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NFL - Kommentar: Mit oder ohne Hackett - Denver Broncos bleiben ein Himmelfahrtskommando

Nathaniel Hackett ist nach nur 15 Spielen bei den Denver Broncos Geschichte.
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Die Denver Broncos haben sich nach nur 15 Spielen im Amt von Head Coach Nathaniel Hackett getrennt. Der Schritt war alternativlos, doch auch sein Nachfolger wird eine kaum lösbare Situation vorfinden. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Marcus Blumberg.

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Die Denver Broncos haben nach nur 15 Spielen die Reißleine gezogen und ihren Head Coach wieder entlassen. Ein Schritt, der nicht überrascht angesichts des Gesamtbilds, das die Broncos im ganzen Jahr abgegeben haben. Doch wird ein neuer Coach kaum das Hauptproblem dieses Teams lösen.

Als Nathaniel Hackett Anfang des Jahres als neuer Head Coach der Denver Broncos vorgestellt und dann auch noch ein Trade für Quarterback Russell Wilson eingefädelt wurde, hatten wir wohl alle gedacht, dass dies der Beginn einer neuen Ära des Erfolgs in der Mile High City sein würde. Und wir lagen alle komplett daneben.

Nicht nur gab es Startschwierigkeiten in dieser Saison, die Broncos schafften es zu keiner Zeit, eine funktionale Offense aufzubieten. Offensiv-Experte Hackett, immerhin zuletzt Offensive Coordinator einer der effizientesten Offenses der vergangenen Jahre in Green Bay, schaffte es nie, die besonderen Qualitäten von Wilson in sein Scheme zu integrieren und das durchaus vorhandene Potenzial der Broncos auszuschöpfen. Unterm Strich stellt Denver damit die schlechteste Scoring-Offense der NFL mit 15.5 Punkten pro Spiel.

Doch mag das bei genauerer Betrachtung nicht exklusiv seine Schuld gewesen sein. Der massive Leistungsabfall von Wilson dürfte der Hauptgrund für die schlechte Saison der Broncos (4-11) und den damit einhergehenden Niedergang von Hackett noch während seiner ersten Saison als Head Coach gewesen sein.

Denver Broncos: 2022 schlechteste Saison von Russell Wilson

Wilson spielt die mit Abstand schlechteste Saison seiner Karriere. Sein Passer Rating verschlechterte sich zum Vorjahr um mehr als 20 Punkte, sein QBR ging ebenso fast 20 Punkte nach unten, zudem kassierte er schon nach 13 Spielen die meisten Sacks seiner Karriere (49). Speziell der Abfall beim Passer Rating ist alarmierend - die 20,5 Punkte Unterschied zum Vorjahr sind der größte PR-Abfall eines Quarterbacks in seinem ersten Jahr in einem neuen Team seit dem Zusammenschluss von NFL und AFL Ende der 60er Jahre.

Und bekanntermaßen haben die Broncos keine Wahl und müssen mit Wilson in die nächste Saison gehen - und die danach ebenso. Erst im Jahr 2025 kann man den Quarterback halbwegs praktikabel aus seinem üppigen Vertrag entlassen. Dann zwar immer noch mit einem Dead-Cap-Hit von 49,6 Millionen Dollar, aber unterm Strich einer Cap-Ersparnis von 5,8 Millionen Dollar.

Russell Wilson: Statistiken der letzten drei Jahre

SaisonSpielePassquoteYardsTouchdownsInterceptionsRatingQBR
20201668,842124013105,167,1
20211464,83113256103,154,7
20221360,1301912982,634,9

Insofern muss der nächste Head Coach, wer auch immer das sein wird, mit der Gefahr leben müssen, dass sein 34 Jahre alter Quarterback vielleicht nie mehr der Alte sein wird und wirklicher Erfolg in Denver damit umso schwerer zu erreichen wäre. Und damit reden wir nur von der Situation der Broncos selbst, dass die Konkurrenz in Kansas City und auch Los Angeles ohnehin einen gehörigen Vorsprung hat, muss man hier gar nicht erwähnen.

Wilsons Leistung war jedoch nicht das einzige Problem der Broncos. Hackett selbst offenbarte schon zu Saisonbeginn Defizite im In-Game-Management und im Play Calling, zwei seiner Kerngebiete als offensiver Head Coach. Um Dinge wie Timeouts oder generell kritische Entscheidungen besser zu managen, holte er schließlich Jerry Rosburg aus dem Ruhestand. Umso ironischer ist es daher, dass eben jener nun als Interimscoach übernimmt. Play Calling trat er später an Passing Game Coordinator Clint Kubiak ab.

Russell Wilson wird den Denver Broncos noch ein paar Jahre erhalten bleiben.
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Russell Wilson wird den Denver Broncos noch ein paar Jahre erhalten bleiben.

Denver Broncos: What you see is what you get

Und dann wären da noch die Disziplinprobleme des Teams. Die Broncos führen die NFL mit 7,1 Penalties pro Spiel an und hatten erst kürzlich eine öffentliche Auseinandersetzung an der Seitenlinie beim Debakel bei den Rams an Weihnachten zwischen einem Offensive Lineman und dem Backup-Quarterback. Thema: Man möge doch bitte Wilson nach einem Hit des Gegners wieder aufhelfen ...

Wer auch immer der neue Head Coach der Broncos wird, muss sich im Klaren sein, dass dieser Posten vielleicht der problematischste in der NFL sein wird. Nicht nur sind diverse große (unlösbare) Probleme zu lösen, es besteht auch kaum Hoffnung auf einen schnellen Rebuild, denn weder hat man nach dem Wilson-Trade überaus großes Draftkapital, noch steht übermäßig viel Cap Space zur Verfügung.

What you see ist also im Fall von Denver im Grunde genommen what you get. Unwahrscheinlich, dass die großen Namen wie Sean Payton, der seine NFL-Rückkehr vorbereiten soll, ernsthaft an dieser Situation interessiert sein werden. Und die Head-Coach-Kandidaten, die vor ihrem ersten Posten auf dem Chefsessel stehen, sollten sich gut überlegen, ob es wirklich dieses Team sein muss.

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