fans dürfen definitiv eine Reaktion von Spoelstra erwarten.
Der Heat-Coach stellte sein goldenes Händchen bereits öfter unter Beweis und ist nach den Popovichs Veränderungen in der Starting Lineup nun am Zug. Fest steht auf: Die Defensive wird wohl in den Vordergrund rücken.
"Ich glaube nicht, dass wir noch einmal 76 Prozent in einer Halbzeit treffen werden", weiß auch Popovich. Nichtsdestotrotz liegt nach dem Gala-Auftritt in Spiel drei das Momentum auf Seiten der Texaner. Wie schnell es aber erneut gen South Beach ausschlagen kann, hat die Vergangenheit jedoch bereits zuhauf bewiesen. Allerdings müssen die Heat nun reagieren, eine Antwort zeigen. Schließlich möchte man bestimmt nicht mit einem 1:3-Rückstand zurück nach San Antonio reisen.