NFL

Browns müssen handeln (plus XXL-Mailbag)

Die Browns und Cardinals stehen vor den Scherben ihrer Saison - Atlanta und Miami haben ihre eigenen Probleme
© getty

Die Halbzeit-Marke der Regular Season steht bevor und noch immer ist es bei vielen Teams schwer, sie realistisch einzuschätzen. In seiner wöchentlichen Kolumne versucht SPOX-Redakteur Adrian Franke dennoch, Ordnung in das Chaos zu bringen. Das hat aktuell kein Team nötiger als die Cleveland Browns, auch die Arizona Cardinals wirken verloren. Und was ist eigentlich mit den Atlanta Falcons und den Denver Broncos los? Außerdem diese Woche: eine XXL-Mailbag-Ausgabe!

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Die Browns brauchen einen neuen Head Coach

Viele, viele Fragen zu den Browns, die ich für diese Woche sowieso auf meiner Liste hatte. Die Fragen gingen von der Quarterback-Problematik über langfristige Quarterback-Pläne, Hue Jacksons Job-Sicherheit bis hin zu Peyton Mannings zukünftiger Übernahme der Franchise - alles war bei euren Fragen mit dabei. Und das zu Recht, denn was bei den Browns aktuell passiert, muss man einfach kritisch betrachten.

Vorab: Ich bin ein großer Fan von der generellen Entwicklung, die Cleveland über die vergangenen Jahre eingeschlagen hat. Der radikale Neuaufbau des Kaders sowie das groß angelegte Verwenden von Draft-Picks war und ist der vielversprechendste Weg, um endlich eine Wende einzuleiten. Eine Sache aber hat Cleveland noch immer nicht hinbekommen, und die ist nun mal sehr entscheidend: die Quarterback-Problematik.

Das beginnt mit der Evaluierung der Quarterbacks, gerade wenn man einen Carson Wentz aktuell sieht oder auch feststellt, welchen großen Effekt Deshaun Watson auf die Texans-Offense hat. Das zentrale Problem aber ist aktuell der Umgang mit den eigenen Quarterbacks. Head Coach Hue Jackson entschied sich vor der Saison für DeShone Kizer, bei dem jeder, der das College-Tape gesehen hat, wusste, dass er noch sehr roh ist, viel Zeit brauchen und bei frühen NFL-Einsätzen viele Fehler machen würde.

Genau das passierte, Jackson brachte dann Kevin Hogan - nur um nach einem desolaten Auftritt zu Kizer zurück zu gehen und ihn schließlich gegen Tennessee zur Halbzeit durch Cody Kessler zu ersetzen, der nach einer überraschenden Vorsaison wahrscheinlich von Anfang an hätte starten sollen. So hat sich Jackson jetzt einen Quarterback-Raum voller Fragezeichen und Verunsicherung geschaffen, während er nach außen ganz klar den Anschein erweckt, dass er um seinen Job coacht und es ihm um Siege jetzt statt um Weiterentwicklung für die Zukunft geht. Ohne Joe Thomas wird das - wer auch immer Quarterback ist, Jackson wollte sich zum Wochenbeginn wenig überraschend nicht festlegen - nochmal ein ordentliches Stück schwerer.

Jackson wurde ursprünglich geholt, gerade weil er den Ruf hatte, mit Quarterbacks besonders gut klarzukommen und darüber hinaus als erfahrener Offensive Coordinator mit Wurzeln im Run Game die Offense auf das nächste Level heben sollte. Aktuell ist festzuhalten, dass die Offense mindestens einen Schritt zurückgemacht hat, das Run Game trotz der Investitionen in die Offensive Line eine riesige Baustelle ist und die Quarterback-Situation einem Desaster gleicht. Ein so tiefgreifender Umbruch wie der in Cleveland braucht Zeit, trotzdem sollte man Fortschritte erkennen können. Bei Jackson und der Offense ist das mitnichten der Fall.

Zumindest einen positiven Punkt darf man aber doch erwähnen: Die Defense hatte gegen Tennessee ihr eindeutig bestes Saisonspiel und hat über die vergangenen Wochen sichtbare Fortschritte gemacht. Hier haben die Browns tatsächlich einen Kern an Spielern, auf dem weiterhin aufbauen können. Nächste Baustelle: die Secondary.

