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Browns müssen handeln (plus XXL-Mailbag)

Die Browns und Cardinals stehen vor den Scherben ihrer Saison - Atlanta und Miami haben ihre eigenen Probleme
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Die Falcons, Hundley, Denver, Chiefs, Lynch: der XXL-Mailbag

Danilinho und David Müller: Ist der Falcons-Verlust von Shanahan doch schlimmer als vorher angenommen? Und daran angeschlossen: Sind die Saints inzwischen Frontrunner/Favoriten in der NFC South?

Kurz: Ja und Jein. Atlantas Offense leidet tatsächlich mehr unter dem Abgang von Kyle Shanahan, als ich gedacht hätte. Die Downfield-Aggressivität fehlt, genau wie Pre-Snap-Motions um Coverages zu erkennen und Matchups auszunutzen. Wo ist ein gutes Play-Action-Spiel und die Kreativität im Route-Design? All das macht die Aufgabe für Matt Ryan viel schwerer. Gleichzeitig spielt Ryan selbst schlechter und wirft mehr Risiko-Pässe. Die Probleme sind für mich aber klar im Scheme, nicht bei Ryan begründet. Einzig das Run Game sieht einigermaßen so aus wie letzte Saison.

Jein zum zweiten Teil der Frage, weil es für mich keinen echten Favoriten in der NFC South gibt. Die Saints sind deutlich verbessert, da die Offense endlich eine vernünftige Balance findet und dabei von der sehr starken Line profitiert, während defensiv die Kombination aus Pass-Rush und Cornerbacks so gut ist wie in New Orleans schon lange nicht mehr.

Carolina muss sein Run Game wieder ins Rollen bringen, dann wird dieses Team richtig schwer zu schlagen sein, und die Falcons sind offensiv wie defensiv noch immer das talentierteste Team der Division. Einzig die Bucs fallen nach den ersten sieben Wochen für mich ein ordentliches Stück weit ab: Die Defense enttäuscht genau wie Jameis Winston, der den erhofften nächsten Schritt bislang überhaupt nicht in Reichweite hat.

Niklas Fehlemann: Wie bewertest du Hundleys erstes Spiel? Insgesamt, auch mit Game Plan, Run Game etc.

Der Game Plan war klar auf das Run Game ausgelegt. Das musste man erwarten, Aaron Jones erinnert mich mit seiner Explosivität an Thomas Rawls in seinen ersten NFL-Einsätzen. Das Tape zeigt dabei jede Menge Misdirection, Play Action und Screens, also "sichere" Plays. Was mir gut gefallen hat: Sein Pocket-Movement und die generelle Beinarbeit in der Pocket, hier war er sehr aktiv.

Allerdings waren die Defizite auch klar sichtbar. Hundley hatte viele One/Two-Read-Plays und lief dann auch überhastet los, wenn der erste Read nicht offen war - oder hielt den Ball alternativ zu lange in der Pocket. Fraglos brauchte er dabei zu viel Zeit, um die komplexeren Defenses der Saints zu lesen. Beim Downfield Game hatte er zudem einige deutliche Ungenauigkeiten. Als die Saints dann schließlich in Führung gingen, war es mehr oder weniger der Worst Case für Hundley, der plötzlich komplexe verschiedene Defenses lesen musste und wenig Spielraum für Fehler hatte.

Ich denke, man kann den Packers beim Game Plan nicht wirklich einen Vorwurf machen. Ja, es war sehr, sehr konservativ und primär darauf bedacht, Hundley möglichst wenig Verantwortung zu geben. Aber das war alles im erwartbaren Rahmen, genau wie Hundleys Probleme. Green Bay geht jetzt in die Bye Week und ich bin relativ optimistisch, dass Hundley in zwei Wochen gegen Detroit schon eine klar größere Rolle im Game Plan erhält.

Abe: Mich würde die derzeitige Situation der Broncos interessieren. Offense scheint klar zu sein, aber die Defense scheint auch Sorgen zu machen.

Um die Defense würde ich mir keine allzu großen Sorgen machen. Das war gegen die Chargers schon wieder ziemlich stark, insbesondere in der Run-Defense und die Kombination aus Pass-Rush und drei sehr guten Cornerbacks hat so kaum ein anderes Team. Kansas City wird jetzt einen sehr guten Test darstellen. Die Offense dagegen? Schwieriger. Ich habe es bei den Notizen zum Spieltag ja schon erwähnt: Leider ist bei Trevor Siemian ein klarer Trend nach unten zu beobachten.

Das betrifft vor allem sein Verhalten gegen Pressure und sein Lesen der Defense beziehungsweise seine Entscheidungen. Die Offensive Line hat zudem auch Probleme in Pass-Protection, was natürlich nicht hilft, und einige Verletzungsprobleme. Denver braucht ein konstant gutes Run Game, das hat in den vergangenen Wochen eindeutig gefehlt. Wenn zu viel auf Siemians Schultern ruht, werden die Broncos nicht mehr allzu viele Spiele gewinnen.

Niklas_Cage: Brechen die Chiefs ein?

Mit Prognosen muss man dieses Jahr noch vorsichtiger sein als in den vergangenen Spielzeiten, aber ich glaube nicht, dass Kansas City einbricht. Die Niederlage gegen die Raiders tut weh, vor allem, weil man Oakland mit einem Sieg wohl schon aus dem Division-Rennen hätte befördern können.

Die Chiefs haben für mich ein zentrales Problem, und das ist die Pass-Protection. Genau das hat sie am Ende zumindest zu einem ordentlichen Teil auch den Sieg in Oakland gekostet, denn die Raiders konnten bei den beiden letzten Drives der Chiefs Druck auf Smith ausüben, was letztlich die Drives beendete. Hier muss sich KC definitiv noch steigern, andernfalls wird es schwer, Playoff-Spiele zu gewinnen.

