Was ist Leverkusens banalstes Problem? Wer stellt das gefährlichste Angriffsduo? Und wie sieht Frankfurts Transformation eigentlich aus? Die Thesen des 10. Spieltags liefern Antworten.
Bayer Leverkusen und sein vergessenes Problem
Ganz sicher hat Bayer Leverkusen derzeit einen ganzen Sack voller Probleme: zu viele individuelle Fehler, kein Zusammenhalt, fehlende Effizienz, Stress mit den eigenen Fans. Eine Sache geht dabei aber immer ein wenig unter - die auch schon in der erfolgreichen Phase dieser Saison nicht funktionierte: Bayers unerklärliche Harmlosigkeit bei eigenen Standards.
Bayer hat herausragende Schützen wie Kerem Demirbay in der Mannschaft und groß gewachsene Angreifer wie Patrik Schick oder Lucas Alario und echte Kanten in der Innenverteidigung, die ab und zu auch mal einen Kopfball bekommen könnten wie Jonathan Tah, Edmond Tapsoba und Odilon Kossounou. Und was macht die Werkself daraus? Gar nichts.
Bisher steht ein Tor nach einem Standard, Demirbay traf in Bielefeld. Allerdings war selbst das ein Elfmeter. Kein Freistoßtor, kein Tor nach einer Ecke. Dabei gab es in dieser Saison schon 57 Ecken. Gegen Wolfsburg waren es zehn Eckbälle - keine wurde wirklich gefährlich für den Gegner.
Wenn schon aus dem Spiel wenig bis nichts geht, wären Standards ein probates Mittel, eine Partie mal in die richtige Richtung zu lenken. Aber auch das bekommt Bayer einfach nicht hin.
Thomas Müller macht den Unterschied
Am Mittwoch nach dem desaströsen 0:5 im Pokal machten sich die Bayern-Stars rar. Fast alle Spieler verzogen sich sofort in die Kabine, kaum einer wollte reden. Thomas Müller bildete mal wieder die Ausnahme. Müller stellte sich und redete Klartext. Bestimmt im Ton und scharf in der Analyse zerlegte Müller die Partie in Gladbach und seine eigene Mannschaft.
Nun gibt es genug Experten und Fans, denen Müllers Mitteilungsbedürfnis grundsätzlich zu weit geht. Aber selbst in dieser Ansammlung an Stars mit Führungsanspruch, wie sie nur die Bayern vorweisen, sticht einer wie Müller genau auch deshalb heraus.
Es ist eine Sache, einen offensichtlichen Systemabsturz zu analysieren. Die andere ist: Danach auch sofort eine Reaktion und die entsprechende Leistung zu zeigen. Und das hat Müller gegen Union einmal mehr eindrucksvoll bewiesen. Ein Tor und streng genommen drei Assists steuerte Müller zum 5:2 bei, vier Scorerpunkte also nach unruhigen Tagen.
Um sich danach noch einmal vor die Mikrophone zu stellen und auch diese Partie in allen ihren Höhen und Tiefen aus Sicht der Bayern zu zerlegen. Das bedeutet Führungsstärke. Spieler wie Müller sind der eigentliche Unterschied der Bayern zum Rest der Liga: Diese Mentalität und Selbstverständlichkeit ist schlicht einzigartig.
Das heißeste Sturmduo der Liga spielt in Mainz
Jonathan Burkardts Leistung geht derzeit durch die Decke, nun sollte auch dem Letzten klar sein, dass sich Mainz da in den letzten Jahren ganz behutsam einen hervorragenden Angreifer großgezogen hat. Burkardt trifft derzeit fast nach Belieben, entschied nun auch die Partie in Bielefeld.
Aber auch der 21-Jährige ist nur so gut wie die Spieler um ihn herum - allen voran Karim Onisiwo. Der ist der eigentliche Aufsteiger, ein mannschaftsdienlicher Kämpfer und Vorbereiter. Onisiwo kommt zwar erst auf einen eigenen Treffer, hat aber schon fünf vorbereitet.
Insofern ergänzen sich Onisiwo und Burkardt derzeit so perfekt: Der eine reißt die Lücken, reibt sich gegen mehrere Gegenspieler auf und bringt unglaublich viel Power auf den Platz. Der andere lauert auf seine Chance und ist dann vor dem Tor eiskalt.
Mainz ist eine der wenigen Mannschaften, die mit zwei klaren Angreifern spielt. Auch deshalb - aber vor allem wegen der zuletzt herausragenden Leistungen - stellen die Rheinhessen aktuell das heißeste Angriffsduo der Liga.
Gladbach hat den Aufsteiger der Saison
Neun Millionen Euro hat Borussia Mönchengladbach Anfang des Jahres für einen relativ unbekannten Mittelfeldspieler nach Toulouse überwiesen. Eine Menge Geld für einen 19-Jährigen aus der zweiten französischen Liga.
Max Eberl und Scoutingchef Steffen Korell sowie vermutlich auch noch Marco Rose mussten also schon sehr überzeugt gewesen sein von Manu Kones Fähigkeiten. Wie sich nach dem ersten Drittel der Saison andeutet: völlig zu Recht.
Kone ist der Aufsteiger der Saison bei der Borussia und auch im Liga-Vergleich sucht man eine Erfolgsgeschichte dieser Art wohl vergeblich. Der Franzose hat sich im Gladbacher Mittelfeld festgespielt, überzeugt durch eine enorme Körperlichkeit bei gleichzeitig hervorragender Technik und Geschmeidigkeit.
Kone hat die deutschen Nationalspieler Florian Neuhaus und Christoph Kramer vorerst auf die Bank verdrängt. Und momentan deutet nichts darauf hin, dass sich daran etwas ändern sollte.
Deshalb stockt Frankfurts Offensivspiel immer noch
Die Eintracht hat gegen Leipzig spät einen überaus glücklichen Punkt gerettet, bleibt in der Tabelle aber trotzdem tief unten drin und mit nur zehn erzielten Toren nach zehn Spielen auch eine der ungefährlichsten Mannschaften der Liga. Woran das liegt?
Oliver Glasner will Frankfurt nach seinen Vorstellungen umbauen und der zentrale Teil im Offensivspiel liegt darin, den totalen Fokus auf Flanken auf ein gesundes Maß herunter zu schrauben. In den letzten Spielzeiten war die Eintracht stets mit weitem Vorsprung das Team mit den meisten Flanken der Liga, Filip Kostic etwa spielte zuletzt 213 Mal den Ball von der Seite in den Strafraum - 85 Mal mehr als der Zweitplatzierte der letzten Saison, Borna Sosa.
Weil Frankfurt nun aber kaum noch klare Abnehmer für (hohe) Flanken mehr im Kader hat und dieses eine Stilmittel für die Gegner dann doch erwart- und ausrechenbar geworden ist, will Glasner andere Wege zum Tor finden. Und daran hapert es derzeit immer noch.
Die Flut an Flanken ist jedenfalls jetzt schon merklich zurückgegangen: Frankfurt ist in der Statistik aktuell nur Fünfter und schon 50 Flanken hinter dem 1. FC Köln. Der ist jetzt der neue Spitzenreiter.
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