Die Dolphins stehen vor einer Quarterback-Debatte

Die Überschrift könnte genauso lauten: Die Dolphins haben schon eine Quarterback-Debatte. Natürlich wäre es zu einfach, die Probleme komplett an Jay Cutler festzumachen. Das größte Problem ist und bleibt das schlechte Run-Blocking. Miami ist offensiv voll darauf ausgerichtet, im Run Game Spiele mit Jay Ajayi zu dominieren. Das hat bisher in dieser Saison viel zu selten geklappt.

Ajayi steht bei 3,5 Yards pro Run und es ist kein Zufall, dass Miamis beste Spiele in dieser Saison - die Siege bei den Chargers und bei den Falcons - auch Ajayis beste Spiele waren. Dazu kommen wahnsinnig konservative Game Plans und konservatives Play Calling, man hat immer wieder den Eindruck, dass Adam Gase den eigenen Spielern nicht so recht traut. Gleichzeitig aber ist es natürlich auch wahr, dass Cutler schlecht spielt.

Unmittelbar stellt sich die Quarterback-Frage nicht, Cutler wird aufgrund seiner Rippenverletzung vorerst ausfallen. Die Verletzung kam ausgerechnet in Cutlers bis dahin bestem Spiel für Miami trotzdem könnte Matt Moore aktuell die bessere Wahl sein. Moore sorgte prompt für mehr Aggressivität im Passspiel, genau wie man es von ihm kennt: Etwa beim 28-Yard-Touchdown zu Kenny Stills gegen einen All-Out-Blitz, beim 29-Yarder zu Landry, beim 22-Yarder zu Fasano oder beim 21-Yarder zu Caroo. Moore spielt mit der Risikobereitschaft, die man Cutler seit Jahren nachsagt.

Gase glaubt an Cutler und kennt ihn bestens, was die Situation umso spannender macht. So lange das Run Game aber nicht konstant funktioniert, braucht Miami mehr Big Plays vom eigenen Passspiel. Und die liefert, wenn wir das aktuelle Tape als Grundlage nehmen, eher Moore als Cutler.

Palmer verletzt - Kaepernick macht keinen Sinn für Arizona

Dass der Sieg gegen Tampa aus Cardinals-Sicht nicht mehr als ein kurzes Strohfeuer war, dürfte mit der Shutout-Pleite gegen die Rams auch wirklich jedem klar geworden sein. Arizona könnte gut und gerne auch mit nur einem Sieg dastehen, zu viele Lücken prägen den Kader. Das beginnt bei dem noch immer nicht geklärten zweiten Cornerback-Spot, während die Defensive Line nach wie vor zu wenig Interior-Pressure kreiert. Die Third-Down-Defense ist in diesem Jahr eine einzige Katastrophe, auch weil - gegen die Rams wieder einmal deutlich - die Defense deutlich mehr (Soft-)Zone-Coverage spielt und diese Passivität eher schadet.

Offensiv sind die Mängel noch größer: Die Probleme in der Offensive Line sind bekannt, doch auch das Receiving-Corps außerhalb von Larry Fitzgerald ist inkonstant und das Running-Back-Corps bleibt eine Wundertüte. Etwa acht Wochen fällt Palmer jetzt aus, was letztlich auch gleichbedeutend mit dem vorzeitigen Saisonende sein könnte. Möglicherweise gilt das jetzt auch für David Johnson - man kann davon ausgehen, dass Arizona längst aus dem Playoff-Rennen ist, bis Johnson wieder fit wird. Denn klar ist: Mit Drew Stanton wird dieses Team nichts mehr reißen.

Das bringt natürlich andere Namen ins Spiel. Colin Kaepernick etwa geisterte in den Stunden nach dem Spiel gegen die Rams bereits mehrfach durch Twitter. Ich verstehe die Nachfragen und natürlich könnte Arizona ihn für ein paar Spiele rein werfen. Aber das Team hätte hier nichts zu gewinnen, und das komplett unabhängig von den Protest-Streitigkeiten. Rein sportlich betrachtet: Arizonas Offense ist stilistisch so weit weg von Kaepernicks Qualitäten, wie man es sich nur vorstellen kann.

