BVB unterliegt knapp bei Manchester City: Drei Erkenntnisse zu Borussia Dortmund

Jochen Tittmar
15. September 202210:46
Terzics Team verspielte in der Schlussphase die Führung in Manchester.getty
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Borussia Dortmund unterliegt nach starker Leistung mit 1:2 bei Manchester City in der Champions League. Zwei BVB-Spieler patzen bei den Gegentoren entscheidend, auch die Systemumstellung von Edin Terzic entpuppte sich als unglücklich. Drei Erkenntnisse zum BVB.

BVB: Dortmunds Passivität kam mit der Systemumstellung

Trotz der bitteren Niederlage kann Borussia Dortmund viel Positives aus Manchester mit in die nächsten intensiven Wochen nehmen. Nach der Enttäuschung von Leipzig steigerte sich die Mannschaft in allen Belangen, präsentierte sich als echte Einheit und lieferte eine erstaunlich seriöse Vorstellung ab - vor allem im Spiel gegen den Ball, der Kernaufgabe in einem Duell gegen Englands Meister. Es war eines der besten Dortmunder Champions-League-Auswärtsspiele seit langem.

Wie schon einige Male während seiner Zeit als Interimscoach zu sehen - unter anderem im damaligen CL-Viertelfinale gegen ManCity -, versteht es BVB-Trainer Edin Terzic gut, sein Team in Partien, in denen Dortmund eher Außenseiter ist, defensiv auf den Punkt einzustellen. Die Gründe dafür, warum die disziplinierte Leistung erneut nicht gegen City reichte und die Hausherren schließlich gewannen, sind vielfältig.

In erster Linie ist da freilich die herausragende Qualität der City-Spieler zu nennen: Der eingewechselte Phil Foden brachte neuen Schwung, das Siegtor von Erling Haaland inklusive Traumflanke von Joao Cancelo war überragend und aus Sicht des bärenstarken Mats Hummels "nicht zu verteidigen".

Beide Gegentore fielen kurz nach der Hereinnahme von Nico Schlotterbeck, der als zusätzlicher Innenverteidiger für noch mehr Stabilität sorgen sollte. Terzic stellte damit auf ein 5-4-1 um. Es ist nicht das erste Mal unter Terzic - auch Vorgänger Lucien Favre tat dies häufig -, dass er in der Schlussphase einer Partie einen weiteren Innenverteidiger einwechselte.

BVB-Coach Terzic: "Im Endeffekt hat es nicht funktioniert"

Damit einher ging jedoch eine gewisse Passivität außerhalb des Strafraums gegen den Ball. Dortmund gab somit ein paar Räume her, die man zuvor noch einigermaßen schließen konnte, wenngleich die Kräfte zusehends nachließen.

"Wir haben versucht, die Wege für unsere Flügelspieler etwas kürzer zu gestalten, um unsere Außenverteidiger zu unterstützen. Im Endeffekt hat es nicht funktioniert, den Druck so hochzuhalten, um sie vom Tor fern zu halten", sagte Terzic. "Wir waren kaputt, das ist okay. Es lag nicht am System, sondern daran, dass wir passiv wurden", sagte Hummels bei DAZN.

Man muss Terzic jedoch zugute halten, dass es angesichts der Dortmunder Verletztenmisere schwierig war, von der Bank für eine Entlastung des Mittelfelds zu sorgen. Die starken Salih Özcan und Jude Bellingham können nicht ersetzt werden und mussten daher durchspielen, obwohl auch ihnen merklich der Saft ausging. Marius Wolf und Julian Brandt hießen die übrig gebliebenen Alternativen, die für diese Positionen eigentlich keine sind.

BVB - Spielplan: Die nächsten drei Spiele

DatumGegnerAustragungsortWettbewerb
Samstag, 17. SeptemberFC Schalke 04Signal Iduna Park, DortmundBundesliga, 7. Spieltag
Samstag, 1. Oktober1. FC KölnRheinEnergieSTADION, KölnBundesliga, 8. Spieltag
Mittwoch, 5. OktoberFC SevillaEstadio Ramón Sánchez PizjuánChampions League, 3. Spieltag

BVB: Emre Can gelingt kein fehlerfreies Spiel mehr

"Wir gehen nicht drauf, lassen die Flanke zu", sagte ein frustrierter Hummels in seinem Interview nach Abpfiff zur spielentscheidenden Szene vor dem 1:2 und bemängelte, dass der BVB nicht über die Schmerzgrenze gegangen sei, um die ballführenden Spieler zu attackieren.

Da dürfte sich Emre Can angesprochen fühlen, der die Flanke von Cancelo allenfalls halbherzig mit ausgestrecktem Bein zu unterbinden versuchte. Gewiss, auch Can war platt. Doch dessen Passivität in diesem Moment war frappierend, denn Cancelo hatte sich mit seiner Hereingabe durchaus Zeit gelassen. Wäre Can, der erstmals in dieser Saison in der Startelf stand, konsequent durchgelaufen, womöglich hätte dies die Gefahr bereits bereinigt.

