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Kein Rosenzüchter, aber Kommunist

SPOXOTHER
02. November 201220:05
Im Präsidium der Borussia tätig: Kult-Coach Hans Meyer wird 70Getty
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Erst vor wenigen Monaten hat Hans Meyer wieder einmal mit einem hartnäckigen Gerücht aufgeräumt: Rosenzüchter ist er nie gewesen. Die Behauptung hatte er vor 22 Jahren auf die Frage, was er denn mal als Rentner machen werde, höchstselbst in die Welt gesetzt. Am Samstag wird Meyer 70 Jahre alt, und mittlerweile habe er "acht populärwissenschaftliche Bücher zum Rosenzüchten geschenkt bekommen. Ich hätte lieber sagen sollen, dass ich Goldmünzen sammeln möchte", sagte Meyer.

Es ist dies der für ihn typische Humor. Als das Trainer-Urgestein 1999 über Borussia Mönchengladbach den Weg in den gesamtdeutschen Fußball fand, war sein Witz genauso neu wie ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. "Hören Sie, ich bin von Haus aus Kommunist, das heißt, ich bin von Haus aus arm", sagte Meyer damals über die Beweggründe für seinen Wechsel in die 2. Bundesliga. Sarkastisch, selbstironisch, gerne auch flapsig und meist pointiert bügelte er in den folgenden Jahren so manchen Journalisten ab. Von den Fans wurde er dafür geliebt, die Bundesliga hat er damit bereichert.

Emotional entfernt

Vom Fußball hat er sich inzwischen aber emotional ein Stück weit entfernt. Heute sitzt Meyer im Präsidium der Borussia. "Ich arbeite da im Hintergrund und kann mich in erfolgreichen Zeiten sicher auch mal mit einer Feder schmücken. Aber das Kerngeschäft machen andere."

Bis zwei Jahre nach seinem Abschied als Trainer 2009 habe es noch Angebote gegeben. "Ich hatte aber mit dem Job abgeschlossen", sagte Meyer im Interview dem "kicker". Die Eingebung dazu kam ihm auf einer siebenmonatigen Weltreise, von der sich fragte, warum er sie nicht schon viel früher angetreten habe.

Sein Weg in den Westen verlief nach dem Mauerfall über den Umweg Twente Enschede, nachdem er bereits mit 27 Jahren Trainer geworden war. Bei seinem Debüt an der Seitenlinie in Jena habe er zunächst Angst vor Autoritätsverlust gehabt. "Um zu demonstrieren, wie toll ich bin, habe ich damals den Jenaer Vereinschef aus dem Mannschaftsbus komplimentiert. Das hat der mir nie verziehen. Ich mir übrigens auch nicht", sagte Meyer einmal.

In Jena feierte er aber auch seine größten Erfolge: Er wurde als Spieler zweimal Meister und zog als Coach 1981 nach Siegen über den AS Rom, den FC Valencia, Newport County und Benfica Lissabon in das Finale im Europapokal der Pokalsieger ein. Dort verlor Jena gegen Dinamo Tiflis trotz Führung 1:2. Zugleich die bitterste Niederlage seiner Laufbahn, "obwohl ich viel verloren habe. Ich wusste, als der Schlusspfiff kam: Hans, das wirst du in deiner Karriere nie mehr erleben." Das zähle auch mehr als der Sieg im DFB-Pokal 2007 mit dem 1. FC Nürnberg.

Retter Meyer

Meyer war bei seinen Engagements im Westen zunächst vor allem eines: Feuerwehrmann. Die Borussia führte er 2001 in die Bundesliga zurück, 2004 rettete er Hertha BSC vor dem Abstieg. 2005 heuerte er in Nürnberg an, den Club führte er nacheinander zum Klassenverbleib, zum DFB-Pokalsieg und in den UEFA-Pokal führte. SPOX

Nach seiner Rückkehr nach Mönchengladbach im Oktober 2008 verhinderte er erneut den Abstieg, löste seinen bis 2010 laufenden Vertrag aber auf. "Es braucht keiner Angst zu haben, dass Hans Meyer noch mal an der 'Front' auftaucht", sagte er.

Stattdessen genieße er nun sein "freies Rentner-Lotterleben" in vollen Zügen. Angst vor dem Älterwerden habe er nicht. Dafür aber "acht wohlgeratene Enkel und drei sich gut vertragende, tüchtige Kinder". Etwas, das ihn nach all den Jahren wurmt, gibt es dann aber doch. Und das ist ausgerechnet das, was den Trainer Meyer ausmacht: Das Image des Sprücheklopfers. "Es hat mich immer gedrückt, wenn mir auf der Straße sagte: 'Die Pressekonferenzen waren lustig'." Komplimente über die Art und Weise, wie seine Mannschaften Fußball gespielt haben, seien ihm lieber.

Und das meint Meyer ausnahmsweise mal ernst.

Hans Meyer im Steckbrief

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