Konstant komplexe Full-Field-Reads, eine reine Pocket-Passer-Offense, in welcher selbst für NFL-Verhältnisse im Passspiel viel auf die Schultern des Quarterbacks geladen wird und eine Offense, die eine hohe Genauigkeit bei mittellangen und tiefen Pässen verlangt. Nichts davon gehört zu Kaepernicks (oder Blaine Gabberts, um das noch zu erwähnen) Kernkompetenzen.

Somit steht Arizona ein Umbruch bevor. Palmer und Fitzgerald können noch auf einem guten Level spielen ist, die Frage wird da eher sein, ob sie noch weitermachen wollen. Genau wie bei Bruce Arians. Seit der großartigen 2015er Saison haben die Cardinals immer wieder versucht, einzelne Baustellen auch mit älteren Spielern zu schließen um so noch einmal den Sprung zurück zu schaffen. Das ist gescheitert. Im kommenden Draft muss der Fokus endgültig voll und ganz auf dem Quarterback der Zukunft liegen.

Zahlensalat und Notizen - der Spieltag in Stichpunkten

  • Dass die Bears den Ball laufen wollen ist kein Geheimnis - die Ravens bekamen das vergangene Woche schon zu spüren. Trotzdem ist es inzwischen schon extrem: Nachdem Trubisky beim Sieg über Baltimore immerhin noch 16 Pässe warf, davon aber nur acht anbrachte, schlug Chicago die Panthers mit vier (!) Completions. Vier! Dabei gab es ganze fünf First Downs für die Bears. In der heutigen NFL eigentlich unglaublich und garantiert auch nicht konstant möglich, denn das Run Game war gegen Carolina schon wieder wacklig. Hier machten eher die Fehler den Unterschied aus.
  • Die Denver Broncos haben ein ernsthaftes Problem. Nach den ersten Spielen hatte ich Trevor Siemian noch gelobt, und das damals auch nicht grundlos. Doch über die vergangenen Wochen wiederholen sich zunehmend die gleichen Fehler: Massive Probleme gegen Pressure sowie mehrere desolate Pässe pro Spiel, die den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen können. Das war gegen die Chargers wieder deutlich sichtbar, auch wenn Melvin Ingram (ein Sack, drei Hurries) und Joey Bosa (zwei Sacks, ein Hit, drei Hurries) die O-Line böse zerlegten. Siemian muss wieder stabiler werden, damit die Defense Spiele gewinnen kann.
  • Schon wieder zehn Sacks für die Jaguars! Jacksonville ist damit das erste Team in der Geschichte, das über seine ersten sieben Saisonspiele zwei Mal je mindestens zehn Sacks austeilen konnte. Calais Campbell hat schon jetzt seine persönliche Bestmarke von neun Sacks in einer Saison um einen übertroffen. Und mehr noch: Die Jags hatten unglaubliche 21-QB-Hits gegen Indy. Die Run-Defense muss insgesamt noch besser werden, diese Defense aber hat absolutes Super-Bowl-Potential. Jacksonville hält aktuell übrigens auf Kurs auf 75 Sacks - das würde den Rekord der altehrwürdigen 84er Bears übertreffen.
  • Carson Wentz wird in den kommenden Tagen noch häufiger in die MVP-Diskussion geschrieben werden. Ich glaube nicht, dass ich ihn so weit schon sehe, auch wenn er sehr gut spielt. Ganz konkret: Sein Pre-Snap-Verhalten und das Lesen der Defense ist klar verbessert, genau wie sein Downfield-Game und die Beinarbeit beziehungsweise das generelle Verhalten in der Pocket. Das hat man gegen Washington erneut eindrucksvoll gesehen. All das waren in der vergangenen Saison mitunter große Fragezeichen.
  • Martavis Bryants Trade-Wert wird niedrig sein, nachdem der Receiver abermals über die sozialen Medien für Ärger gesorgt und Receiver-Kollege JuJu Smith-Schuster attackiert hat, um sich dann für die Meetings am Montag krankschreiben zu lassen. Natürlich ist das Talent bei Bryant enorm, gezeigt hat er es dieses Jahr nach abgesessener Sperre bisher nicht. Ein solcher Spieler kann absolutes Gift für ein Team sein, eventuell wäre ein Tapetenwechsel für alle Beteiligten das Beste. Immerhin das niedrige Gehalt für den Rest der Saison spricht für ihn.
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