So muss man konstatieren, dass es erneut ein Spiel mit Beteiligung des 28-Jährigen war, in dem ihm ein Lapsus unterlief. Schon seit geraumer Zeit gelingt Can keine fehlerfreie Partie mehr. Bei seinem längsten Saisoneinsatz gegen Bremen (72 Minuten) war er bereits mehr Sicherheitsrisiko als Stabilitätsfaktor.

BVB: Emre Can an spielentscheidender Szene beteiligt

Gegen City bot ihn Terzic aufgrund seines aggressiven Spielstils auf und lag damit lange richtig. Can lieferte eine gute Partie ab, brachte seine Stärken ein und war ein wichtiger Faktor für Dortmunds kompaktes Zentrum. In Can nun den Alleinschuldigen für die Pleite des BVB zu suchen, ist sicherlich übertrieben. Doch in seiner Rolle als Herausforderer, der ins Team drängt, fällt seine Beteiligung an der Szene, die das Spiel entschied, schlichtweg ins Gewicht.

Erst recht dann, wenn er in seinen Auftritten zuvor nicht viel Werbung für sich gemacht hat - eher im Gegenteil. Can wirkt mit Ball oft fahrig, gegen den Ball teils schläfrig.

Als Terzic erstmals die Verantwortung hatte, war Cans Status ein ähnlicher. Der Mittwochabend in England dürfte trotz seiner lange Zeit guten Vorstellung nichts daran verändert haben.

BVB: Alexander Meyers Patzer trübt dessen gutes Gesamtbild

Fünf Dortmunder Spieler feierten in der vergangenen Woche beim 3:0-Sieg gegen Kopenhagen ihr Debüt in der Champions League und man muss es sich einmal etwas plump vorstellen: Bei ManCity standen für Dortmund der letztjährige Sechser und Stürmer des 1. FC Köln auf dem Feld sowie der Keeper von Jahn Regensburg im Tor. Der Schlussmann hatte schließlich entscheidenden Anteil an der Niederlage des BVB.

Alexander Meyer vertritt derzeit den verletzten Stammtorhüter Gregor Kobel und hat auf einmal zwei CL-Spiele in seiner Vita stehen. Es ging zuletzt alles sehr schnell für den 31-Jährigen. Bereits der Wechsel zur Borussia war für Meyer ein Quantensprung, der viele neue Eindrücke mit sich bringt.

In seinen bisherigen drei Partien hinterließ Meyer einen guten Eindruck. Er spielt unaufgeregt, ist mental auf der Höhe und gerade fußballerisch sehr gut. Mit 42 hatte er gegen City die zweitmeisten Dortmunder Ballaktionen, gegen Leipzig waren es die fünftmeisten. Hat Meyer den Ball am Fuß, findet er saubere Lösungen und strahlt Ruhe aus.

Es lief daher bislang ausgezeichnet für ihn, doch auch wenn es abgedroschen klingt: Am Mittwochabend zeigte sich dann doch ein Qualitätsunterschied, der auf diesem Niveau in diesem Wettbewerb in einzelnen Szenen zum Tragen kommen kann. "Alex Meyer braucht einen Sahnetag", hatte Sportdirektor Sebastian Kehl vor der Partie gesagt. Diesen hatte er nicht: Der Ausgleich von John Stones geht eindeutig auf Meyers Kappe.

Das Gegentor zum 1:1 ging auf Alexander Meyers Kappe.imago images

BVB-Keeper Alexander Meyer patzt beim 1:1

Natürlich hängt das Zustandekommen des Treffers mit den weiter oben beschriebenen Umständen zusammen: Dortmund wurde müder, passiver und ließ für Stones einen freien, satten Schuss zu. Doch trotz dessen Härte schlug er nur wenige Zentimeter von Meyer entfernt ein, der seine Arme etwas unbeholfen in die Höhe reckte und zu spät reagierte. Diesen Ball muss Meyer halten.

Beim Gegentor von Haaland ist das nicht zu behaupten. Mit einem schnellen Reflex hätte jedoch zumindest noch eine Möglichkeit bestanden, das Schlimmste zu verhindern. Meyer bekam auch die Arme nach oben, die Kugel schlug dennoch oberhalb seines Kopfes ein. Trotzdem: Komplett unhaltbar war auch dieser Ball nicht.

Der Patzer vor dem 0:1 trübt daher das bislang positive Gesamtbild, das Meyer hinterlassen hat. Da Kobel mit einem Muskelfaserriss weiter ausfällt und selbst sein Einsatz in der Partie gegen Köln nach der kommenden Länderspielpause nicht gesichert ist, hat Meyer die Möglichkeit, das Spiel in Manchester vergessen zu machen. Das Revierderby gegen Schalke am kommenden Samstag wäre eine schnelle, prädestinierte Gelegenheit.