Ansonsten haben die Chiefs vor allem Schwierigkeiten mit Defenses, die sich besonders gut auf Zone Coverage verstehen. Das war gegen Pittsburgh wieder einmal deutlich und auch Oakland setzte früh auf Zone Coverage. Hier greifen die Man-Beater, Play Action und Misdirection-Konzepte nicht so gut, weil die Verteidiger ihre Augen zunächst auf den Quarterback und das Backfield, nicht auf einen spezifischen Gegenspieler richten.

Lange Rede, kurzer Sinn: In einer Saison, in der wir weit davon entfernt sind, ein komplettes Team zu haben, gehören die Chiefs nach wie vor in die Top-5. Das Run-Blocking, der herausragend aufspielende Kareem Hunt, einer der besten Tight Ends der NFL mit Travis Kelce. Tyreek Hill als eine der ligaweit gefährlichsten Waffen - und natürlich Smith selbst, der den Chiefs mit seiner nach wie vor größeren Aggressivität mehr Chancen gibt, Spiele zu gewinnen. Ganz zu schweigen von einer noch immer ausbalancierten Defense. KC hat jede Menge Playoff-Bausteine. Alles darüber hinaus wäre komplett spekulativ.

Christian Schimmel: Ist die AFC West unterhaltsamer Durchschnitt - aber eben nicht mehr?

"Unterhaltsamer Durchschnitt" ist ein guter Titel für viele Teams in dieser Saison. Es gibt kein komplettes Team, nahezu überall sehen wir mitunter große Probleme. Selbst etwa bei den Chiefs, die ihre Pass-Protection deutlich verbessern müssen. Philadelphia kommt dem aktuell am nächsten.

Die AFC West ist da keine Ausnahme: Die Chargers? Linebacker, Safeties und Pass-Protection. Denver? Pass-Protection und Quarterback. Oakland? Pass-Defense und Run Game. Und die Chiefs eben vor allem in der Protection. Trotzdem ist die Division für mich klar überdurchschnittlich, weil alle Teams einiges an Qualität mitbringen.

Die Chiefs etwa haben Stand heute noch immer die explosivste Offense der Liga, es gibt keine Division mit so vielen Elite-Pass-Rushern und mit Carr, Rivers und aktuell vor allem Smith gibt es auch drei überaus spannende Quarterbacks. In einer alles in allem durchwachsenen Saison ohne Elite-Teams gehört die AFC West für mich immer noch zu den zwei bis drei besten Divisions der Liga.

Johannes Pressler: Du könntest eine Offense bzw. Defense von einem schlechten Team zu einem anderen tauschen, um dieses zu einem Contender zu machen: welche wäre das?

Sehr spannende Frage! Mir kamen sofort die Jaguars in den Sinn, deren Defense aktuell mindestens in die Top-3 ligaweit gehört - und was die offensiven Probleme sind, weiß inzwischen jeder. Dann bin ich auf die Suche nach einem schlechten Team mit einer guten Offense gegangen. Da gibt es nicht allzu viele ...

Daher habe ich zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Die Offense der Tampa Bay Buccaneers zusammen mit Jacksonvilles Defense wäre sicher spannend. Alternativ könnte man auch zwei aktuell strauchelnde Teams verbinden und die Baltimore Buccaneers (Ravens-Defense plus Bucs-Offense) kreieren! Bessere Vorschläge? Gerne in die Kommentare.

Monk: Sonderlich viel "Beast Mode" gab es in dieser Saison nicht zu sehen. 38 Yards pro Spiel, 3,7 Yards pro Run. Wie ist deine Einschätzung zur bisherigen Saison und was erwartest du für den Rest der Saison?

In meinen Augen sehen wir von Marshawn Lynch mehr oder weniger das, was man erwarten konnte. Noch immer sind nur wenige Running Backs schwerer zu tackeln: Lynch hat bisher 16 Missed Tackles erzwungen und steht bei durchschnittlich 2,85 Yards nach erstem Gegnerkontakt. Das hilft der Offensive Line. Damit kommen wir aber auch schon zum Kernproblem: Oaklands Run-Blocking bisher in dieser Saison ist nicht gut.

Hier sind die Raiders bestenfalls Mittelmaß, während jetzt schon mehrere Teams gezeigt haben, dass man der Line auch in Pass-Protection wehtun kann, wenn man Carr konstant die schnellen Pässe wegnimmt. Insofern spielt alles zusammen: Ein vorhersehbares, stark auf kurze Pässe setzendes Passspiel, durchwachsenes Run-Blocking und wenige Überraschungsmomente. Eventuell war der Schlussspurt beim Sieg gegen die Chiefs der Beginn einer Trendwende, Lynch braucht Hilfe vom Passspiel, um bessere Zahlen abzuliefern. Dazu ist er meiner Meinung nach auch noch immer in der Lage - aber nicht mehr wie einst bei den Seahawks, wo er Mittelpunkt der Offense war.

Dominik: Deine Meinung zur Kameraeinstellung beim SNF Game? Man sieht mMn viel besser, was die Defense macht, welche Reads der QB durchgeht = besser für die Fans.

Riesige Zustimmung. Dass NBC aufgrund des Nebels in Foxboro auf eine Art Backfield/Madden-ähnliche Kamera wechseln musste, könnte perspektivisch der große Takeaway dieses Spieltags sein. Die All-22- und Endzonen-Perspektive geben einem als Zuschauer ein deutlich besseres Bild, alleine schon deshalb, weil man die Safeties vor dem Snap sieht. Ich hoffe sehr, dass Sender dieses Spiel als Anlass nehmen, auch live mehr mit Kamera-Winkeln zu spielen.

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